Radarsatelliten TanDEM-X: Höhenmodelle gehen online

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Das ehrgeizige Projekt nahm am 21. Juni 2010 seinen Anfang – damals startete der Radarsatellit TanDEM-X ins All, um zu seinem Zwillingssatelliten TerraSAR-X aufzuschließen. Seitdem kreisen die beiden deutschen Satelliten in einem ausgeklügelten Formationsflug um die und vermessen ihre Oberfläche.

Nun stellt das Deutsche Zentrum für – und (DLR) die ersten Höhenmodelle der neuen globalen Topographie für die wissenschaftliche Nutzung zur Verfügung.

Höhenmodell der : 30-mal genauer als bisher

Australische Schluchten im Nationalpark Flinders Ranges, kanadische Inselwelten oder auch die zerklüftete Vulkanlandschaft der russischen Kamtschatka-Halbinsel (Bild 1 bis 3) werden dabei 30-mal genauer dargestellt als bisher. Mehr als 800 Wissenschaftler aus 31 Ländern haben sich bereits angemeldet, um mit diesen hochgenauen Höhenmodellen zu arbeiten. Das vollständige und einheitliche Geländemodell soll Ende 2015 zur Verfügung stehen.

800 Millionen Kilometer hat TanDEM-X mittlerweile in 514 Kilometern Höhe zurückgelegt und dabei mit TerraSAR-X mehr als zweimal die gesamte Landmasse der Erde abgetastet. Dabei die Satelliten in einer Helix umeinander und blicken zum Teil aus einem Abstand von nur 120 Metern zueinander auf die Erde.

Schon alleine mit diesem ersten Formationsflug zweier Satelliten im hat die Mission erfolgreich Neuland betreten. Um die Höhen und Tiefen der 150 Millionen Quadratkilometer Erdoberfläche exakt berechnen zu können, müssen die Wissenschaftler den Abstand der beiden Satelliten bis auf einige Millimeter genau bestimmen. Und auch die Uhren an Bord der Satelliten, die genau messen, wie lange die Radarstrahlen für ihren Weg zur Erde und zurück benötigen, sind bis auf eine Billionstel Sekunde synchronisiert.

"Aufgrund der deutlich verbesserten Genauigkeit bin ich überzeugt, dass das Höhenmodell von TanDEM-X eine neue Referenz für eine Vielzahl von Anwendungen wird", erläutert Prof. Alberto Moreira, Direktor am DLR-Institut für Hochfrequenztechnik und und wissenschaftlicher Leiter der Mission.

TanDEM-Tanz im Uhrzeigersinn für "schwierige Landschaften"

Die ersten berechneten Höhenmodelle von TanDEM-X decken die sogenannten einfacheren Gebiete ab – Landschaften, für die Daten von nur zwei Überflügen ausreichen, um finale Höhenmodelle berechnen zu können. Dazu gehören große Flächen in Australien, Nord- und Südamerika, und . Dann gibt es "die schwierigen, anspruchsvollen Gebiete mit steilen Bergen wie den Alpen oder dem Himalaya zum Beispiel oder halt die Kamtschatka-Halbinsel mit ihrer zerklüfteten Vulkanlandschaft", sagt Prof. Alberto Moreira.

Für diese Aufnahmen veränderten die DLR-Experten des Projekt-Teams im Sommer 2013 die Flugbahnen der beiden Satelliten und ließen sie von da an im Uhrzeigersinn umeinander kreisen. Damit änderte sich auch die Blickrichtung der Satelliten auf die Erde. Mit dritten und vierten Überflügen werden nun die letzten notwendigen Daten für das neue globale Höhenmodell gesammelt.

Ein Fünftel der Erd-Topographie schon fertig – 2,5 Mio. Gigabyte Daten

Noch während die Satelliten mit ihren Radarstrahlen die Erde kontinuierlich abtasten, entstanden in einem weitgehend automatisierten Prozess die ersten kleinen digitalen Höhenmodelle (DEM; Digital Elevation Model) von 30 mal 50 Kilometer großen Gebieten. Schon diese vorläufigen mehr als 350.000 DEM-Datensätze stellen die Erde mit bis zu zwei Metern Genauigkeit dar. Seit Ende 2013 werden diese Modelle in einem finalen Verarbeitungsschritt zu größeren Mosaiken zusammengefügt.

Mittlerweile sind nicht nur 2,5 Mio. Gigabyte Daten zusammengekommen, sondern auch schon mehr als ein Fünftel der globalen Landfläche zu finalen Modellen verarbeitet. "So entsteht nach und nach die neue Topographie der Erde", sagt Prof. Alberto Moreira. Radartechnologie bietet dabei einen ganz entscheidenden Vorteil: Die Satelliten können die Erde mit ihren Sendepulsen weitgehend unabhängig von Wetterverhältnissen und rund um die Uhr bei jeder Tages- bzw. Nachtzeit abtasten.

Missionsziel nach der Landvermessung: Meeresströmungen

Die entstandenen Satellitenaufnahmen lassen sich vielfältig nutzen: Mit den Aufnahmen können beispielsweise hydrologische Abflussmodelle simuliert und Karten von potenziellen Überschwemmungsgebieten erstellt werden, Veränderungen nach Vulkanausbrüchen und Erdbeben bilden sich ebenso ab wie das Abschmelzen von Gletschern und Polkappen.

Auch bei Katastrophenfällen sind die Radaraufnahmen für die Helfer vor Ort wichtig, um beispielsweise überflutete Gebiete oder zerstörte Verkehrswege und Gebäude aus Satellitenbildern analysieren und berücksichtigen zu können. Sind die Aufnahmen für das globale Höhenmodell abgeschlossen, soll TanDEM-X dafür genutzt werden, neue Techniken wie die Erfassung von Meeresströmungen oder Vegetationsstrukturen zu demonstrieren.

Insgesamt arbeiten bei der Mission vier Einrichtungen des DLR zusammen: Das Institut für Hochfrequenztechnik und leitet und plant die Mission, das Institut für Methodik der Fernerkundung hat die vollautomatische Prozessierung der Daten entwickelt, das Deutsche Fernerkundungsdatenzentrum (DFD) ist für Empfang, die Verarbeitung und Archivierung der Massendaten sowie für die Mosaikierung der Höhenmodelle zuständig, die Satelliten werden vom Deutschen RaumfahrtKontrollzentrum (GSOC; German Space Operations Center) gesteuert und überwacht.

Die finalen Höhenmodelle werden als sogenannte Kacheln mit einer Ausdehnung von etwa 100 mal 100 Kilometern bzw. ein Grad in geografischer Länge und Breite erzeugt und über den TanDEM-X Science Service ausgeliefert. Als erste Beispiele stehen jetzt zwei solcher Kacheln – die Flinders Ranges in Australien (Bild 4) und der Badlands National Park in den USA (Bild 5) – auf dem TanDEM-X-Science-Server zur Verfügung.

Tandem-L: Prüfung der nächsten Radarsatelliten-Generation

Eine weitere zukünftige Radarmission untersuchen die Wissenschaftler derzeit auf ihre Machbarkeit: Mit digitalen Antennen und großen entfaltbaren Reflektoren sollen zwei Satelliten für die Tandem-L-Mission um die Erde kreisen und die gesamte Landmasse zweimal pro Woche aufnehmen 100 mal schneller, als dies zurzeit die beiden Satelliten TerraSAR-X und TanDEM-X können.

"Mit dieser Mission, die 2020 starten könnte, würden wir die dynamischen Prozesse der Erde wesentlich schneller erfassen und so einen essentiellen Beitrag zur Umwelt- und Klimaforschung leisten", sagt Prof. Alberto Moreira vom DLR. Die Daten dieser Radarmission könnten zum Verständnis des Planeten Erde und seiner dynamischen Prozesse ein großes Stück beitragen.

TanDEM-X wird im Auftrag des DLR mit Mitteln des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie in Form einer Public Private Partnership mit Airbus Defence & Space durchgeführt. Das DLR ist verantwortlich für die wissenschaftliche Nutzung der TanDEM-X-Daten, die Planung und Durchführung der Mission sowie die Steuerung der beiden Satelliten und die Erzeugung des digitalen Höhenmodells.

Airbus D&S hat den Satelliten gebaut und ist an den Kosten für die Entwicklung und Nutzung (WorldDEM) beteiligt. Wie bei TerraSAR-X ist Airbus D&S verantwortlich für die kommerzielle Vermarktung der TanDEM-X-Daten.