Aquila-Absturz im Wegdrehen nach Start

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Der Luftfahrzeugführer einer bei einer ortsansässigen gecharterten Aquila AT01 startete um 09:56 Uhr auf der Piste 25 am Verkehrslandeplatz Schönhagen (EDAZ) zu einem zum Gera (EDAJ). Nach Zeugenaussagen hob das Flugzeug ab und drehte in eine Linkskurve nach Süden, als sich im weiteren Verlauf der eingeleiteten Kurve sich die Querneigung des Luftfahrzeuges sukzessive weiter erhöhte.

Identifikation

  • Art des Ereignisses: Unfall
  • Datum: 23. September 2009
  • Ort: Schönhagen
  • Luftfahrzeug: Flugzeug
  • Hersteller / Muster: Aquila Aviation / Aquila AT01
  • Personenschaden: Luftfahrzeugführer tödlich verletzt
  • Sachschaden: Luftfahrzeug zerstört
  • Drittschaden: Forstschaden

Sachverhalt

Ereignisse und Flugverlauf

Dabei hätte die Aquila nach der Drehung keine Höhe mehr hinzugewonnen. Das Flugzeug sei dann mit abgesenkter Flugzeugnase und einem nach oben ragenden rechten Tragflügel in den Wald geprallt. Der Luftfahrzeugführer wurde beim Aufprall tödlich verletzt. Das Luftfahrzeug wurde zerstört und geriet in Brand. Abbildung 1 zeigt den Flugweg nach Augenzeugenberichten.

Angaben zu Personen

Der 69-jährige Luftfahrzeugführer war seit 1989 im Besitz einer Lizenz für Privatpiloten PPL (A). In die bis zum 24.06.2014 gültige JAR-FCL-Lizenz war die Berechtigung als verantwortlicher (PIC) für einmotorige mit Kolbentriebwerk (SEP land) eingetragen. Die Klassenberechtigung war bis zum 07.07.2010 gültig. Ferner verfügte er über eine Nachtflugqualifikation (NFQ).

Das flugmedizinische Tauglichkeitszeugnis Klasse 2 war bis zum 28.06.2010 gültig, verbunden mit der Auflage eine Brille zu tragen und eine Ersatzbrille mit sich zu führen.

Die Gesamtflugerfahrung betrug mehr als 530 Stunden, davon sieben Stunden innerhalb der letzten 90 Tage. Mit der Aquila AT01 hatte er vom 28.02.2009 bis zum 18.09.2009 13 mit ca. sieben Stunden Flugzeit absolviert.

Angaben zum Luftfahrzeug

Die Aquila AT01 ist ein einmotoriger Tiefdecker in Faserverbundbauweise mit einem Triebwerk Rotax 912. Die maximale Abflugmasse beträgt 750 kg. Das Flugzeug mit der Werknummer AT-110 wurde 2003 gebaut und seitdem 1.041 Stunden betrieben.

Es war in Deutschland zum Verkehr zugelassen und befand sich in Halterschaft einer . Die letzte Prüfung der Lufttüchtigkeit wurde am 24.06.2009 durchgeführt.

Meteorologische Informationen

Am Flugplatz Schönhagen herrschte zum Unfallzeitpunkt folgendes Wetter:

  • Wolken / Sicht: CAVOK
  • Wind: 240° / 8 kt
  • Temperatur: 16 °C
  • Taupunkt: 10 °C
  • Luftdruck (QNH): 1.022 hPa

Funkverkehr

Es bestand Funkverbindung mit der Flugleitung von Schönhagen. Der Funkverkehr wurde jedoch nicht aufgezeichnet.

Angaben zum Flugplatz

Der Flugplatz Schönhagen befindet sich rund 40 km südwestlich von Berlin. Er verfügt über zwei asphaltierte Pisten mit den Ausrichtungen 070°/250° und 120°/300°. Der Flugplatzbezugspunkt liegt in einer Höhe von 131 ft AMSL. Zum Unfallzeitpunkt war die 1.510 m lange Piste 25 in Betrieb.

Flugdatenaufzeichnung

Der BFU stand keine Flugdatenaufzeichnung zur Verfügung.

Medizinische und pathologische Angaben

Der Leichnam des Luftfahrzeugführers wurde obduziert und eine chemisch-toxologische Untersuchung durchgeführt. Hierbei wurde festgestellt, dass er sich beim Aufprall tödliche Verletzungen (Polytrauma mit postmortaler Verbrennung) zugezogen hatte.

Nach den Ergebnissen der toxologischen Untersuchung hat keine Beeinflussung durch Alkohol, Medikamente und/oder Drogen des Untersuchungsspektrums bestanden.

Es wurde weiter festgestellt, dass bei dem Luftfahrzeugführer eine „mäßige Herzkranzschlagaderverkalkung ohne grobe Gefäßeinengungen vorlag“. Ob hierdurch eine Gesundheitsbeeinträchtigung mit einem möglichen Herzanfall gegeben war, wird vom Gutachter als „weniger wahrscheinlich“, aber nicht als „völlig ausgeschlossen“ bewertet.

Unfallstelle und Feststellungen am Luftfahrzeug

Die Unfallstelle befand sich in einem Kiefernwald etwa 600 m südlich des Flugplatzes Schönhagen. Die Unfallstelle war ca. 40 m lang und in zwei Teilbereiche gegliedert. Um die Endlage des ausgebrannten Wracks, mit Rumpf und rechter Tragfläche, bestand eine kreisrunde Brandfläche mit einem Durchmesser von ca. zehn Metern. Westlich davon war eine ca. 30 Meter lange und bis zu fünf Meter breite Schneise in dem Kiefernbestand, in der zehn gekappte und umgestürzte Kiefern vorgefunden wurden.

Der äußere Beginn der Schneise mit dem ersten gekappten Baum befand sich von der Endlage des Wracks aus gesehen in südlicher Richtung. Unterhalb dieses Baumes lag das äußere, rund zwei Meter lange Segment der linken Tragfläche. Innerhalb der langgestreckten Unfallstelle waren weitere kleinere Einzelteile von Rumpf, Tragflächen und Leitwerk auf dem Waldboden und in dem Astwerk der Bäume verstreut.

Das Flugzeug war vollständig ausgebrannt. Die Funktion der Steuerorgane sowie die Stellungen von Schaltern und Bedienhebeln konnten aufgrund des Zerstörungsgrades durch den Brand nicht geprüft bzw. nachvollzogen werden. Das Triebwerk und die Instrumente waren zu großen Teilen verschmort.

Brand

Im Bereich des Hauptwracks war ein Brand entstanden, der sich auf den umliegen- den Waldboden und Baumbestand mit einem Durchmesser von ca. zehn Metern erstreckte.

Unfallstelle

Abbildung 2 zeigt die Unfallstelle im Wald.

Zusätzliche Informationen

Von der Flugschule in Schönhagen wurde zu einem späteren Zeitpunkt der Unfallflug mit einer Aquila simuliert. Dabei hat der die Steuerung des Flugzeuges nach dem Abheben vorrübergehend sich selbst überlassen. Nach dem Abheben sei der beim Unfallflug beobachtete Flugweg eingenommen worden.

Nachdem die Querneigung des Luftfahrzeuges zugenommen hatte, habe der Luftfahrzeugführer in die Steuerung der Aquila eingegriffen. Seinen Angaben zufolge wäre das Luftfahrzeug bei dem Nachfliegen in etwa an der Unfallstelle abgekippt.

Lage der Unfallstelle

Abbildungen 3 und 4 zeigen die Lage der Unfallstelle.

Beurteilung

Der Luftfahrzeugführer hatte die erforderliche Lizenz zur Durchführung des Fluges und ausreichende Erfahrung auf dem Flugzeugmuster. Das Luftfahrzeug war ordnungsgemäß zum Verkehr zugelassen und nachgeprüft. Die vorliegenden Fakten sprechen für folgenden wahrscheinlichen Ablauf des Unfallgeschehens:

Der Luftfahrzeugführer startete auf der Piste 25 des Flugplatzes Schönhagen. Die Zeugenaussagen belegen übereinstimmend, dass die Aquila nach dem Abheben in einer Kurve nach links wegdrehte und sich bis auf eine Höhe von ca. 300 ft im Steigflug befand.

Anschließend stieg das Flugzeug nicht mehr weiter und gelangte in eine Fluglage mit zunehmender Querneigung, aus der es abkippte und in ein Waldstück südlich der Piste 25 aufschlug.

Das Wegdrehen nach links und der weitere Flugverlauf bis zum Absturz lassen die Vermutung zu, dass der Luftfahrzeugführer die Aquila nach dem Abheben nicht mehr steuerte.

Ein Wegdrehen der Aquila nach dem Abheben erfolgt, bedingt durch das Drehmoment des Motors, automatisch nach links, wenn der Pilot dies nicht durch Steuerausschläge mit dem Seitenruder verhindert.

Die sukzessive Erhöhung der Querneigung in der Linkskurve spricht dafür, dass der Luftfahrzeugführer die Führung des Luftfahrzeuges nicht beeinflusste. Nach dem Ergebnis der Obduktion käme ein Herzanfall dafür in Betracht.

Bei einem möglichen technischen Defekt, z.B. durch ein blockiertes Ruder, wäre ein anderer als der beobachtete Flugverlauf anzunehmen gewesen, da noch zwei Ruder zur Verfügung gestanden hätten.

Schlussfolgerungen

Der Unfall ist mit hoher Wahrscheinlichkeit darauf zurückzuführen, dass der Luftfahrzeugführer beim Startvorgang die Fähigkeit zur Führung des Luftfahrzeuges verlor und den weiteren Flugverlauf nicht mehr beeinflussen konnte.

Alle angegebenen Zeiten in Ortszeit. Bilder: BFU/. Quelle: BFU.