Die deutsche Satellitenkommunikations-Mission „Heinrich Hertz“ erreicht nun ihre finale Phase. Mit der Größe eines Kleintransporters gehört „Heinrich Hertz“ zu den Kleinsatelliten und basiert auf dem Prinzip der so genannten SmallGEOs (Small Geostationary Satellite Orbit). Für die Bundeswehr wird unter anderem eine unabhängige Telekommunikationsnutzlast realisiert, welche die bestehenden Kapazitäten ergänzt.
Am 28. Juni 2017 unterzeichneten Dr. Gerd Gruppe, Vorstand für das Raumfahrtmanagement des Deutschen Zentrums für Luft– und Raumfahrt (DLR) und Marco Fuchs, Vorstandsvorsitzender der Firma OHB System AG, den Vertrag über Herstellung, Test und Start des nationalen Satelliten. „Wenn die Mission „Heinrich Hertz“ im Jahr 2021 startet, wird sie den Grundstein legen für die Sicherung der Zukunft der Satellitenkommunikation“, betont Dr. Gruppe. „In Zeiten von Digitalisierung und Big Data müssen immer größere Datenvolumen schnell und zuverlässig transportiert werden können. Dies ermöglichen neuen Technologien, wie sie auf „Heinrich Hertz“ im Weltraum erprobt werden. Mit der Mission stellt Deutschland international seine Schlüsselkompetenzen in den Nutzlast- und Plattform-Technologien geostationärer Satelliten unter Beweis und sichert seine Systemfähigkeit in diesen Bereichen.“
Neue Techniken zum Test im Weltraum
Mit der Vertragsunterschrift beginnen nun die Festlegung des Detail-Designs, Herstellung und Testphase der Hard- und Software für das gesamte Satellitenkommunikationssystem – also für das Raum- und Bodensegment – sowie die Startvorbereitungen. Neben den neuen Technologien, die unter den extremen Bedingungen des Weltalls mit enormen Temperaturschwankungen, Schwerelosigkeit und Vakuum getestet werden sollen, trägt der Satellit rund 20 Experimente zur Kommunikations-, Antennen- und Satellitentechnik mit an Bord. Während der Satellit die Erde in einer Höhe von rund 36.000 Kilometern auf einer geostationären Umlaufbahn umkreist, werden diese an Bord des Satelliten autonom durchgeführt, deren Daten zur Erde gesendet und von den beteiligten Forschungseinrichtungen und Industrieunternehmen ausgewertet.
Das Bundesministerium der Verteidigung beabsichtigt, mit dem militärischen Missionsanteil Satellitenübertragungskapazitäten im Ku- und Ka-Frequenzband für eigene Kommunikationszwecke aufzubauen. Bisher kommerziell angemietete Ku-Band-Satellitenkapazitäten sollen ersetzt und neue Kapazitäten im Ka-Band geschaffen werden. Auf diese Weise soll ein Beitrag zur Deckung des stetig zunehmenden Bedarfs an Satellitenübertragungskapazitäten zur Führung und Unterstützung der Einsätze der Bundeswehr geleistet werden.
Verbesserung von Effizienz und Flexibilität
„Das neue Nutzlast-Konzept von „Heinrich Hertz“ wird es erstmals ermöglichen, flexibel auf die Anforderungen des Marktes reagieren zu können und damit zukunftsfähig zu sein“, sagt Heiko Ultes, Projektmanager Heinrich Hertz im DLR Raumfahrtmanagement. Bislang erfolgte die Konfiguration von Satelliten bereits auf der Erde. Nachträgliche Anpassungen an Marktentwicklungen während der Betriebszeit im All waren nicht möglich. Anders bei „Heinrich Hertz“: Mit Hilfe verschiedener, flexibler Technologien, wie kleiner On-Board-Rechner, kann der Satellit während seiner 15-jährigen Mission durch die Bodenstation laufend so umprogrammiert werden, dass er seine vorhandenen Signalressourcen effizient wechselnden Anforderungen anpassen kann. „Somit ist „Heinrich Hertz“ sein Leben lang ‚lernfähig'“, so Ultes.
Die Plattform SmallGEO dieser Kleinsatelliten ist modular aufgebaut und kann so flexibel und schnell realisiert werden. Auch sie ist „Made in Germany“, denn entwickelt wurde SmallGEO von der OHB System AG im Rahmes ARTES-Programms der Europäischen Weltraumorganisation ESA.
Ressort arbeiten zusammen
Auch bei der Realisierung des Projekts beschreitet Deutschland mit „Heinrich Hertz“ neue Wege: Die Mission wird ressortgemeinsam durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) und das Bundesministerium der Verteidigung (BMVg) durchgeführt. Dabei liegt die Federführung für das Gesamtprojekt beim BMWi. Gebaut, getestet und gestartet wird „Heinrich Hertz“ von der Firma OHB System AG in Bremen, die auch für die Entwicklung und Design des Satelliten verantwortlich war.
Die neuartigen Technologien und zugehörigen Kommunikations-Experimente stammen von mehr als 40 kleinen und mittelständischen Unternehmen sowie wissenschaftlichen Instituten aus Deutschland. Die Projektplanung und -durchführung obliegt dem DLR Raumfahrtmanagement. Gefördert wird die Heinrich Hertz-Satellitenmission durch das DLR Raumfahrtmanagement mit Mitteln des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi) und realisiert in Zusammenarbeit mit dem Bundesministerium der Verteidigung (BMVg).
Benannt wurde der Kommunikationssatellit nach dem deutschen Physiker Heinrich Rudolf Hertz. Geboren am 22. Februar 1857 in Hamburg widmete er seine Forschung vor allem der Analyse elektromagnetischer Wellen. Im Jahr 1886 gelang es ihm erstmalig, elektromagnetische Wellen im freien Raum von einem Sender zu einem Empfänger zu übertragen. Damit legte er den Grundstein für die moderne Kommunikations- und Medientechnik. Aufgrund seiner bahnbrechenden Forschungen wurde die Einheit der Frequenz nach ihm benannt – dabei entspricht eine Schwingung pro Sekunde einem Hertz.
Vertragsunterzeichnung zur Heinrich Hertz-Mission (im Bild): Dr. Gerd Gruppe, Vorstand für das DLR Raumfahrtmanagement (3. v. l.) und Marco Fuchs, Vorstandsvorsitzender der Firma OHB System AG (2. v. l.), im Beisein von Andreas Wolke, Bereichsleiter Zentrale Aufgaben des DLR Raumfahrtmanagements (rechts) und Andreas Lindenthal, Vorstandsmitglied OHB System AG (links) beim Vertrag über Herstellung, Test und Start der deutschen Satellitenkommunikations-Mission „Heinrich Hertz“.