YAK-11 stürzte nach Start in Speyer mit Fahrwerksdefekt ab

Geschätzte Lesezeit: 7 Minuten

Laut den Aufzeichnungen des Funkverkehrs hatte sich der Pilot etwa um 08:21 Uhr beim Flugleiter gemeldet. Im Verlauf des Gesprächs teilte der Pilot mit, dass es sich um den Erstflug der YAK-11 handelt und er Platzrunden fliegen wolle.

Außerdem wolle er für etwa fünf bis zehn Minuten über dem Platz in etwa 2.000 Fuß Systemchecks durchführen.

Identifikation

  • Art des Ereignisses: Unfall
  • Datum: 25. August 2016
  • Ort: Speyer
  • Luftfahrzeug: Flugzeug
  • Hersteller / Muster: Yakovlev, Flugzeugwerk Kunovice, ČSSR / YAK-11
  • Personenschaden: Pilot tödlich verletzt
  • Sachschaden: Luftfahrzeug zerstört
  • Drittschaden: Flurschaden

Ereignisse und weiterer Flugverlauf

Laut den Angaben der Flugleitung erfolgte der Start etwa um 08:24 Uhr auf der Piste 16 des Verkehrslandeplatzes Speyer (EDRY). Die Videoaufzeichnung eines Zeugen zeigte nach dem Abheben das Einfahren des linken Hauptfahrwerkes. Das rechte Hauptfahrwerk blieb zunächst ausgefahren. Das Titelbild zeigt die YAK-11.

Die Abb. 2 zeigt die Steigflugphase, das linke ist Hauptfahrwerk eingefahren. Im weiteren Steigflug war eine Abgasfahne erkennbar. Das rechte Hauptfahrwerk der YAK-11 war nicht eingefahren. Abb. 3 zeigt die Steigflugphase, mit Abgasfahne unterhalb des Flugzeuges.

Abb. 4 zeigt den Beginn des Kurvenfluges. In der folgenden Linkskurve teilte der Pilot dem Flugleiter mit, dass er zum Verkehrslandeplatz Speyer zurückkommen werde. Laut Funkaufzeichnungen erfolgte diese Informationsübermittlung um 08:24:23 Uhr.

Zwei bis drei Sekunden später erreichte das Flugzeug seine größte Höhe, danach begann es zu sinken. Auf dem Zeugenvideo war ein deutliches kurzes Aufheulen des Triebwerkes zu vernehmen und hinter dem Flugzeug war eine schwarze Abgaswolke sichtbar. Abb. 5 zeigt die Abgaswolke hinter dem Flugzeug.

Der Sinkflug und der Kurvenflug der YAK-11 setzten sich fort. Die Querneigung des Flugzeuges erreichte etwa 70 Grad. Abb. 6 zeigt einen Kurvenflug mit großer Querneigung.

Im weiteren Flugverlauf kam es erneut zu einem Aufheulen des Triebwerkes, eine Abgaswolke wurde wiederum sichtbar. Es setzte ein Rollen um die Längsachse nach links in Rückenfluglage unter stetiger Zunahme der Längsneigung ein, bis in eine nahezu senkrechte Sturzfluglage. Abb. 7 zeigt das Flugzeug in Sturzfluglage. Rund 40 Sekunden nach dem Abheben prallte das Flugzeug auf den Boden. Der Pilot wurde tödlich verletzt und das Flugzeug zerstört.

Angaben zu Personen

Der 44-jährige verantwortliche Luftfahrzeugführer besaß eine Pilotenlizenz ATPL(A) der Europäischen Union, erteilt gemäß Teil FCL, ausgestellt am 07. April 2014. Die Rechte der Lizenz beinhalteten den Sprechfunk in deutscher und englischer Sprache für nach Sicht- und Instrumentenflugregeln sowie folgende Berechtigungen:

  • B747-400 PIC IR, gültig bis 30. April 2017
  • SEP (land) PIC IR, gültig bis 28. Februar 2017
  • aerobatic, ohne Befristung
  • ST(A), BT(A), ohne Befristung
  • FI(A) CPL, PPL, SE SP, night, aerobatic (SEP), towing (ST/SEP, BT/SEP), instructor, gültig bis 30. April 2019

Er war außerdem im Besitz einer amerikanischen Lizenz für Privatpiloten mit den Berechtigungen SEP(land) und MEP(land), einer russischen Lizenz für Privatpiloten mit den Berechtigungen für YAK-50 und YAK-52, sowie eines Luftfahrerscheins für Segelflugzeugführer nach den Richtlinien der und eines Luftfahrerscheins für Luftsportgeräteführer. Der Pilot war anerkannter Flugprüfer mit den Privilegien SEP(land) CRE(A) und FE PPL(A).

Sein flugmedizinisches Tauglichkeitszeugnis Klasse 1 war bis 07. April 2017 gültig. Das der BFU vorliegende Flugbuch, das den Zeitraum Juli 2013 bis September 2015 umfasste, dokumentierte eine Gesamtflugerfahrung von 17.207 Stunden. Allein im genannten Zeitraum hatte er davon 1.430 Stunden absolviert. Davon entfielen 1.165 Stunden auf das Muster 747-400 und 265 Stunden auf ein breitgefächertes Spektrum einmotoriger Landflugzeuge (Cessna 150/152 und 182, Piper PA28, Robin DR400, Aquila A210), inklusive Oldtimern (Stampe & Vertongen SV4B, Max Holste MH1521 Broussard, North American T-6 (SNJ-5) , Stearman PT-17, Piper J3C Cub).

Laut einem Zeugen habe der Pilot an mehreren Tagen Rollübungen durchgeführt, um sich mit der Bedienung der YAK-11 vertraut zu machen. Einen Tag vor dem Unfall habe er Startläufe mit Abbruch durchgeführt, Flugerfahrung hatte er keine auf dem Flugzeug.

Angaben zum Luftfahrzeug

Die YAK-11 war die letzte Konstruktion von Alexander Yakovlev seiner Reihe von YAK-Jagdflugzeugen im Zweiten Weltkrieg. Sie diente vor allem der Fortgeschrittenenschulung von Jagdflugzeug-Piloten und wurde zu diesem Zweck bis Ende der 1950er Jahre eingesetzt. Das betroffene Flugzeug, Werknummer 172521, war ein tschechischer Lizenzbau (Quelle: Meier Motors GmbH).

Das Flugzeug gelangte 1988 in die USA. Die Restaurierungsarbeiten wurden dort 2005 abgeschlossen. Im Dezember 2015 erfolgte die Überführung des Flugzeuges per Container nach . Seit 2005 hatte die YAK-11 eine Flugzeit von 25 Stunden absolviert.

Das Flugzeug war ein zweisitziger Tiefdecker in Gemischtbauweise mit einziehbarem Hauptfahrwerk und festem Spornrad. Es war ursprünglich mit einem 700 PS starkem Sterntriebwerk ausgestattet. Als Mindestbesatzung war ein Pilot festgelegt.

  • Hersteller: Yakovlev, Flugzeugwerk Kunovice, ČSSR
  • Restaurierung: R. Chinnery, USA
  • Muster: YAK-11 (Let C-11, Musterbezeichnung für Produktion in
  • der ČSSR)
  • Werknummer: 172521
  • Baujahr: 1956 / 2005 (Abschluss Restaurierung)
  • Leermasse: 2.241 kg
  • Maximale Abflugmasse: 2.948 kg
  • Triebwerk: Pratt & Whitney R-1830-75
  • Propeller: Hamilton 23E50, Blätter 6801A-54 (rechtsdrehend)

Das Flugzeug hatte eine Zulassung in den USA in der Klassifikation Experimental und in der Kategorie Exhibition. Für das Flugzeug lag eine Einflugerlaubnis für den Zeitraum vom 10. August bis 07. Oktober 2016 vor und berechtigte unter anderem zum Einflug in das Gebiet der Bundesrepublik .

Die letzten technischen Prüfungen wurden am 11. Juli 2015 (Flugzeug) und am 01. November 2015 (Triebwerk) bescheinigt. Das Triebwerk und der Propeller wurden 2016 überholt. Das Flugzeug wurde am Tag vor dem Unfall mit 196,3 Litern Avgas 100LL betankt. Seine Beladung und sein Schwerpunkt lagen im zulässigen Bereich.

Meteorologische Informationen

In der Routinewettermeldung (METAR) des ca. 20 km nördlich von Speyer gelegenen Flugplatzes Mannheim (EDFM) waren um 08:50 Uhr folgende Wetterdaten veröffentlicht worden. Der Wind wehte aus 120 Grad mit einer Stärke von sechs Knoten. Die Windrichtung wurde als variabel zwischen 70 Grad und 160 Grad angegeben. Die Sicht war größer als zehn Kilometer, es gab keine Wolken unter 5.000 Fuß GND und keine Wettererscheinungen.

Die Temperatur betrug 27 Grad Celsius, der Taupunkt 15 Grad Celsius und der auf Normalnull reduzierte Luftdruck (QNH) betrug 1.019 Hektopascal. Laut den Angaben der Flugleitung des Verkehrslandeplatzes Speyer wehte der Wind zum Zeitpunkt des Starts aus 100 Grad mit sechs bis elf Knoten.

Funkverkehr

Der Sprechfunkverkehr zwischen dem Flugzeug und dem Flugplatzinformationsdienst wurde in deutscher Sprache geführt. Er enthielt relevante Informationen hinsichtlich der Entscheidungen, die im getroffen wurden.

Angaben zum

Der Verkehrslandeplatz Speyer verfügt über eine 1.677 Meter lange und 30 Meter breite Start- und Landebahn mit Asphaltoberfläche in den Richtungen 163 Grad und 343 Grad (16/34). Die verfügbare Länge der Piste beträgt in beiden Richtungen für Start und Landung 1.400 Meter. Die Piste liegt auf einer Höhe von 312 Fuß AMSL. Abb. 8 zeigt die Lage der Unfallstelle und den Startplatz.

Flugdatenaufzeichnung

Das Flugzeug war nicht mit einem Flight Data Recorder (FDR) bzw. Voice Recorder (CVR) ausgestattet. Diese Aufzeichnungsgeräte waren entsprechend der gültigen Vorschriften nicht gefordert.

Unfallstelle und Feststellungen am Luftfahrzeug

Die Unfallstelle befand sich südöstlich des Flugplatzes auf ebenem Gelände an einem Feldweg zwischen Bäumen und Sträuchern. Die Höhenlage der Unfallstelle entsprach der Flugplatzhöhe. Die direkte Entfernung zum Startpunkt betrug in Richtung 150 Grad ca. 2.100 Meter. Das Flugzeug war mit großer Längsneigung in Rückenfluglage auf den Boden geprallt.

Die Triebwerk-Propeller-Einheit war ca. 1,5 Meter tief in den Boden eingedrungen und zerstört. Zwei der drei Propellerblätter waren abgerissen, das verbliebene Blatt war sichelförmig deformiert. Eines der abgerissenen Blätter konnte trotz Suche nicht gefunden werden.

Der vordere Rumpf- sowie der sich anschließende Kabinenbereich waren durch Aufprall und Feuer zerstört. Der Gitterrumpf hinter der Kabine und das Leitwerk waren stark deformiert. Beide Tragflächen waren zerstört.

Alle Steuerflächen waren schwer beschädigt. Die Steuerstangen wiesen zahlreiche Brüche auf, die mit dem Ereignis in Einklang zu bringen waren. Die Kraftschlüssigkeit der Gestänge, Seile und Umlenkungen konnte bis in den Brandbereich des Cockpits nachgewiesen werden.

Der besonders hohe Zerstörungsgrad im Cockpitbereich ließ keine Auswertung der Instrumenten-Anzeigen sowie der Schalter- und Hebelstellungen zu. Abb. 9 zeigt das Flugzeugwrack an der Unfallstelle.

Medizinische und pathologische Angaben

Die Leiche des Piloten wurde im Auftrag der zuständigen Kriminaldirektion obduziert. Dabei wurde ein schweres Polytrauma als Todesursache festgestellt. Bei der Untersuchung konnte zudem festgestellt werden, dass zum Zeitpunkt des Absturzes eine intakte Herzkreislauffunktion des Piloten bestand. Außerdem gab es keine Hinweise für vorbestehende schwerwiegende Erkrankungen, die als Grund für den Unfall gedeutet werden können.

Brand

Das Flugzeug war beim Aufprall in Brand geraten. Der Triebwerksbereich, die Kabine und die rumpfnahen Tragflächenbereiche waren davon betroffen.

An dieser Stelle wurde der Untersuchungsbericht summarisch, d.h. ausschließlich mit Darstellung der Fakten, abgeschlossen.

Alle angegebenen Zeiten, soweit nicht anders bezeichnet, entsprechen Ortszeit. Quelle und Bilder, soweit nicht anders angegeben: BFU