DLR beim Test von neuem Raketenantrieb

Geschätzte Lesezeit: 5 Minuten

Am 22. Januar 2018 stellten die Ingenieure des Deutschen Zentrums für Luft- und (DLR) das von der entwickelte Triebwerk im Prüfstand P 5 in Lampoldshausen erstmals erfolgreich auf die Probe.

Höhere Effizienz bei geringeren Kosten – das ist die Aufgabe des neuen Raketentriebwerks Vulcain 2.1, das im Jahr 2020 die neue europäische Trägerrakete Ariane 6 ins All befördern soll. Eine enorme Schubkraft von 130 Tonnen, rund 3.000 Grad Celcius in seiner Brennkammer, hohe Drehzahlen seiner Turbopumpen und Drücken in seinen Treibstoffleitungen: all das müssen Entwicklungstriebwerke erst einmal unter Beweis stellen, bevor solch ein Start erfolgreich durchgeführt werden kann.

Raketenmotor im Praxistest

„Nur mit kontinuierlichen Tests, bei denen wir uns Schritt für Schritt dem realen Einsatz im All nähern, kann das Triebwerk für die Hauptstufe auf seine Funktionsfähigkeit hin untersucht werden“, erläutert Prof. Stefan Schlechtriem, Direktor des DLR-Instituts für Raumfahrtantriebe. Insgesamt zwölf Versuche sind für die erste Testkampagne beim DLR geplant. Das Vorgängermodell, das Hauptstufentriebwerk Vulcain 2, ist mit der derzeitigen Trägerrakete 5 im Einsatz und hat bisher 70 erfolgreiche Flüge in Folge absolviert.

Für die nächste kostengünstigere und noch effizientere Generation wurde aus Vulcain 2 das neue Vulcain 2.1-Triebwerk – mit einem im 3D-Druck gefertigten Gasgenerator, einer neu konstruierten, vereinfachten Düse und der Zündung der Brennkammer mit einem Bodensystem. Vulcain 2.1 trägt entscheidend dazu bei, die 6 zukünftig in den ersten zehn Flugminuten auf eine Höhe von 150 Kilometern zu befördern. Der Test des DLR mit dem Hauptstufentriebwerk Vulcain 2.1 dauerte elf Minuten, rund ein Drittel länger als das Triebwerk benötigt, um gemeinsam mit den beiden Boostern die Trägerrakete Ariane 6 in die Höhe zu befördern.

Trägerraketen weiterentwickeln

Die Entscheidung für die Entwicklung eines neuen Trägersystems fiel im Dezember 2014: Die Mitgliedsstaaten der Europäischen ESA beschlossen auf der Ministerratskonferenz, die bestehende Generation der Ariane weiterzuentwickeln, um sich der wachsenden Konkurrenz und den gestiegenen Ansprüchen auf dem Weltmarkt anzupassen.

Dabei sollte auf bereits bestehende Bausteine der Ariane 5 zurückgegriffen werden. Je nach Konfiguration soll die Ariane 6 bis zu elf Tonnen Nutzlast in den transportieren und dabei die Kosten für den Start im Vergleich zur Ariane 5 halbieren. Seit 2016 wird das neue wiederzündbare Vinci-Triebwerk für die Oberstufe der Ariane 6 daher unter anderem im DLR-Lampoldshausen getestet, nun sind die Testläufe für das neue Hauptstufentriebwerk Vulcain 2.1 hinzugekommen.

Prüfstände als wichtiges Werkzeug

Ziel der insgesamt sieben Monate dauernden Testkampagne ist die genaue Kenntnis über alle relevanten Triebwerkskenndaten, die das neue Hauptstufentriebwerk der Ariane-6-Trägerrakete auszeichnen. „Nur wer diese Kennzahlen genau kennt, kann in das sensible Gefüge aus mechanischen und elektronischen Komponenten eingreifen, und so das Triebwerk bis zu seiner technischen Reife hin qualifizieren“, betont Prof. Stefan Schlechtriem.

Der erste Versuch orientierte sich dabei noch an dem bereits etablierten Vulcain-2-Triebwerk der derzeitigen Ariane – so wurden in diesem Test beispielsweise alle pyrotechnischen Zünder beibehalten, um das neue Triebwerk mit dem alten Triebwerk vergleichen zu können. Beim nächsten Versuchslauf wird die Zündung der Brennkammer mittels Propangas vom Prüfstand aus erfolgen. Zum Ende der Testkampagne wird das Triebwerk dann in seiner endgültigen Flugkonfiguration im DLR-Prüfstand erfolgreich seine Generalprobe für den ins All absolvieren müssen.

„Bei den Tests geht es uns aber nicht nur darum, diese Technologien unter regulären Betriebsbedingungen zu erproben. Wir müssen ihr Verhalten auch jenseits der im üblichen Belastungen verstehen können – das heißt zum Beispiel bei höheren Temperaturen, bei höheren und niedrigeren Brennkammerdrücken und Treibstoffmischungsverhältnissen“, sagt Anja Frank, Leiterin der Abteilung Versuchsanlagen beim DLR Lampoldshausen. „So können wir am Entwicklungstriebwerk testen, wo die Grenzen des Vulcain-2.1-Triebwerks liegen.“

Daten für ein zuverlässiges Triebwerk

Das Ergebnis der Tests, die die Ingenieure, Techniker und Prüfstandshandwerker am DLR-Institut für Raumfahrtantriebe durchführen, ist dabei nicht nur der Nachweis der Funktionstüchtigkeit, sondern vor allem eine große Menge Daten: Der Einsatz eines hochgenauen Mess- und Analysesystems ermöglicht es, exakte Ergebnisse zu liefern und erlaubt so dem Triebwerksentwickler detaillierte Rückschlüsse auf technische Fragestellungen. Für das finale Design des Hauptstufentriebwerks ist die genaue Kenntnis der Drücke, der Temperaturen in den Treibstoffleitungen, der Drehzahlen der Turbopumpen, der Drücke im Gasgenerator und in der Brennkammer sowie der entstehenden Vibrationen, denen das Triebwerk während eines Heißlaufs ausgesetzt ist, ausschlaggebend.

Auf den Bildern

Triebwerkstest am DLR Lampoldshausen, wo die Ingenieure des Deutschen Zentrums für Luft- und (DLR) das von der ArianeGroup entwickelte Triebwerk Vulcain 2.1 im Prüfstand P 5 in Lampoldshausen erstmals erfolgreich auf die Probe stellten.

Triebwerk Vulcain 2.1: Der neue Raketenantrieb – mit einem im 3D-Druck gefertigten Gasgenerator, einer neu konstruierten, vereinfachten Düse und der Zündung der Brennkammer mit einem Bodensystem – soll die zukünftige Ariane 6 ins All bringen.

Aufnahme aus dem Inneren des DLR-Prüfstands – Triebwerkstest: Elf Minuten zündete das Triebwerk Vulcain 2.1, das am 22. Januar 2018 erstmals von DLR-Ingenieuren in Lampoldshausen getestet wurde. Der Einsatz eines hochgenauen Mess- und Analysesystems ermöglicht es dabei, exakte Ergebnisse zu liefern, und erlaubt so dem Triebwerksentwickler ArianeGroup detaillierte Rückschlüsse auf technische Fragestellungen.