Kurz vor dem EU-Verkehrsministertreffen am 03. Dezember hissen Piloten aus ganz Europa die rote Flagge gegen Wettbewerbsverzerrungen in der europäischen Luftfahrt, die die Luftfahrtgesellschaften und den ganzen Industriesektor bedrohen. Die Politik soll das Thema mit hoher Priorität zu behandeln, sonst bestehe die Gefahr, dass die Luftfahrtindustrie in Europa – wie wir sie heute kennen – aufhören wird zu existieren. Schädliche Geschäfts- und Arbeitsmodelle sind zwei der marktverzerrenden Elemente, die die European Cockpit Association (ECA) in ihrer heute veröffentlichten Publikation beschreibt.
Immer mehr Luftverkehrsgesellschaften verschaffen sich Wettbewerbsvorteile durch Absenkung von Personalkosten, Steuern und Sozialabgaben. Scheinselbständigkeit von Crews, Soziales Dumping und Ausnutzung des Gefälles von Rahmenbedingungen in der EU sind heute an der Tagesordnung. Einige Firmen gehen so weit, dass sie alle Möglichkeiten regulativer Vorgaben und vorteilhafter Steuergesetze in Staaten ausreizen, indem sie diese als sogenannte "Flag of Convenience" nutzen.
Dumping setzt Airlines unter Druck
"Es ist besorgniserregend zu sehen, wie manche Airlines die Luftfahrtlandschaft neu definieren", so ECA-Präsident Dirk Polloczek. "Es mag verlockend sein, die Kosten zu drücken, indem Bordpersonal auf einem anderen Kontinent stationiert, das Flugzeug in einem "Steuerparadies" registriert wird oder einen jungen Piloten zu fragen, ob er, um überhaupt fliegen zu können, dafür bezahlen will. Das alles vernichtet Arbeitsplätze in Europa, unterwandert die Steuer- und Sozialkassen in den EU-Mitgliedsstaaten und zwingt andere Airlines, dem Beispiel zu folgen, wenn sie nicht vom Markt verschwinden wollen."
Gleichermaßen bedrohlich und akut ist die Wettbewerbsverzerrung, wie sie von Airlines außerhalb Europas, die aggressiv auf den europäischen Markt drängen, auf uns zurollt. Wirtschaftlich boomende Luftfahrtgesellschaften aus Asien bzw. den Golf-Staaten sind oft staatlich subventioniert oder gehören dem Staat, haben Zugang zu billiger Infrastruktur, Kapital und Kerosin – und sind darüber hinaus in der Regel ein wichtiger Puzzlestein in den strategischen Zukunftsplanungen der jeweiligen Regierungen. Gleichzeitig unterliegen sie, im Gegensatz zu ihren europäischen Mitbewerbern, undurchsichtigen Bilanzierungsstandards und wenig stringenten Regulierungen in ihren Ländern.
Bedingungen für fairen Wettbewerb gefordert
"Unsere Luftfahrtgesellschaften können weder mit den Ressourcen der Golf Carrier gleichziehen, noch können sie sich – oder sollten sie sich – auf Subventionen oder staatliche Fördermittel verlassen", so der ECA-Generalsekretär Philip von Schöppenthau. Airlines könnten nur profitabel wirtschaften, wenn die Wettbewerbsrahmenbedingungen keiner Verzerrung unterliegen. Deshalb haben Piloten aus ganz Europa die Verkehrsminister der jeweiligen EU-Mitgliedstaaten, die Europäische Kommission und das neu gewählte Europäische Parlament aufgefordert, faire Wettbewerbsbedingungen auf nationaler und europäischer Ebene in den Mittelpunkt ihrer luftfahrtpolitischen Agenda zu stellen.
Um unfairen Wettbewerb zu stoppen, sind konkrete Schritte erforderlich: Bessere Koordinierung und Ausweitung der Sozialgesetze, Beseitigung missbräuchlicher Geschäftsmodelle sowie der Unterbietung von Sozialstandards und Schaffung gleicher Wettbewerbsvoraussetzungen zwischen EU-Airlines und staatlich subventionierten ausländlichen Fluggesellschaften. Die ECA hat diese Schritte in einem PDF zusammengefasst.