Der Luftverkehr bleibt weltweit auf einem erheblichen Wachstumskurs, die deutsche Luftverkehrswirtschaft falle dagegen zurück. Das zeigt der Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL) anhand seiner Jahreszahlen 2016. Während die Fluggesellschaften aus dem Nahen Osten (plus 11,2 Prozent) und Asien (plus 9,2 Prozent) überdurchschnittlich zulegen konnten und die europäischen Fluggesellschaften um 4,6 Prozent gewachsen sind, wuchsen die deutschen Fluggesellschaften nur um 1,4 Prozent. Nicht viel anders die Flughäfen. Diese konnten 2016 mit 223 Millionen Passagieren ein Plus von 3,4 Prozent verzeichnen. Aber auch hier zeigt sich, dass die Flughäfen in den europäischen Nachbarstaaten wie Luxemburg (plus 11,8 Prozent), Niederlande (plus 8,8 Prozent) oder Großbritannien (plus 6,2 Prozent) stärker wachsen.
Das in Deutschland verbleibende Wachstum an den Flughäfen geht zurück auf die ausländischen Anbieter. Während seit 2010 die Starts von Flugzeugen der deutschen Luftfahrtunternehmen um 5,6 Prozent gesunken sind, legten die europäischen Low-Cost-Carrier um knapp 14,3 Prozent zu. Gleichzeitig sind auch die europäischen Netzwerkcarrier um fast 20 Prozent gewachsen. „Wir blicken mit Sorge auf diese Markt- und Wettbewerbsentwicklung, die weiterhin zuungunsten der deutschen Unternehmen verläuft. Die Jahreszahlen 2016 sind ein erneuter und lauter Weckruf in Richtung Politik zum Handeln“, so BDL-Präsident Dr. Stefan Schulte, bei der Vorstellung der Jahreszahlen der Luftverkehrsbranche.
Konkrete Handlungsfelder
Zum einen muss die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Luftverkehrswirtschaft gestärkt werden. Schulte verweist darauf, dass die Gutachter der Bundesregierung in ihrer Markt- und Wettbewerbsanalyse besonders hervorheben, dass die deutschen Unternehmen durch wettbewerbsverzerrende Belastungen, die der Gesetzgeber selber geschaffen hat, klar im internationalen Wettbewerb benachteiligt sind.
Einen zweiten Handlungsschwerpunkt sieht Schulte beim Thema Sicherheit. Seit 9/11 sind die Sicherheitsaufgaben in allen öffentlichen Bereichen immer komplexer, aufwendiger und umfangreicher geworden. Jeder neue Vorfall, jeder neue Anschlagsversuch sorgt für zusätzliche Maßnahmen in allen Bereichen des öffentlichen Lebens. „Das gilt besonders für den Luftverkehr. Behörden und Luftverkehrsunternehmen sorgen mit zahlreichen Maßnahmen dafür, dass das Fliegen sicher bleibt.“
Schulte kritisiert aber: „Deutschland geht an dieser Stelle einen problematischen Sonderweg, in dem es die Kosten für diese Aufgaben vollständig auf die Unternehmen umlegt.“ Denn anders als in Wettbewerbsländern wie etwa Italien oder Spanien, und anders auch als in den USA, stellen in Deutschland die Behörden die Luftsicherheitskosten (rund 700 Millionen Euro jährlich mit stetig wachsender Tendenz) den Unternehmen vollumfänglich in Rechnung. Das sind Kosten, die zusätzlich zu den umfangreichen Eigensicherungsmaßnahmen kommen, die die Unternehmen sowieso mit eigenen Mitteln finanzieren müssen.
Schulte: „Die Aufgaben der Gefahrenabwehr und der Terrorbekämpfung sind immer mehr zu einer gesamtgesellschaftlichen Aufgabe geworden. Aus diesem Grund sollten die Kontrollaufgaben der Behörden zu einem erheblichen Teil vom Staat getragen werden.“ Das gilt bereits schon jetzt für andere Verkehrsträger und auch für den öffentlichen Raum insgesamt. Und für die deutschen Luftverkehrsunternehmen wäre das eine spürbare Verbesserung ihrer Wettbewerbsfähigkeit. Schulte begrüßte, dass bei der Deutschen Flugsicherung (DFS) die Regierungskoalition bereits eine solche Trendwende vollzogen und mit Beginn des Jahres der Staat den Teil der flugsicherungsfremden Kosten der DFS in den Bundeshalt übernommen hat.