Ob als On-demand-Shuttle, Hightech-Rufbus, als flexibles Verteilzentrum für Güter und Pakete oder als mobiles Verkaufsgeschäft – mit dem futuristischen Fahrzeugkonzept U-Shift bringt das DLR neuen Wind in die urbane Mobilität und Logistik von morgen. Den ersten fahrfähigen Prototyp hat ein Forschungskonsortium unter Leitung des Deutschen Zentrums für Luft– und Raumfahrt (DLR) auf der Zwischenbilanzkonferenz des Strategiedialogs Automobilwirtschaft Baden-Württemberg am 17. September in Stuttgart vorgestellt. Gefördert wird das Projekt durch das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau Baden-Württemberg mit rund zwölf Millionen Euro.
Modularer Aufbau: Driveboard kombiniert mit Kapsel
Zentrales Merkmal des Ansatzes ist die Trennung von Fahrzeug, Driveboard genannt, und den kapselförmigen Aufbauten für den Personen oder Gütertransport. Die U-förmige Antriebseinheit beinhaltet alle teuren technischen Komponenten und Systeme, um autonom, elektrisch und leise unterwegs zu sein. Für maximale Wirtschaftlichkeit ist das Driveboard möglichst rund um die Uhr in Betrieb. Die wesentlich günstiger zu fertigenden Kapseln lassen sich für eine Vielzahl an Einsatzmöglichkeiten auslegen.
„Wir wollen die Mobilität von morgen nachhaltiger, effektiver und komfortabler gestalten. Aus futuristischen Innovationen wie dem U-Shift-Fahrzeugkonzept können ganz neue Produkte und Geschäftsmodelle entstehen. Es kommt für Baden-Württemberg entscheidend darauf an, dass wir gerade unsere kleinen und mittleren Unternehmen beim Transformationsprozess unterstützen und ihnen dabei helfen, eine neue Rolle im Bereich der künftigen Fahrzeugkonzepte und Mobilitätslösungen zu finden. Der modulare Ansatz eröffnet hier sehr gute Spielräume“, erläutert Wirtschaftsministerin Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut.
„Mit dem modularen Konzept von U-Shift leisten wir einen wesentlichen Beitrag zur Transformation der Mobilität. Gerade für die Übernahme innovativer Konzepte durch die Automobilwirtschaft oder Logistik- und Mobilitätsdienstleister sind Prototypen extrem wichtig. Denn so können Forscher und zukünftige Nutzer die mobile Welt von morgen real erleben und verbessern“, sagt DLR-Vorstand für Energie und Verkehr Prof. Karsten Lemmer.
Testen, diskutieren, optimieren: Prototyp läutet nächste Entwicklungsschritte ein
Der U-Shift-Prototyp hat die Maße eines größeren Transporters. Das Driveboard fährt derzeit ferngesteuert und soll in Zukunft komplett autonom unterwegs sein. Sicherheit ist auch hier ein zentraler Aspekt in der Entwicklung. Die Personenkapsel ist mit sieben Sitzplätzen und einem Klappsitz ausgestattet. Für einen barrierefreien Einstieg sorgt eine große Tür mit integrierter Rampe. Die Cargokapsel bietet Platz für vier Europapaletten oder acht Gitterrollwagen.
Mit Hilfe des Prototyps wollen die Forschenden erste Erfahrungen mit dem System sammeln, das die Kapseln aufnimmt und wieder absetzt. Sie stehen in engem Kontakt mit potenziellen Produzenten sowie Betreibern. Gleichzeitig führen sie intensive Gespräche mit den Bürginnen und Bürgern, um so die Bedürfnisse und Wünsche für Einsatzszenarien von U-Shift und damit verbundene zukünftige Arbeitsplätze zu diskutieren. Mit diesem Input entwickeln die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler das Fahrzeugkonzept weiter. Zum Beispiel gilt es, die Schnittstellen zwischen Mensch und Fahrzeug zu erproben: Dazu zählen der Mechanismus zum Öffnen der Türen, der Informationsfluss und etwaige Zugangsbeschränkungen. In einem nächsten großen Schritt soll die Leistung des Antriebsstrangs gesteigert, Hardware und Sensoren für das automatisierte und vernetzte Fahren eingebaut, ein neues Batteriesystem getestet sowie Fahrwerk und Hubvorrichtung weiterentwickelt werden.
Für das Jahr 2024 ist die ein zweiter, voll automatisiert und rund 60 Stundenkilometer schnell fahrender Prototyp geplant. Mit ihm will das U-Shift-Team innovative Geschäftsfelder für Unternehmen im Kontext neuer Mobilitätsserviceangebote untersuchen und bestehende Geschäftsfelder neu ausrichten, zum Beispiel in Pilotversuchen mit Firmen der Logistikbranche.
DLR-Partner im Projekt U-Shift
Zu den Partnern des DLR-Instituts für Fahrzeugkonzepte im Projekt U-Shift zählen das Forschungsinstitut für Kraftfahrwesen und Fahrzeugmotoren Stuttgart (FKFS), das den Antriebsstrang entwickelt, das Institut für Fahrzeugsystemtechnik (FAST) und das Institut für Technik der Informationsverarbeitung (ITIV) am Karlsruher Institut für Technologie (KIT), die das Fahrwerk beziehungsweise die Elektrik/Elektronik-Architektur beisteuern. Für die Automation zeichnet das Institut für Mess-, Regel- und Mikrotechnik (MRM) der Universität Ulm verantwortlich.
Zum Strategiedialog Automobilwirtschaft Baden-Württemberg:
Der Strategiedialog Automobilwirtschaft Baden-Württemberg (SDA BW) eröffnet Innovationspotenziale über Branchengrenzen hinweg. Im Schulterschluss von Politik, Wirtschaft, Wissenschaft, Arbeitnehmerverbänden, Verbraucherorganisationen, Umweltverbänden und Zivilgesellschaft werden Maßnahmen und Konzepte erarbeitet, um den Transformationsprozess der baden-württembergischen Automobilindustrie erfolgreich zu gestalten.