Fluglotsen in den Flugsicherungen tragen entscheidend zur Sicherheit des Flugverkehrs bei. Deshalb müssen Bewerber für diesen Beruf bei der Deutschen Flugsicherung über besondere Eignungen und Fähigkeiten verfügen. Dies ist nicht allein an guten Schulnoten oder Studienabschlüssen erkennbar, sondern wird in einem aufwändigen viertägigen Verfahren systematisch getestet.
Erarbeitet wurden diese eignungsdiagnostischen Verfahren in ersten Varianten bereits in den 1980er Jahren von Experten der Flugsicherung und den Psychologen der Abteilung Luft– und Raumfahrtpsychologie des DLR-Instituts für Luft- und Raumfahrtmedizin. Seit 40 Jahren arbeiten die DFS Deutsche Flugsicherung GmbH und das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) in der Eignungsdiagnostik von Lotsenpersonal zusammen.
Fluglotse: Besondere Fähigkeiten erforderlich
In den vergangenen vier Jahrzehnten hat sich das Testverfahren laut DFS sehr gut bewährt. Dabei wurde es kontinuierlich weiterentwickelt, um den aktuellen Anforderungen an den Lotsenberuf stets Rechnung zu tragen. Rund 60.000 Bewerber wurden seitdem auf ihre Eignung für den Lotsenberuf untersucht, mehr als 4.000 davon erfolgreich. „Der Mensch ist der entscheidende Faktor für die Sicherheit in der Luftfahrt. Deswegen spielt für uns die Auswahl der geeignetsten Bewerberinnen und Bewerber eine elementare Rolle“ sagt Arndt Schoenemann, Vorsitzender der Geschäftsführung der DFS „Wir brauchen diesen Nachwuchs, um auch in der Zukunft unsere Aufgabe der sicheren Luftraumüberwachung leisten zu können“ so Schoenemann weiter. „Außerdem freut es mich persönlich sehr, dass die Zusammenarbeit mit dem DLR, die ich seit Jahrzehnten auch auf anderen Gebieten sehr zu schätzen gelernt habe, auch hier so hervorragend funktioniert“.
Der DLR-Eignungstest fragt unter anderem räumliche Vorstellung ab, außerdem Merkfähigkeit sowie Konzentrationsvermögen und testet die Belastbarkeit. Die Auswahl der Fluglotsen erfolgt systematisch nach wissenschaftlich empirischen Ansatzpunkten, die immer wieder validiert und in Zusammenarbeit von DFS und DLR weiterentwickelt werden. In Folge wurden vor allem operationelle Tests, in den Bereichen Mehrfacharbeit, auditive Informationsverarbeitung und Vigilanz entwickelt und eingeführt. Als Vigilanz wird in der Fachsprache die Fähigkeit zur andauernden Aufmerksamkeit bei gleichartigen und dadurch eintönigen Situationen bezeichnet – vergleichbar etwa mit der blitzschnellen Reaktion eines Autofahrers nach einer stundenlangen nächtlichen Fahrt auf einer leeren Autobahn. Da im Test vor allem Fähigkeiten und nur zu einem geringen Anteil Kenntnisse abgefragt werden, ist die Teilnahme nur einmalig möglich.
Wissenschaftliches Niveau bei Personalauswahl
Im internationalen Vergleich war der „DLR-Test“ der erste, der ein Persönlichkeitsscreening und die Betrachtung von Teamkompetenzen in die Auswahl von Flugsicherungspersonal aufnahm. Auch zukünftige mögliche Veränderungen bei den Anforderungen an den Lotsenberuf finden Berücksichtigung in der Eignungsdiagnostik. „Die vergangenen 40 Jahre der Zusammenarbeit von DLR und DFS haben gezeigt, dass wir gemeinsam nach aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen und Standards in vertrauensvoller Teamarbeit genau diejenigen jungen Menschen auswählen, die für die Flugsicherung geeignet sind“, betont die DLR-Vorstandsvorsitzende Prof. Anke Kaysser-Pyzalla. „Auch bei den sich zukünftig ändernden Anforderungen an das Berufsbild der Fluglotsen wird das DLR mit seinen Kompetenzen einen wichtigen Beitrag für einen sicheren Flugverkehr in Deutschland und den Klimaschutz leisten.“
Die Auswahlkommission besteht partnerschaftlich aus DFS-Fluglotsen mit Ausbildungsberechtigung sowie einem Team aus Luftfahrt-Psychologen des DLR. In der Hamburger Abteilung des DLR-Instituts für Luft- und Raumfahrtmedizin werden zudem Auswahlverfahren für angehende Piloten organisiert. Zudem sind die DLR-Experten an der Astronautenauswahl der ESA beteiligt. Im laufenden Jahr 2022 besetzte die DFS – auf Basis der gemeinsamen Tests mit dem DLR – alle 140 Ausbildungsplätze für Fluglotsen. Auch in den kommenden Jahren sind Einstellungszahlen in ähnlicher Höhe geplant.