Als ein ERJ 170-100 LR wenige Minuten nach der Landung die Parkposition erreicht hatte und die Bodenstromversorgung angeschlossen wurde, gab es im Flugzeug ein zischendes Geräusch und die Bodenstromversorgung schaltete sich selbständig ab. Im Cockpit war daraufhin ein elektrischer Geruch wahrnehmbar und kurz danach Rauch sichtbar.
Identifikation
- Art des Ereignisses: Störung
- Datum: 13. März 2013
- Ort: Nürnberg
- Luftfahrzeug: Verkehrsflugzeug
- Hersteller / Muster: Embraer / ERJ 170-100 LR
- Personenschaden: keiner
- Sachschaden: Luftfahrzeug leicht beschädigt
- Drittschaden: keiner
Ereignisse und weiterer Flugverlauf
Um ca. 10:45 Uhr war der Embraer ERJ 170-100 LR mit 77 Passagieren und vier Besatzungsmitgliedern nach einem ereignislosen Flug in Nürnberg gelandet. Nach den Geräuschen und dem Rauch forderte der verantwortliche Luftfahrzeugführer (PIC) die Bodenmannschaft auf, schnellstmöglich die Passagiertreppen an das Flugzeug zu fahren. Die Passagiere wurden gebeten, das Flugzeug unverzüglich über die normalen Treppen zu verlassen.
Angaben zum Luftfahrzeug
Die Embraer ERJ 170-100 LR mit der Seriennummer 17000009 ist ein zweimotoriges Verkehrsflugzeug mit einer maximalen Abflugmasse von 37.200 kg. Das Flugzeug war in Frankreich zum Verkehr zugelassen und wurde durch ein französisches Luftfahrtunternehmen betrieben.
Außenbordanschluss
Der Wechselstrom dient der Versorgung des Flugzeugs für den Betrieb am Boden. Der Außenbordanschluss für den Anschluss der Bodenstromversorgung befindet sich auf der Unterseite des Rumpfes links neben dem Bugfahrwerk. Der Außenbordanschluss für Wechselstrom wird durch das External Power Module überwacht und der Strom über den External-Power AC Contactor zu den Flugzeugsystemen geleitet, wenn die Generatoren der Triebwerke oder der Hilfsturbine keinen Strom liefern. Die Kabelanschlüsse des Außenbordanschlusses sind flugzeugseitig mit einer Plastikkappe abgedeckt. Diese Kappe weist auf der in Einbaulage oben liegenden Seite mehrere ca. 10 mm große Öffnungen auf.
Meteorologische Informationen
Zum Zeitpunkt des Ereignisses war es am Flughafen Nürnberg schwach windig. Die Temperatur betrug -2 °C und der Taupunkt lag bei -7 °C.
Flugdatenaufzeichnung
In dem Flugzeug waren zwei kombinierte Voice Data Recorder installiert. Die Recorder wurden von der BFU ausgelesen. Von den Sounddateien wurde für den Zeitraum ca. eine Minute vor der Landung bis zum Ende der Aufzeichnung nach dem Abstellen des Flugzeugs durch die französische Flugunfalluntersuchungsbehörde eine Umschrift gefertigt. Die Umschrift belegt, dass es vor dem Erreichen der Parkposition keine ungewöhnlichen Ereignisse gegeben hat.
Feststellungen am Luftfahrzeug
An dem Luftfahrzeug konnten äußerlich keinerlei Schäden im Bereich des Außenbordanschlusses festgestellt werden. Auf der Innenseite war der Anschluss mit geschmolzenem Material bedeckt, die Anschlusskabel und die oberhalb des Anschlusses liegenden Sicherungsautomaten waren rußgeschwärzt. Die über dem Anschluss verlaufenden Kabelbäume waren rußgeschwärzt und die Isolierung der Rohrleitungen hitzegeschädigt. Das Titelfoto zeigt den Außenbordanschluss von außen. Abb. 2 zeigt den Außenbordanschluss innen. Abb. 3 zeigt den Bereich über dem Außenbordanschluss.
Die Einzelteile des Außenbordanschlusses (P/N MS90362-3) wurden nach dem Ausbau eingehender untersucht. Hierbei wurde festgestellt, dass die Bolzen, Kabelschuhe und Muttern der Anschlüsse A, B und C für die Wechselstromphasen an den einander zugewandten Seiten geschmolzen waren. Abb. 4 zeigt die Innenseite des Anschlusses.
Die drei Sicherungsautomaten wiesen Hitzeschäden auf. Die Gehäuse waren zerbrochen. Innerhalb der Gehäuse waren keine Spuren von Hitze oder hohen Strömen erkennbar. Die Isolationsmatten des Rumpfes, welche oberhalb des Anschlusses installiert waren, wiesen Hitzeschäden auf. Die Pins des Anschlusses hatten keine sichtbaren Schäden.Abb. 5 zeigt die Sicherungsautomaten in einer Übersicht und die Außenseite des Anschlusses.
Brand
Über die im vorherigen Abschnitt beschriebenen Hitzeschäden hinaus gab es keine Beschädigungen. Spuren eines offenen Feuers waren nicht erkennbar.
Zusätzliche Informationen
Bodenstromversorgung
Die Bodenstromversorgung wurde durch die Werkstatt des Flughafens überprüft. Hierbei wurden keine Mängel festgestellt. Der Grund für die Prüfung war u.a. die Abschaltung des Gerätes mit der Störungsmeldung „Generator Kurzschluss“. Gemäß dem Handbuch des Gerätes ist der Grund für diese Meldung ein durch die Leistungssteuerung festgestellter Kurzschluss. Da das Gerät bei der Prüfung einwandfrei arbeitete, kam der Prüfer zu dem Schluss, dass der Kurzschluss luftfahrzeugseitig vorgelegen haben muss.
Flottenkontrolle des Luftfahrtunternehmens
Das Luftfahrtunternehmen ließ nach dem Ereignis bei allen von ihm betriebenen Embraer Jets eine Sichtkontrolle der Außenbordanschlüsse durchführen. Hierbei wurden auch die Abdeckungen entfernt und kontrolliert, ob sich Fremdkörper darunter befanden. Es wurden 25 Flugzeuge kontrolliert. Hierbei wurden in 13 Fällen Metallteile gefunden. Dabei handelte es sich um Metallspäne, Unterlegscheiben, Schrauben, u. Ä.
Die europäische Luftfahrtbehörde und der Inhaber der Musterzulassung des Luftfahrzeugs wurden durch das Luftfahrtunternehmen bzw. die BFU über die Befunde informiert.
Sicherheitsempfehlungen
Maßnahmen des Luftfahrzeugherstellers in seiner Funktion als Halter der Musterzulassung
Der Hersteller des Luftfahrzeugs hat am 30. September 2015 das SB 170-24-0057 herausgegeben in dem beschrieben wurde, wie die oben liegenden Öffnungen der Abdeckung des Außenbordanschlusses verschlossen werden können um Kurzschlüsse durch Fremdkörper zu verhindern. Aufgrund dieser Maßnahmen wurde von der BFU auf eine entsprechende Sicherheitsempfehlung verzichtet.
Kommentierungen zum Bericht
Den gemäß EU VO 996/2010 und ICAO Annex 13 an der Untersuchung beteiligten Parteien wurde der Untersuchungsbericht im Entwurf zur Kommentierung übersendet. Die Kommentierung der fransösischen Sicherheitsuntersuchungstelle wurde im Abschlussbericht nicht berücksichtigt und wurde als Anlage beigefügt. Die in Abb. 6 gezeigte Kommentierung von der französischen Sicherheitsuntersuchungsstelle BEA zum Untersuchungsbericht hat die BFU erhalten.
Der Untersuchungsbericht wurde an dieser Stelle summarisch abgeschlossen, d.h. ausschließlich mit Darstellung der Fakten. Alle angegebenen Zeiten, soweit nicht anders bezeichnet, entsprechen Ortszeit.
Quelle und Bilder, sofern nicht anders angegeben: BFU