Vor 50 Jahren, am 29. Mai 1969, wurde auf der Pariser Luftfahrtausstellung Le Bourget ein Vertrag unterzeichnet, der den ersten Meilenstein in der Geschichte des heute zweitgrößten Flugzeugherstellers der Welt legte – Airbus.
An diesem Tag unterschrieben Minister aus Deutschland und Frankreich die gemeinsame Entwicklung der A300. Die Deutsche Gesellschaft für Luft- und Raumfahrt (DGLR) gratuliert Airbus zu diesem Jubiläum und blickt auf 50 Jahre europäischeFlugzeugentwicklung zurück.
Gemeinschaftsprojekt ehemaliger Gegner
„Aus dem nach dem Zweiten Weltkrieg noch angeschlagenen Europa hat sich mit Airbus einer der stärksten internationalen Konzerne entwickelt. Das Unternehmen ist das beste Beispiel dafür, wie viel wir mit internationaler Zusammenarbeit schaffen und gewinnen können“, sagt Prof. Rolf Henke, Präsident der DGLR. „Die DGLR hat diese Entwicklung von Anfang an mit verfolgt und wissenschaftlich unterstützt. Noch vor der Gründung waren Airbus und die A300 eines der großen Themen bei unserer Jahrestagung von 1967. Wir gratulieren Airbus ganz herzlich zum Jubiläum und freuen uns darauf, noch viele weitere Projekte begleiten zu können.“
Schon bei der Paris Air Show im Juni 1965 fanden erste Gespräche über die Anforderungen eines gemeinsamen neuen „Airbus“ zwischen den großen europäischen Fluggesellschaften aus Frankreich, Großbritannien und Deutschland statt. Auch bei dem ein paar Monate später von der WGLR (Wissenschaftliche Gesellschaft für Luft- und Raumfahrt), der Vorgängergesellschaft der DGLR, ausgerichteten sechsten Europäischen Luftfahrtkongress in München war die Kooperation Thema.
Der damalige technische Direktor von Sud Aviation, Pierre Satre, nahm den Kongress zum Anlass, noch einmal eindringlich zur Zusammenarbeit in der Luftfahrtindustrie aufzurufen. Die europäische Luftfahrtindustrie könne von dem steigenden Luftverkehrsbedarf nur in geringem Maße Nutze ziehen, sagte Satre bei der Veranstaltung, es sei denn, die europäischen Länder vereinigten ihre Anstrengungen, ein gemeinsames Programm aufzustellen, ihre verfügbaren Mittel zusammenzulegen und alle Vorteile einer Zusammenarbeit auszunutzen.
1966 beantragten die drei Länder die Förderungen bei ihren Regierungen. Aufgrund der Befürchtung, dass zu wenige Bestellungen für den A300-Entwurf eingehen würden, zogen sich die Briten am 10. April 1969 aus dem Projekt zurück. Westdeutschland sprang ein und übernahm die Anteile. So waren es nur noch der französische Verkehrsminister Jean Chamant und der deutsche Wirtschaftsminister Karl Schiller, die am 29. Mai 1969 den Start des A300-Programms unterschrieben und somit den Grundstein für ein gemeinsames europäisches Unternehmen legten. Am 18. Dezember 1970 wurde Airbus Industries als GIE (Groupement d’Intérêt Économique) auch formal eingerichtet.
Airbus baut erstes Flugzeug
In den ersten Monaten nach Beschluss der A300 gab es noch einige Zweifel an der Notwendigkeit eines Flugzeugs dieser Größe. Insbesondere da das Konzept kein drittes oder viertes Triebwerk vorsah und daher nicht für längere Distanzen geeignet gewesen wäre. So hätte erst ein neues stärkeres Triebwerk entwickelt werden müssen. Neue Passagierstudien ergaben schließlich, dass der Anstieg der Passagierzahlen doch geringer ausfiel, als ursprünglich gedacht. So wurde der Entwurf von einem 300-Sitzer zu 250 Sitzplätzen und einer Reichweite von 2.200 Kilometern runterskaliert und benötigte keine neuen Triebwerke mehr. Das neue Flugzeug erhielt den Namen A300B.
Frankreich war verantwortlich für das Cockpit, die Flugsteuerung und die untere Mittelsektion des Flugzeugrumpfes. Deutschland übernahm die Produktion des vorderen und hinteren Rumpfteils sowie die obere Mittelsektion. Die Briten waren zwar aus dem Projekt ausgeschieden, übernahmen aber die Produktionsverantwortung für die Flügel. In den Niederlanden sollten die Klappen und Spoiler produziert werden und Spanien übernahm ab 1971 das horizontale Leitwerk. 1970 kam die erste Bestellung für das neue Flugzeug: Air France bestellte sechs A300B2 – die größere Version der A300B mit 270 Sitzen. Der Jungfernflug des weltweit ersten kommerziellen „Twin-Aisle“-Großraumflugzeugs (zwei Kabinengänge) fand am 28. Oktober 1972 statt.
A320 die bedeutendste Flugzeugfamilie
Es folgte ein neues Flugzeugmuster, das neben der größeren Reichweite eine bessere Leistung und einen kürzeren Rumpf haben sollte. Der Erstflug der A310 fand am 03. April 1982 in Toulouse statt. Erstkunden wurden Lufthansa und Swissair. Der Prototyp aus dem Jungfernflug blieb danach noch lange im Einsatz. 2015 hatte er seinen letzten Flug.
Nach den Erfolgen der A300 und der A310 begann Airbus mit der Entwicklung eines kleineres Single-Aisle-Modells für 100 bis 200 Passagiere. Die Größe ist bis heute für alle Flugzeughersteller und Fluggesellschaften die bedeutendste Sparte, da sie auf den meisten Kurz- bis Mittelstrecken eingesetzt wird. Die A320 sollte eine 20 Prozent größere Ladekapazität haben als die 737-300 des US-amerikanischen Konkurrenten Boeing und 50 Prozent weniger Betriebskosten aufweisen als die Boeing 727. Als das erste Flugzeug rund drei Jahre später fertiggestellt wurde, lagen bereits 260 Bestellungen und über 150 Kaufoptionen auf den neuen Typ vor. Der Erstflug erfolgte am 22. Februar 1987.
Nur wenige Monate später, im Juni 1987, wurde auch das A330/340-Programm beschlossen, das Airbus den Weg in den Markt der Großraum-Langstreckenflugzeuge eröffnen sollte. Die A330 und die A340 wurden in der fast gleichen Konfiguration geplant. Der Unterschied lag lediglich in der Triebwerksanzahl – zwei für die A330, vier für die A340. Am 25. Oktober 1991 startete die A340 zu ihrem Erstflug, die A330 folgte am 02. November 1992. Mit der Zeit setzte sich die A330 durch ihren deutlich geringeren Kerosinverbrauch gegen die A340 durch. 2011 wurde das A340-Programm eingestellt.
Riesenairbus und neue Flugzeuggenerationen
Abgelöst wurde das Flugzeug durch die A350 XWB. Ursprünglich geplant als eine Modernisierung des A330-Modells wurde das A350-XWB-Projekt über die Zeit so stark abgewandelt, dass es sich schließlich in 90 Prozent der Bauteile von der A330 unterschied. Heute ist die A350 XWB das Verkehrsflugzeug mit dem höchsten Anteil an Kohlefaserverbundwerkstoffen. Der Erstflug fand am 14. Juni 2013 statt. Seit dem 15. Januar 2015 ist die A350 XWB im Dienst.
Parallel arbeitete Airbus schon seit Beginn der 1980er-Jahre an der Machbarkeit eines Großflugzeugs. Als im Jahr 2000 die ersten Kaufabsichten vorlagen, begann Airbus mit der Entwicklung der A380. Das bislang größte Passagierflugzeug fasst bis zu 555 Sitzplätze in drei Klassen. Am 27. April 2005 startete das vierstrahlige Flugzeug zum ersten Mal. Zwei Jahre später wurde es in Dienst gestellt. Aufgrund der zu geringen Absatzzahlen stellte Airbus das Projekt im Februar 2019 ein. In den letzten Jahren folgten Neuauflagen der A320- und A330-Modelle. Die mit NEO bezeichneten Flugzeuge sind mit neueren, leistungsfähigeren Triebwerken ausgestattet und modernisiert. Die A330neo weist außerdem eine größere Flügelspannweite auf. Die heutige Airbus S.A.S. ist eine Tochter der Unternehmensgesellschaft Airbus SE mit Sitz in Leiden in den Niederlanden, die von 2000 bis 2013 unter dem Namen EADS (European Aeronautic Defence and Space) firmierte. Zu ihr gehören auch die Geschäftsbereiche Airbus Defence and Space und Airbus Helicopters.