Extremer Tiefflug: Schutzklappen gegen Insekten-Befall auf der Tragflächen-Vorderkante?

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Außergewöhnliche Flugversuche stehen noch bis zum 23. Juli in der des Deutschen Zentrums für Luft- und (DLR). Bei extremen Tiefflügen über dem Gelände des Flughafens Magdeburg/Cochstedt sammelt das Forschungsflugzeug ATRA Insekten für die aerodynamische Forschung.

Im Projekt InCoVal (Insect Contamination Validation) untersuchen die Wissenschaftler, wie sehr die Tragflächen an der Vorderkante trotz Abschirmung durch die Vorflügel von Insekten verunreinigt werden. Auch wenn das für heutige Tragflächen kein Problem darstellt, wird es für zukünftige ultraglatte Hightechflügel zum Problem. Dort würden Insektenanhaftungen zu mehr Treibstoffverbrauch führen. Ein neuartiges Klappensystem soll das verhindern. Die Flugversuche liefern erste Erkenntnisse für solch eine Entwicklung. Bei weiteren ATRA-Flügen erproben die Forscher ein neues Pilotenassistenzsystem und Verfahren zur Optimierung der Flugerprobung.

Strömungswiderstand und besser bei glatten Flächen

Weltweit arbeiten Wissenschaftler an der Entwicklung sogenannter Laminarflügel, die unter anderem deutlich glatter als heutige Tragflächen sind und damit einen geringeren Strömungswiderstand aufweisen. Die weitestgehend ungestörte turbulenzfreie Umströmung gibt den Hightechflügeln ihren Namen. Zukünftig können diese die im Luftverkehr deutlich senken. Allerdings: Ihr Einsparpotenzial entfaltet sich nur voll, wenn keine Insektenanhaftungen die laminare Strömung stören.

"Um zukünftige Verkehrsflugzeuge mit der Laminartechnologie zu modernisieren, sind besondere Anforderungen an die Oberflächenqualität der Tragflächen ähnlich dem Vorbild der Segelflugzeuge zu stellen", erklärt der DLR-Forscher Dominic Gloß vom Institut für Aerodynamik und Strömungstechnik in . "Wie bei Segelflugzeugen, die regulär mit dem sogenannten Mückenputzer – einer Vorrichtung zur Entfernung von Insektenresten – ausgestattet sind, müssen Verunreinigungen auf der Oberfläche vermieden werden", so Gloß weiter. Dazu messen die Forscher zunächst im Flugversuch mit dem ATRA bei verschiedenen Flugzuständen, wie die Tragflächen durch Insekten verschmutzt werden.

Anschließend nutzt der Luftfahrtingenieur mit seinen DLR-Kollegen die gewonnenen Daten dafür, Strömungsmodelle zu kalibrieren und weiterzuentwickeln. Die Klappen, die während des Starts und der Landung an der Vorderkante des Laminarflügels ausfahren, sollen zukünftig so groß sein, dass sie die Insekten gerade abschirmen ohne die Hochauftriebsleistung zu mindern.

Insektenschutzklappen einfahrbar – Muster auf Folien erfasst

Die Hochauftriebsleistung des Klappensystems wiederum ist entscheidend für eine stabile Fluglage in der vergleichsweise langsamen An- und Abflugphase. Im deutlich schnelleren Flug in großen Höhen sollen die Insektenschutzklappen der Zukunft so eingefahren werden, dass die Luft über eine frei werdende saubere Flügelvorderkannte strömt. Die Insektenanhaftungen sind dann in den Laminarflügel hineingeklappt, der aus modernen besonders leichten Faserverbundmaterialien gebaut wird.

Im Laufe der Flugversuche sammelt Forscher Gloß die Insektenverunreinigungen auf Klebefolien, die hinter den Vorderkantenklappen auf den Tragflächen aufgeklebt sind. Nach einem Flugtag wandern die Folien direkt ins Labor und werden dort auf Scannern digitalisiert. "Unsere Strömungsmodelle helfen uns dann, die zukünftigen Klappen speziell auf den Insektenbefall hin zu entwerfen", so Gloß.

Freier Flug 15 Meter über dem Boden

Für die Flugversuche startet das DLR-Forschungsflugzeug ATRA (Advanced Technology Research Aircraft) vom Heimatstandort in mit Kurs auf den Flughafen Magdeburg/Cochstedt. "Wir planen insgesamt etwa acht bis zehn Testflüge mit jeweils zehn tiefen Überflügen", berichtet DLR-Testpilot Hans-Jürgen Berns. "Diese Manöver sind besonders anspruchsvoll, da wir nur rund 15 Meter hoch mit eingezogenem Fahrwerk über dem Flughafengelände fliegen", so Berns weiter.

Im Sommer 2013 sammelten die Forscher bereits bei ersten Tiefflügen mit dem ATRA Erfahrungen zur Insektenverteilung auf den Tragflächen. Die aktuellen Flugversuche dienen dazu, die Datenbasis zu den Insektenverunreinigungen weiter zu vervollständigen. Auf den Forscher Dominic Gloß und seine Kollegen wartet ab August die Auswertung der Flugversuche. Erste Ergebnisse sollen im Frühjahr 2015 publiziert werden. Neben der Untersuchung der Insektenverteilung auf den Tragflächen testet das DLR-Institut für Flugsystemtechnik mit dem ATRA am Flughafen Magdeburg/Cochstedt ein neues Pilotenassistenzsystem und untersucht neue Verfahren zur Optimierung der Flugerprobung.

Assistenzsystem und Flugerprobung auf dem Testplan

Das im Projekt EPEVA (Energiebasiertes Pilotenunterstützungssystem für das präzise Einhalten vertikaler Anflugprofile) neu entwickelte Pilotenassistenzsystem des DLR unterstützt die Piloten leise und spritsparende Anflüge präzise und sicher durchzuführen. Für diese muss ein Pilot während der Landephase einen im Voraus berechneten Handlungsablauf exakt einhalten. Am Flughafen Magdeburg/Cochstedt wird das System nach vorangegangenen Tests im Flugsimulator des DLR das erste Mal im Flugversuch erprobt.

Zudem wird der ATRA am Flughafen Magdeburg/Cochstedt für das Projekt OPIAM (Online Parameter Identification for Integrated Aerodynamic Modelling) eingesetzt, das sich mit neuartigen Verfahren beschäftigt, die eine Bestimmung der aerodynamischen Eigenschaften eines Flugzeugs bereits in der Luft erlauben. Dazu die DLR-Testpiloten mit dem ATRA mehrere anspruchsvolle Manöver.

Die Forscher nutzen die Flugversuchsdaten anschließend, um die Genauigkeit des flugmechanischen Modells zu analysieren. Diese sind für die Erprobung und neuer ein wichtiges Werkzeug. Das aus den Flugversuchsdaten gewonnene Computermodell wird ebenso für Flugsimulatoren wie für die Auslegung von Flugreglern benötigt.