„Die Astronautin“ heißt eine Initiative, in der derzeit eine deutsche Astronautin für eine zehntägige Mission auf der Internationalen Raumstation ISS sucht.
Erst drei europäische Astronautinnen waren bisher im Weltall. Doch hinsichtlich künftiger Mars-Missionen und touristischer Raumflüge gilt es noch zahlreiche Auswirkungen der Schwerelosigkeit auf den weiblichen Organismus zu erfassen und zu verstehen. Das Deutsche Zentrum für Luft– und Raumfahrt (DLR) begleitete die Auswahl aus wissenschaftlichem Interesse, indem es die psychologischen und medizinischen Eignungsuntersuchungen vornahm.
Expertise aus Deutschland
Die Initiative „Die Astronautin“ zeigt einen neuen Weg für die deutsche Raumfahrt auf. Mit den beim DLR durchgeführten psychologischen und medizinischen Untersuchungen als Teil des Auswahlverfahrens kann dabei auf die wissenschaftliche Kompetenz in Deutschland zurückgegriffen werden. Hansjörg Dittus, DLR-Vorstand für Raumfahrtforschung und -technologie, erläutert: „Die erhobenen medizinischen und psychologischen Daten der Kandidatinnen sind eine einmalige Basis für die weitere Arbeit auf dem Gebiet der astronautischen Raumfahrt.“
Während die Suche vom Unternehmen HE Space durchführt wurde, untersuchte das DLR 81 Bewerberinnen auf Herz und Nieren um geeignete Kandidatinnen für die Mission empfehlen zu können. In der Abteilung für Luft– und Raumfahrtpsychologie des DLR-Instituts für Luft- und Raumfahrtmedizin in Hamburg wurden in der ersten Auswahlstufe Wissens- und Leistungstest zur Überprüfung der grundlegenden kognitiven Leistungsfähigkeit durchgeführt. In Stufe zwei hatten die Kandidatinnen Teamaufgaben und Interviews zu bewältigen, deren Ergebnisse der Einschätzung von Teamkompetenz und Persönlichkeit dienten. Die physische Eignung der Kandidatinnen wurde im Januar vom Flugmedizinischen Center des Instituts für Luft- und Raumfahrtmedizin am DLR-Standort Köln ermittelt.
Belastungstests für kommerzielle Astronautin
Durch Belastungstest und mehrtägige Untersuchungen soll das Risiko einer notwendigen medizinischen Behandlung der künftigen Astronautin auf der ISS und die damit einhergehende Gefahr eines Missionsabbruchs möglichst gering gehalten werden. Ebenso soll durch die Untersuchungen gewährleistet sein, dass die Raumfahrerin an allen Trainings- und Missionsmaßnahmen teilnehmen und einen möglichen Notausstieg problemlos bewältigen kann. Die Kriterien der Untersuchungen orientierten sich an den Anforderungen an eine kommerzielle Astronautin und nicht an eine Berufsastronautin.
Das wissenschaftliche Interesse des DLR schließt auch den für 2020 geplanten Aufenthalt der deutschen Astronautin auf der ISS ein. Während der zehntägigen Mission soll mitunter eine Verlaufsanalyse von Persönlichkeitsaspekten vor, während und nach dem Raumflug durchgeführt werden. Das mögliche Visual Impairment and Intracranial Pressure Syndrome (VIIP), welches bei vielen Astronauten zu einer Veränderung des Sehens und der Augen führt, soll ebenfalls beobachtet werden und weitere Aufschlüsse liefern.
Hormonelle Veränderungen in Mikrogravitation
Ein weitaus geschlechtsspezifischerer Teil der Untersuchungen auf der ISS umfasst die Erfassung der hormonellen Bedingungen in der Mikrogravitation. In Hinblick auf weitere Langzeitmissionen und künftige Mars-Missionen ist ein besseres Verständnis des Hormonsystems in der Schwerelosigkeit äußerst wichtig. Die so gewonnenen Daten können dann in Relation zu den existierenden Daten von männlichen Astronauten gesetzt werden.
In der einzigartigen, hoch technologischen medizinischen Forschungseinrichtung :envihab („environment“ bedeutet Umwelt, „habitat“ bedeutet Lebensraum) des DLR-Instituts für Luft- und Raumfahrtmedizin können auf 3.500 Quadratmetern die Wirkungen extremer Umweltbedingungen auf den Menschen und mögliche Gegenmaßnahmen erforscht werden.