Die neue dreidimensionale Karte der Erde ist fertig. Metergenau zeigen sich jetzt die Berggipfel und Talebenen der ganzen Welt auf einen Blick. Im Rahmen der Satellitenmission TanDEM-X ist ein globales Höhenmodell entstanden, das im Vergleich zu anderen globalen Datensätzen unübertroffen genau ist und auf einer einheitlichen Datenbasis beruht.
Die rund 150 Millionen Quadratkilometer Landoberfläche wurden aus dem All von Radarsensoren abgetastet. „TanDEM-X hat ein neues Kapitel in der Fernerkundung aufgeschlagen. Die Technologie zum Radarbetrieb von zwei Satelliten im engen Formationsflug ist nach wie vor einzigartig – und war der Schlüssel für die hochgenaue Neuvermessung der Erde. Damit hat das DLR seine Vorreiterrolle unter Beweis gestellt und die Voraussetzungen für den nächsten großen Entwicklungsschritt in der satellitengestützten Erdbeobachtung geschaffen – für die angestrebte Radarmission Tandem-L“, sagt Vorstandsvorsitzende des Deutschen Zentrums für Luft-und Raumfahrt (DLR) Prof. Pascale Ehrenfreund.
Mehr als 1.000 Wissenschaftler weltweit nutzen bereits die Daten der Mission. „Mit der Fertigstellung des globalen TanDEM-X Höhenmodells erwarten wir nochmal eine deutliche Steigerung des wissenschaftlichen Interesses. Genaue topographische Daten sind essentiell für sämtliche geowissenschaftliche Anwendungen“, so Prof. Alberto Moreira, leitender Wissenschaftler der TanDEM-X-Mission und Direktor des DLR-Instituts für Hochfrequenztechnik und Radarsysteme. Die Anwendungsmöglichkeiten des einzigartigen Datensatzes reichen von der Klima– und Umweltforschung über das Vermessungswesen bis hin zur Infrastrukturplanung beim Stadt- und Straßenbau.
Noch besser als erhofft
Die Qualität des globalen Höhenmodells übertrifft alle Erwartungen: Ein Meter beträgt die Höhengenauigkeit der Geländekarte – eine Größenordnung besser als die geforderten zehn Meter. Dies ist ein Ergebnis der hervorragenden Kalibrierung des Systems. So wurde etwa der Abstand der beiden Satelliten im Formationsflug milimetergenau bestimmt. Unerreicht ist auch die globale Abdeckung durch TanDEM-X – sämtliche Landflächen wurden mehrfach aufgenommen und zu Höhenmodellen verarbeitet. Die Fernerkundungsspezialisten des DLR haben dabei eine digitale Weltkarte erstellt, die sich aus über 450.000 Einzelmodellen Pixel um Pixel höhengenau zusammensetzt – ein 3D-Mosaik der besonderen Art.
Mit dieser Mission wurde in vielen Bereichen Neuland betreten. Der enge Formationsflug der beiden Satelliten bei Minimalabständen von 120 Meter ist ebenso zur Routine geworden wie die vielfältigen Manöver, um die Formation laufend zu verändern und den Anforderungen an die Aufnahmegeometrie anzupassen. Ähnliches gilt für den bistatischen Radarbetrieb: Die simultane Datenaufnahme mit zwei Radarsatelliten war anfangs eine große Herausforderung, aber auch Notwendigkeit, um die hohe Genauigkeit der Höhenmodelle sicherzustellen. Das Deutsche Zentrum für Luft– und Raumfahrt ist nun weltweit Vorreiter für diese zukunftsweisende Technik.
Zwischen Januar 2010 und Dezember 2015 haben die Radarsatelliten über das weltweite Empfangsnetz mehr als 500 Terabyte Daten zur Erde übertragen. Parallel dazu begann 2014 die systematische Erstellung der Höhenmodelle. Ausgeklügelte Prozessierungsketten verarbeiten die Daten mittels hochgenauer und effizienter Algorithmen zu den finalen Höhenmodellen.
Dabei ist das Datenvolumen inzwischen auf insgesamt über 2,6 Petabyte gestiegen – die Rechnersysteme erbringen stetig Höchstleistungen. „Die Verarbeitung dieser Daten war eine spannende Herausforderung für uns“, erklärt Prof. Richard Bamler, Direktor des DLR-Instituts für Methodik der Fernerkundung, „Umso mehr faszinieren uns jedoch nun unsere ersten wissenschaftlichen Analyseergebnisse. Anhand des aktuellen Höhenmodells konnten wir zeigen, dass in einigen Regionen der Erde, Gletscher bis zu 30 Meter pro Jahr an Dicke im Bereich der Gletscherzungen verlieren.“ Auch könnten jetzt viele bisher noch unbekannte, weil flache Kraterstrukturen erkannt werden, die von eingeschlagene Asteroiden stammen.
Satelliten arbeiten noch
Die Satelliten TerraSAR-X und TanDEM-X haben ihre spezifizierte Lebensdauer längst überschritten und funktionieren bis heute einwandfrei und so effizient, dass sie noch Treibstoff für mehrere Jahre haben. So ist mit der Fertigstellung der 3D-Weltkarte noch nicht das Ende der Mission erreicht. Aufgrund der Besonderheit des Formationsflugs sind weitere wissenschaftliche Experimente geplant. Moreira weist darauf hin: „Das System Erde ist hochdynamisch, das zeigt sich auch in der Topographie. Mit regelmäßigen Updates könnten wir solche dynamischen Prozesse künftig systematisch erfassen. Das ist das primäre Ziel der von uns vorgeschlagenen Tandem-L Mission.“
Neue Radarverfahren mit synthetischer Apertur (SAR) erlauben es künftig, innerhalb kurzer Zeitspannen zeitgleich vielfältige Daten zur Erforschung des globalen Ökosystems zu liefern. Die Nachfolgemission Tandem-L könnte alle acht Tage ein aktuelles Höhenbild der gesamten Landmasse der Erde zur Verfügung stellen und dynamische Prozesse somit zeitgerecht erfassen. Dadurch wäre es auch möglich, Beiträge zur Überprüfung internationaler Klima– und Umweltabkommen zu leisten. Neue Radarverfahren und innovative Missionen wie Tandem-L sollen künftig dazu beitragen ein besseres Verständnis der dynamischen Prozesse zu gewinnen – zum Schutz und Erhalt der Erde. Mit der Fertigstellung des globalen Höhenmodells TanDEM-X ist nun der Weg bereitet für die nächste Dimension der Radarfernerkundung.
WorldDEM: Das genaueste Höhenmodell der Erde
WorldDEM nennt sich das wegweisende digitale Höhenmodell (Digital Elevation Model – DEM), das in punkto Qualität und Genauigkeit alle derzeit verfügbaren globalen satellitenbasierten Höhenmodelle übertrifft. Als das erste weltweite, hoch präzise digitale Single-Source-Oberflächenmodell setzt WorldDEM mehrfach neue Maßstäbe.
Nach einer flächendeckenden weltweiten Erfassungskampagne und der anschließenden Bearbeitung des Bildmaterials sind nun WorldDEM-Daten der gesamten Erde auch kommerziell erhältlich, einschließlich der Antarktis- und Arktisregionen und der Pazifikinseln. Damit ist WorldDEM der erste wirklich weltumspannende Höhendatensatz, der auch die Regionen jenseits des 60. nördlichen und südlichen Breitengrads lückenlos abdeckt, darunter auch den stark bewölkten Äquatorgürtel.
„Kunden aus vielfältigen Anwendungsbereichen nutzen diesen bahnbrechenden Datensatz bereits und schätzen den einfachen weltweiten Zugriff auf Daten von hervorragender Qualität“, sagte Bernhard Brenner, Leiter des Clusters Intelligence bei Airbus Defence and Space. „Der WorldDEM-Datensatz ist ein ideales, unverzichtbares Visualisierungstool zur Überwachung, Aufklärung und Einsatzplanung. Die Daten erleichtern die detailgenaue Analyse von Terrains und sind damit ein wichtiges Instrument für die Vorbereitung militärischer Operationen.“
Auch kommerzielle Unternehmen und Institutionen nutzen den Datensatz für Anwendungen wie die Planung und Durchführung von Hoch- und Tiefbauprojekten, die Erkundung natürlicher Ressourcen in abgelegenen und schwer zugänglichen Gebieten oder für Umweltstudien. Eine weitere wichtige Zielgruppe ist der Luftfahrtsektor, für den WorldDEM hochpräzise Geländeinformationen bereitstellt, die zur Optimierung von Kollisionsvermeidungs-, Bodenannäherungswarn- und Flight-Management-Systemen beitragen.
Das DLR ist verantwortlich für die wissenschaftliche Nutzung der TanDEM-X-Daten, die Planung und Durchführung der Mission, die Steuerung der beiden Satelliten und die Erzeugung des digitalen Höhenmodells. Airbus Defence and Space hält die exklusiven kommerziellen Vermarktungsrechte für die WorldDEM-Daten. Das Unternehmen ist zudem für die Anpassung des DEMs an die Anforderungen eines weltweiten kommerziellen Kundenkreises zuständig.
Auf den Bildern
Die „Nevada Test Site“ war seit 1951 Schauplatz zahlreicher Atombombentests. Das Wüstenareal 100 Kilometer nordwestlich von Las Vegas ist übersät mit Explosionskratern.
Die „Straße der Vulkane“ in Equador: Links im Bild dominiert der Cotopaxi. Der sehr regelmäßige, kegelförmige Stratovulkan ist mit 5.897 der zweithöchste Berg Ecuadors. In der Umgebung sind die Gipfel der Vulkane Ruminahui (4.721 m), Sincholagua (4.900 m) und Pasachoa (4.200 m) sowie Pichincha (4.784 m) sichtbar.
Richat Struktur in Mauretanien: Durch vulkanische Aktivitäten wurden in der Maur-Adrar-Wueste Sedimentschichten des Urozeans an die Erdoberfläche gedrückt. Saharawinde erodierten mit der Zeit die unterschiedlich harten Schichten der Intrusion zu konzentrischen Felsringen und Senken. Die markante Formation bildet eine Landmarke für die Astronauten.
Die Chuquicamata-Kupfermine im Norden Chiles: Die Chuquicamata-Kupfermine im Norden Chiles ist der zweitgrößte Kupfertagebau der Erde. Eine Grube gewaltigen Ausmaßes zeugt von den enormen Massebewegungen. Auf einer Fläche von etwa 13 Quadratkilometern wurde das Gestein bis auf eine Tiefe von über 850 Metern abgebaut. Im Zentrum des Bildes liegt der Ort Calama ca. zehn Kilometer entfernt vom Tagebau.
Diese Animation zeigt den Elephant Foot Gletscher in Nordgrönland: Gletscherstrukturen in Kronprins Christian Land, im Nordost-Grönland-Nationalpark, dem größten Nationalpark der Welt. Es handelt sich um ein nahezu perfekt geformtes Beispiel eines Vorland Gletschers, der zu einem größeren Gletschernetzwerk gehört.
Diese Animation zeigt den Sossusvlei im Naukluft National Park: Ein Trockental durchbricht die Sanddünen der Namib. Die interessante Struktur dieses Bildes ist das Ergebnis der verschiedenen Dünenformen, die aufgrund der des TanDEM-X Höhenmodells in 3D in hoher Detailschärfe erkennbar sind.
Quelle Bilder: DLR.
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