Derzeit testen Wissenschaftler des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) bei einer Forschungsflugkampagne auf Grönland gemeinsam mit Kollegen der ETH Zürich neue Radar-Abbildungsverfahren.
Grönlands Eisschild ist zum Teil mehr als drei Kilometer dick und ein Angelpunkt in der weltweiten Klimaforschung. Die Methode per Flugzeug soll zukünftig die dreidimensionale Schnee- und Eisbeschaffenheit in bis zu 50 Metern Tiefe aus der Luft vermessen können. „Dadurch soll sich auf lange Sicht der Einfluss des Klimawandels auf die interne Schichtung von Schnee, Firn und Eis bestimmen lassen“, erklärt Prof. Irena Hajnsek, Projektleiterin der ARCTIC15 Kampagne. Alle Arbeiten werden im Rahmen der HGF-Allianz „Remote Sensing and Earth System Dynamics“ durchgeführt.
Interessant ist das beispielsweise, um zu untersuchen, wie viel Wasser des an der Oberfläche tauenden Schnees beim Einsickern wieder gefriert und somit nicht zum Anstieg des Meeresspiegels beiträgt. Ein Effekt der in bisherigen Klimamodellen noch unzureichend berücksichtigt ist, wie es im aktuellen Bericht des Weltklimarats (IPCC) heißt.
Mit der Do-228 über Gletscherspalten und Gipfel
Montiert ist das sogenannte F-SAR (Flugzeuggestütztes Radar mit synthetischer Apertur) auf dem DLR-Forschungsflugzeug Do-228 D-CFFU, das in der rund sechswöchigen Forschungskampagne bis Ende Mai fünf Untersuchungsgebiete im südlichen Teil Grönlands mehrfach überfliegt. „Es ist schon etwas Besonderes über das ewige Eis Grönlands zu fliegen„, sagt DLR-Pilot Thomas van Marwick von den DLR-Flugexperimenten. „Gerade die weiten Distanzen zwischen den Landemöglichkeiten und die teilweise extremen Witterungsbedingungen müssen speziell berücksichtigt werden“.
Die Crew an Bord des DLR-Forschungsflugzeugs fliegt unter anderem in Gebieten entlang der Küsten, wo das Eisschild in mächtige Gletscherzungen übergeht und große Spalten bildet, sowie über dem südlichen Hochland, wo sie auch den höchsten Punkt, den sogenannten South Dome passiert. Die Flüge dauern in der Regel vier bis fünf Stunden. Es sei denn, es müssen aufgrund der zum Teil großen Strecken zusätzliche Flughäfen für Tankstopps angeflogen werden.
50 Meter in die Tiefe schauen
„Mit der neuen Radartechnik werden sich zukünftig die verschiedenen Schnee- und Eisarten aus der Luft und dem Weltraum erkennen lassen“, sagt Kampagnenleiter Ralf Horn vom DLR-Institut für Hochfrequenztechnik und Radarsysteme. „Verschiedene Eisarten reflektieren die Radarstrahlung unterschiedlich und das F-SAR des DLR ist in der Lage, diese Unterschiede zu erfassen, teilweise in Tiefen von bis zu 50 Metern.“
Das Eis auf Grönland zeigt dabei einen sehr unterschiedlichen Aufbau, je nachdem welche Region betrachtet wird. Die zentral und sehr hoch gelegenen Gebiete erfahren auch im Sommer kaum Schneeschmelze, wodurch sich das Eis unter einer dutzende Meter dicken Firnschicht befindet, die erst über den Druck der darüber liegenden Schichten zu Eis umgewandelt wird. Im Gegensatz dazu findet man in Küstennähe blankes Eis, das nur im Winter eine geringe Schneeauflage aufweist. Der Blick in die Tiefe des Eises ist gleichzeitig auch ein Blick in das Klima der letzten Jahrzehnte, da über die Jahre Eisschicht um Eisschicht entstand.
Einsatz bei minus 25 Grad Celsius und starkem Wind
Bevor die Flugkampagne mit der Do-228 des DLR begann, mussten die abgelegenen Gebiete am Boden erkundet, Radarreflektoren installiert und Schnee, Firn und Eis von Hand untersucht werden. Dazu nutzten die DLR-Wissenschaftler ein gechartertes schneelandefähiges Flugzeug. Während der fünf- bis sechsstündigen Aufenthalte bei zum Teil weniger als minus 25 Grad Celsius und starkem Wind kam dabei auch ein Bodenradar, eine Leihgabe des Alfred-Wegener-Instituts, und eine Schneesonde zum Einsatz. „Die härtesten und spannendsten Arbeitsbedingungen, die ich in meiner wissenschaftlichen Laufbahn bisher erlebt habe“, sagt DLR-Forscher Georg Fischer, der die vorausgehende Expedition der zu befliegenden Gebiete organisierte und mit zwei Kollegen, vom DLR und der ETH Zürich, umsetzte.
Nach der Rückkehr aus Grönland ist geplant auf Basis dieser Forschungskampagne neue Methoden zur Schnee- und Eisanalyse zu entwickeln, die dann auch auf die Daten zukünftiger Satellitenmissionen wie etwa Tandem-L anwendbar sind. Dadurch könnte auf neue Art und Weise flächendeckend aus dem All beobachtet werden, wie sich Gletscher und Eisschilde der Erde verändern. Bisher sind diese Erkenntnisse nur punktuell durch aufwändige Expeditionen möglich.
DLR-Forschungsflugzeug auf Grönland
Abb. 1: Das Forschungsflugzeug Do-228 D-CFFU des DLR mit dem F-SAR Radar System an Bord bei einer Zwischenlandung in Ilulissat, Grönland. Die Radarantennen sind seitlich am Rumpf des Flugzeugs zu erkennen.
Abb. 2: Die DLR-Wissenschaftler Martin Keller und Georg Fischer verankern zwei Radar Reflektoren auf dem grönländischen Eisschild. Im Vordergrund sieht man zwei GPS-Basisstationen, die die präzise Vermessung der Reflektoren ermöglichen.
Abb. 3:DLR-Forscher Georg Fischer läuft zu der nächsten Stelle im weiten Eis, an der ein Radar-Reflektor platziert wird. Am South Dome, dem höchstgelegenen Testgebiet, herrschten günstige Wetterbedingungen, die es ermöglichten, die Radarreflektoren in einer Entfernung von bis zu einem Kilometer vom Flugzeug entfernt zu verankern.
Bilder: DLR (CC-BY 3.0), 2x Silvan Leinss, ETH Zürich.