Hamburg Aviation Conference zum Wandel im Luftverkehr

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„Neue Geschäftsmodelle braucht die etablierte Airline-Welt“, ist sich Michael Eggenschwiler, Vorsitzender der Geschäftsführung des , sicher. Derzeit sehen die aktuellen Prognosen von Verbänden wie der IATA (Internationale Flug-Transport-Vereinigung) oder ADV (Arbeitsgemeinschaft Deutscher Verkehrsflughäfen) insbesondere für den europäischen Luftverkehr stagnierende Fluggastzahlen voraus. Diesem aktuellen Thema hat sich die Conference angenommen.

Die Experten aus Wirtschaft und Wissenschaft gehen vom 14. bis 15. Februar auf der internationalen Tagung der Frage nach, inwieweit die Luftfahrtindustrie an ihre Grenzen stößt und wie sie mit Störfaktoren umgeht. Der offizielle Titel der Konferenz, die im Hotel Sofitel Alter Wall in stattfindet, lautet: "Aviation industry at its limits? How to cope with disruptive elements".

Aufstieg von Low-Cost-Airlines

Viele Traditionsairlines, darunter Lufthansa und Air France, suchen bereits nach neuen Möglichkeiten, wirtschaftlich zu arbeiten und starten mit Low-Cost-Töchtern auf dem Kurz- und Mittelstreckenmarkt.

Eine umfangreiche Einschätzung der Lage wird der ehemalige Air-Canada-Chef Montie Brewer auf der Hamburg Conference geben. Heute ist er u.A. im Board of Directors der Fluggesellschaft Aer Lingus tätig. Außerdem ist er Mitglied im Konferenzbeirat der Luftfahrttagung. Die aktuelle Situation des Marktes schätzt er folgendermaßen ein: "Der Aufstieg der Low-Cost-Airlines hat enormen Druck auf traditionelle Fluggesellschaften ausgeübt, sich entweder anzupassen oder unterzugehen."

Große Bedeutung für die künftige Entwicklung der Fluggesellschaften misst er der Kundenkommunikation über Smartphones bei. „Wenn eine Airline nicht über Wege verfügt, ihre Online-Beziehung zum Kunden auch über mobile Geräte zu pflegen, dann wird sie mit größter Wahrscheinlichkeit diese Kunden nicht halten können“, sagt der Airline-Experte.

Flughafenchef Michael Eggenschwiler ergänzt diesen Gedanken: "Um Erfolg zu haben, müssen die Fluggesellschaften den Blickwinkel ihrer Kunden kennen und einnehmen. Das wird für bislang stark angebotsorientiert agierende Airlines sicher nicht einfach." Drei wichtige Prinzipien hätten die Passagiere heute verinnerlicht: Sie wüssten, dass Fliegen günstiger geworden ist. Sie erwarteten mehr Service fürs Geld und sie hätten Auswahl, verfügten also über die Einkaufsmacht. Markenstärke ist daher für die Fluggesellschaften zum Schlüsselmoment geworden, denn sie bewirkt Markentreue beim Passagier.

Druck der Passagiere auf Unternehmen

Soziale Netzwerke versetzen in eine Machtposition gegenüber Unternehmen. Denn durch das mobile Internet können Kunden Serviceleistungen heute sofort bewerten, sowohl positiv als auch negativ. "Kunden fordern Transparenz. Sie dulden heutzutage keine negativen Überraschungen, sondern bestrafen sie sofort mit ihrer sozialen Macht im Internet", erläutert Ursula Silling, Unternehmensberaterin in der Luftfahrtindustrie und außerdem Mitglied des Beirats der Hamburg Aviation Conference.

Der kritische Kunde erwartet von Fluggesellschaften die angebotene Leistung ohne versteckte negative Überraschungen zu erhalten sowie einen individualisierten Service. Dazu gehören der automatisierte und Informationen zum aktuellen Flugstatus in Echtzeit ebenso wie die Möglichkeit, das Menü im Flugzeug oder den (Duty-Free-) Einkauf vorzubestellen.

Veränderung, die der industriellen Revolution gleich kommt

Fluggesellschaften müssen, um künftig weiter erfolgreich zu sein, innovativer werden und ihren Kunden einen speziell auf die individuellen Wünsche und Ansprüche personalisierten Service anbieten. "E-Commerce und M-Commerce, also der Vertrieb über Internet und mobile Geräte, verändern die Merkmale der Angebote, aber vor allem auch die der Nachfrage und die Erwartungen der Konsumenten." Weiter bewertet die international tätige Branchenexpertin Ursula Silling den Einfluss moderner Kommunikationstechnologien auf Luftverkehrsunternehmen folgendermaßen: "Wir erleben derzeit eine Entwicklung, die der Industriellen Revolution gleichkommt".

Michael Eggenschwiler ist davon überzeugt, dass die neu entstehenden Geschäftsmodelle der Fluggesellschaften jeweils auf einer einzigen Säule aufbauen werden. So würden beispielsweise Emirates ein Langstrecken-Carrier mit einer Drehscheibe in Dubai, British Airways der Spezialist für weltweiten Flugverkehr von und nach London-Heathrow oder der Spezialist für europäische und in Übersee liegende Sonnenziele sein.

Bedeutung von und für Flughäfen

Flughäfen nehmen eine zentrale Rolle bei der Betreuung der Passagiere ein. "Der Fluggast ist heute unser gemeinsamer Kunde. Er wird, in einem konstanten Fluss, innerhalb der Flughafen-Familie weitergereicht, um die einzeln gebuchten Elemente als zusammengefügte Kette seiner Reise zu erleben", sagt Michael Eggenschwiler. "Wir Flughäfen wirken dabei als Integrator und Moderator; können uns in die Prozesskette einbringen und damit den verschiedenen Bedürfnissen aller Beteiligten Rechnung tragen." An Bedeutung würden außerdem Airline-Allianzen gewinnen.

Auf die häufig sehr unterschiedlichen Bedürfnisse ihrer einzelnen Mitglieder müssten die Flughäfen künftig flexibel reagieren. "Der Flughafen wird auch in Zukunft eine Plattform sein, auf der sich Fluggesellschaften im positionieren und damit voneinander abheben können: Ein Flughafen macht die Angebotsvielfalt am Boden möglich und wirtschaftlich erfolgreich", meint der Airport-Chef.

Mit Hilfe von Luftfahrtexperten und branchenfremden Vordenkern analysieren die Teilnehmer der Hamburg Aviation Conference weitere Trends der Luftfahrtindustrie. Als Redner auf der Tagung werden dieses Jahr u.A. erwartet: Thomas Haagensen, Deutschlandchef bei easyJet, Dr. Mairead Brady, Dozentin an der School of Business, Trinity College Dublin, und Jonathan Norris, Executive Director bei Ink, einem der größten Verlage für Bordmagazine.

Ort der Veranstaltung und Sprachen

Für die Hamburg Aviation Conference zeichnet sich verantwortlich. Vom 14. bis 15. Februar findet die Konferenz im Hotel Sofitel Alter Wall in Hamburg statt. Konferenzsprachen sind Deutsch und Englisch, Simultanübersetzung ist vorhanden.