Raketen mit Vinci: Die Zündung als Wettbewerbsvorteil

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Ohne Raketen keine Raumfahrt. So einfach ist die Gleichung für alle Weltraumaktivitäten. Nur mit Raketen lässt sich das wissenschaftlich erforschen und wirtschaftlich erschließen.

Trägersysteme verbinden die mit dem All. Sie bringen Mensch und Material in den , Forschungs- und kommerzielle Satelliten auf ihre Umlaufbahnen. Um im heutigen Wettbewerb bestehen zu können, muss auch der Zugang zum ökonomisch sein. „Europas Antwort auf diese Herausforderung ist die neue -6-Rakete mit ihrem innovativen, kostengünstigen und wiederzündbaren Vinci-Oberstufentriebwerk der nächsten Generation. Die Schubkammer, das „Herz“ des Triebwerkes, und andere wichtige Teile kommen aus . Dies ist das Ergebnis europaweit einzigartiger Kompetenzen und Fähigkeiten, die auch durch die Förderung durch das Raumfahrtmanagement im Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) aufgebaut werden konnten“, betonte Dr. Gerd Gruppe, DLR-Vorstand zuständig für das Raumfahrtmanagement. Die Produktion bei ArianeGroup in Ottobrunn ist nun am 28. Juni 2017 angelaufen – ein wichtiger Meilenstein für Europas Tor zum Weltraum.

Brennkammer aus Ottobrunn

Um die und ihre Anziehung hinter sich zu lassen, braucht eine Rakete viel Energie. Das erledigen bei der zunächst die Hauptstufe und sogenannte Feststoffbooster. Haben diese ihre Arbeit bei der Startphase der Rakete beendet, übernimmt die Oberstufe mit dem Vinci-Triebwerk den weiteren Schub. Entscheidend für die optimale Fortbewegung sind auch im All energieeffiziente Triebwerke, die sich mehrmals wiederzünden lassen.

„Bei Vinci ist es gelungen, die Effizienz des Triebwerkes erheblich zu steigern und gleichzeitig das Triebwerk bis zu fünfmal zünden zu lassen. So können verschiedene Nutzlasten schnell und zuverlässig ihre unterschiedlichen Umlaufbahnen erreichen“, erklärt Denis Regenbrecht, der im Raumfahrtmanagement des DLR für das Ariane-Programm zuständig ist. Die Hauptverantwortung der Produktion liegt im französischen ArianeGroup-Standort Vernon. „Das Herz des gesamten Triebwerks – die Brennkammer – wird aber im bayerischen Ottobrunn gefertigt. In ihr läuft die eigentliche Verbrennung ab, die wiederum den Schub von 180 Kilonewton erzeugt“, fügt Regenbrecht hinzu.

Deutsche Industriebeteiligung

Vinci arbeitet mit tiefkaltem, sogenannten kryogenem Wasserstoff (LH2: Liquid Hydrogen bei -253°C) als Brennstoff und tiefkaltem Sauerstoff (LOX: Liquid Oxygen bei -180°C) als Oxidator nach dem sogenannten Expander Cycle: Zuerst umströmt der Treibstoff die Brennkammer, kühlt sie herunter und verdampft dabei. Die entstehenden Gase werden als Antriebsmedium für die Treibstoffpumpen genutzt und anschließend zusammen mit dem Oxidator in die Brennkammer geleitet und verbrannt.

Doch die Brennkammer der neuen Generation dieses Triebwerks wird nicht alleine von ArianeGroup in Ottobrunn gebaut. Viele deutsche kleine und mittlere Unternehmen (KMU) sind an dem Projekt beteiligt. So stammen viele metallische Dreh- und Frästeile von bayerischen Mittelständlern, ebenso wie beispielsweise auch Schläuche und Dichtungen.

Innovative Verfahren machen Produktion günstiger

Für die Fertigung des Vinci-Oberstufentriebwerks kommen innovative Techniken wie 3D-Druck (Additive Layer Manufacturing ALM) und Pulvermetallurgie zum Einsatz. „Beide Verfahren haben große Vorteile gegenüber gegossenen oder geschmiedeten Produkten, denn die hergestellten Teile können nahezu ohne mechanische Nachbearbeitung in hoher Stückzahl auch bei komplexer Struktur hergestellt werden. Die Einsparung verschiedener, teurer Fertigungsschritte und die Vereinfachung der Triebwerksstruktur senken die Kosten erheblich“, erklärt Regenbrecht.

Trägermarkt im Wandel

Solche Kosteneinsparungen in der Produktion sind dringend notwendig, denn die Situation auf dem Raumfahrttransportsektor hat sich in den letzten Jahren entscheidend geändert – sowohl beim Angebot als auch bei der Nachfrage. Regenbrecht: „Die europäischen Träger sind wachsender Konkurrenz und einem intensiven Wettbewerb auf dem Weltmarkt ausgesetzt, der den Preisdruck auch künftig weiter steigen lässt.“ Die zunehmende Privatisierung der Raumfahrt in den USA verändert den Markt. als Vorreiter der Wiederverwendbarkeit bringt gerade eine, wenn auch noch deutlich kleinere Mehrwegrakete in die Serienreife. Die Ariane 6, deren Startkosten im Vergleich zum europäischen Vorgängermodell Ariane 5 um rund die Hälfte gesenkt werden sollen, spielt nun ihre Stärken in dem Markt aus.

Triebwerktest in Lampoldshausen

Die Ariane 5 zählt mit 79 erfolgreichen Starts zu den sichersten Trägerraketen überhaupt. Damit auch ihr Nachfolger seine Nutzlasten so sicher ins All transportiert werden die Triebwerke sorgfältig getestet. Das geschieht auch mit dem Vinci-Triebwerk der neuesten Generation am Institut für Raumfahrtantriebe des DLR-Standorts in Lampoldshausen. Dazu laufen gerade Testkampagnen am Höhensimulationsprüfstand P4.1, um die Entwicklung des Triebwerksdesigns zu vervollständigen und die Qualifikation der Triebwerke für den Flugbetrieb zu erreichen. Mit Hilfe dieser Tests erzielen DLR-Wissenschaftler Erkenntnisse über das Triebwerksverhalten, die beim Hersteller ArianeGroup für letzte Verbesserungen genutzt werden.

Ariane 6

Ariane 6 als Neuentwicklung soll das Ariane-Trägersystem technisch weiterführen und auch in Zukunft auf dem Weltmarkt konkurrenzfähig machen. Voraussetzung hierfür ist eine Umstrukturierung im Bereich des europäischen Trägersektors: Verantwortlichkeiten, Kosten und Risiken werden zukünftig zwischen der europäischen ESA und der europäischen Raumfahrtindustrie neu verteilt. Für Ariane 6 wird bei vielen Bauteilen auf die Erfahrungen und die Technologien von Ariane 5 zurückgegriffen.

Die Konstrukteure kombinieren dabei bereits vorhandene Bausteine, die sich als zuverlässig erwiesen haben, mit neuen Elementen. So wird es möglich sein, innerhalb von nur fünf Jahren ein neues Raketensystem fertig zu entwickeln. Der Erstflug der rund 60 Meter hohen Ariane-6 ist für das Jahr 2020 geplant. Je nach Konfiguration kann die Rakete mit zwei (Version A62) oder vier Motoren (Version A64) ausgestattet werden und so fünf oder elf Tonnen Nutzlast in den Weltraum transportieren. Hauptvertragspartner der ESA für die Entwicklung und den Bau ist die Firma ArianeGroup.

Auf den Bildern

Schubkammer – Herz des Vinci-Triebwerks: Das Herz des gesamten Triebwerks – die Schubkammer – wird im bayerischen Ottobrunn gefertigt. In ihr läuft die eigentliche Verbrennung ab, die wiederum den Schub von 180 Kilonewton erzeugt.

Oberstufentriebwerk Vinci am Prüfstand P4.1 in Lampoldshausen: Mit Hilfe der Tests am Höhensimulationsprüfstand P4.1 tragen DLR-Ingenieure dazu bei, die Entwicklung des Triebwerksdesigns zu vervollständigen und die Qualifikation des Oberstufentriebwerks Vinci für den Flugbetrieb zu erreichen. Der Prüfstand P4.1 ist der Einzige in Europa, der während eines Tests ein dauerhaftes Vakuum erzeugen kann, in dem Triebwerk und Düse wie in über 70 Kilometer Höhe arbeiten können. Das DLR testet das Vinci Triebwerk im Auftrag des Raumfahrtunternehmens Ariane Group.

Künstlerische Darstellung der Ariane 6: Europas neue Rakete: Der Erstflug der rund 60 Meter hohen Ariane 6 ist für das Jahr 2020 geplant. Je nach Konfiguration kann die Rakete mit zwei (Version A62) oder vier Motoren (Version A64) ausgestattet werden und so fünf oder elf Tonnen Nutzlast in den Weltraum transportieren.