10 Galileo Satelliten im All – Genauer als GPS

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Europa lag noch in tiefem Schlaf, als am 11. September 2015 um 04:08 Uhr mitteleuropäischer Sommerzeit (23:08 Uhr Ortszeit) dennoch einen großen Sprung nach Vorne machte, indem die beiden neuen Mitglieder der Galileo-Familie, „Alba“ und „Oriana“, ins gestartet wurden.

Sämtliche Stufen der russischen Sojus funktionierten diesmal einwandfrei, und die Fregat-Oberstufe setzte die beiden je 715 Kilogramm schweren Satelliten des europäischen Satellitennavigationssystems 03:48 Stunden nach dem Start in ihren Zielorbit in rund 23.200 Kilometern Höhe aus. Kurz darauf gab es die ersten „Lebenszeichen“ im ESOC-Kontrollzentrum in Darmstadt. Es besteht eine stabile Verbindung, die Solarpanels sind ausgefahren und korrekt zur Sonne ausgerichtet.

Während der ersten zehn Tage nach dem Start werden die Satelliten vom Europäischen -Kontrollzentrum der ESA (ESOC) in Darmstadt aus gesteuert. Erst danach erfolgt die „Übergabe“ an das Galileo Kontrollzentrum in . Aufgabe des Expertenteams der DLR GfR mbH im Galileo Kontrollzentrum ist es dann, verschiedene Checkouts aller Systeme durchzuführen und die Satelliten durch Manöver schließlich in ihre finale Position zu bringen. „Weil wir Galileo-Satelliten inzwischen zum fünften Mal übernehmen, laufen unsere Prozesse sehr routiniert ab. Jeder im Betriebsteam weiß genau, was zu tun ist“ erklärt Walter Päffgen, Geschäftsführer des DLR-Tochterunternehmens DLR GfR mbH.

Globale Galileo-Abdeckung bis 2016

„Ich freue mich sehr, dass der Start erfolgreich war und die Galileo-Flotte auf zehn Satelliten angewachsen ist. Wenn alles planmäßig weiterläuft, werden wir bis Ende 2016 eine globale Abdeckung mit Galileo-Satelliten erreichen“, sagt René Kleeßen, Galileo-Programm-Manager beim Raumfahrtmanagement des Deutschen Zentrums für – und Raumfahrt (DLR). Rund zwölf Jahre lang sollen die beiden Satelliten als Teil des Galileo-Navigationssystems die Erde umkreisen und hochpräzise Ortungs- und Navigationsdienstleistungen ermöglichen. Die wichtigsten Nutzlastsysteme auf jedem Satelliten sind die hochpräzisen Atomuhren.

„Der Aufbau von Europas Satellitennavigationssystem Galileo schreitet nun rasch voran“, so ESA-Generaldirektor Johann-Dietrich Wörner. „Mit der stetig wachsenden Zahl von Satelliten im Weltraum und neuen Bodenstationen in aller Welt wird Galileo bald eine globale Realität werden. Der Tag, an dem wir die volle Einsatzkapazität erreicht haben werden, ist nicht mehr weit und es wird ein großer Tag für Europa sein.“ Die bisherigen Satelliten haben alle ihre volle Funktions- und Leistungsfähigkeit im All demonstriert.

Galileo: zehnmal genauer als GPS

Besonders die Atomuhren sind wichtig für eine hochgenaue Positionierung. Die Europäische Weltraumorganisation ESA hat hierfür in den vergangenen Jahren zwei Atomuhren entwickelt. Eine davon ist die Rubidium-Uhr, deren Technologie etwa auch vom US-amerikanischen Navigationssystem GPS genutzt wird. Weltweit einzigartig hingegen ist die Wasserstoff-Maser-Uhr. Sie ist die modernste und genaueste Atomuhr, die je auf einem Satelliten geflogen ist. Während die Rubidium-Uhr eine Stabilität von zehn Nanosekunden (eine 100 millionstel Sekunde) pro Tag erreichen soll, wird die Wasserstoff-Maser-Uhr eine Stabilität von einer Nanosekunde (eine milliardstel Sekunde) pro Tag erzielen. Auf jedem Galileo Satelliten befinden sich je zwei Rubidium- und zwei Wasserstoff-Maser Atomuhren.

Die hochpräzisen Navigationssignale werden im L-Band, also im Radiowellenbereich zwischen einem und zwei Gigahertz, auf drei verschiedenen Frequenzen gesendet, die weltweit empfangen werden können. Wenn im Jahr 2020 die volle Anzahl von 30 Galileo-Satelliten erreicht ist, werden die Signale sogar bis hinauf zu 75 Grad nördliche Breite – also bis zum Nordkap – erreichbar sein.

Vier Satelliten auf einmal in der 5

Zwei weitere Galileo-Satelliten sollen im Dezember 2015 starten. Während einer von beiden noch abschließende Tests im Europäischen Weltraumforschungs- und Technologiezentrum der ESA (ESTEC) in Noordwijk, Niederlanden, durchläuft, ist der andere bereit für den Transport nach Kourou, der in der zweiten Oktoberhälfte stattfinden soll. Weitere Galileo-Satelliten werden zurzeit von der OHB in gefertigt, während die Navigationsnutzlasten von dem britischen Unternehmen Surrey Satellite Technology Ltd. geliefert werden. Darüber hinaus sind mehrere Zulieferer aus ganz Europa an dem Vorhaben beteiligt. Ab dem Jahr 2016 wird der Aufbau von Galileo noch rascher voranschreiten, da dann eine speziell angepasste -5-Trägerrakete zum Einsatz kommen wird, mit der mit einem einzigen Start statt der bisher üblichen zwei Satelliten nun vier auf einmal in ihre Umlaufbahnen befördert werden können.

„Wir haben nun eine kontinuierliche Produktionsrate erreicht“, erklärte Didier Faivre, ESA-Direktor für das Galileo-Programm und Navigationstätigkeiten. „Zudem sind die Ergebnisse aller bisher vorgenommenen Tests – nicht nur der Satelliten für Galileo, sondern auch des Bodensegments – durchweg sehr positiv. Doch parallel zu unseren Prioritäten, d. h. dem laufenden Aufbau von Galileo sowie dem Einsatz des bereits operationellen europäischen Navigationsüberlagerungsdienstes EGNOS, hat die ESA bereits die nächste Etappe im Blick, nämlich die mit der Europäischen Kommission durchgeführten technischen Arbeiten, die notwendig sind, damit Galileo auch in fernerer Zukunft weiter betrieben und der Fortbestand der europäischen Navigationsdienste, deren Leistung auf Augenhöhe mit anderen globalen Satellitennavigationssystemen stehen muss, langfristig gesichert werden kann.“

Die Gesamtkosten für die Entwicklung und den Aufbau von Galileo liegen bei zirka sechs Milliarden Euro. Daran ist mit rund 20 Prozent beteiligt. Die Aufbauphase wird von der Europäischen Kommission beauftragt, finanziert und durchgeführt. In ihrem Auftrag verhandelt die ESA die Industrieverträge für Entwicklung und Bau des Systems. 22 Satelliten der Aufbauphase werden von der OHB AG in gebaut. Die Ausschreibung für die restlichen Satelliten soll voraussichtlich noch in diesem Jahr durch die Europäische Kommission erfolgen. Am DLR-Standort in ist eines von zwei Galileo-Kontrollzentren stationiert. Für den Aufbau der deutschlandweiten Galileo-Testgebiete, der GATEs, ist das DLR Raumfahrtmanagement in Bonn verantwortlich.