Luftfracht-Unternehmen müssen bei der Digitalisierung der Abläufe stärker zusammenarbeiten. Das forderte ACD-Präsident Prof. Christopher W. Stoller beim aktuellen Treffen des Aircargo Club Deutschland anlässlich der Internationalen Luftfahrtausstellung ILA in Berlin.
„Der Druck kommt ganz klar aus Asien und unsere Unternehmen dürfen nicht warten, bis die digitalen Prozesse in der Luftfracht nur noch über Plattformen außerhalb Europas abgewickelt werden“, warnte Stoller. „Wir brauchen einen digitalen Ruck in der Luftfracht und besonders in der Exportnation Deutschland.“ Der ACD begrüßt die Ernennung der Beauftragten der Bundesregierung für Digitalisierung, um insbesondere die Einbindung der Behörden, wie etwa dem Zoll, in die digitale Prozesskette zu beschleunigen.
Digitalisierung kommt nur schleppend voran
Bei einem Treffen in der historischen Pan Am Lounge in Berlin gaben Mitglieder des ACD ihre Erfahrungen mit der schleppenden Digitalisierung weiter. Vielerorts sind Papierunterlagen noch immer der Standard oder digitale Frachtpapiere, so genannte Electronic Air Waybills (e-AWB), können nur auf einem Teil der Transportkette eingesetzt werden. Durch den zerstückelten Markt mit mehr als 60.000 Speditionen allein in Deutschland wächst die Gefahr, dass Global Player wie Alibaba oder Amazon durch ihre digitalen Plattformen den Markt an sich reißen. Chris Nielen von Europas größter Frachtfluggesellschaft Cargolux sagte: „Unser Fokus liegt auf digitalen Frachtpapieren und wir streben an, den Anteil von e-AWBs in den nächsten zwei, drei Jahren deutlich zu erhöhen.“
Klein- und mittelständische Luftfrachtunternehmen kritisierten allerdings, dass die Großen der Branche versuchen, zwar eigene Standards zu entwickeln, aber diese nicht für alle Marktteilnehmer öffnen. „Solange wir nicht an einem Strang ziehen, wird es auch in zehn Jahren keine durchgehende e-AWB geben“, sagte Dietmar Korell, Geschäftsleiter der Cargo Operation Centre GmbH in Neu-Isenburg. Auch würden nationale Regeln bei Ausbildung oder im Bereich Datenschutz den meist internationalen Luftfracht-Transport behindern.
Jan Noll von Lödige Industries berichtete dagegen von der erfolgreichen Einführung eines digitalen Cargo Management Systems bei einem Kunden. „Wir haben erste große Digitalisierungssprünge bei Finnair gemacht“, sagte der Head of Sales Air Cargo & Car Park Systems bei dem Unternehmen aus Warburg/Scherfede. Dennoch drohe Europa international den Anschluss zu verpassen. So schilderten Teilnehmer des Treffens ihre positiven Erfahrungen mit durchgängigen digitalen Frachtketten in Asien oder Lateinamerika, die es in dieser Form in Europa noch zu wenig gäbe.
Regulierungshürden in Europa
„In Europa ist die Anwendung der Datenregulierungsvorschriften eine Herausforderung,“ sagte IATA-Chef Zentraleuropa Mathias Jakobi. So würden beispielsweise einige Speditionen, die hochpreisige Güter wie Schmuck oder Uhren per Luftfracht versenden, aus Sicherheitsgründen nur verhaltenes Interesse an der Weitergabe von Daten haben. Die Pharmabranche fordert dagegen eine möglichst ununterbrochene Informationskette, um den Transport lückenlos überwachen zu können. Deshalb setzte man dort auch auf Blockchain-Technologien. Erklärtes Ziel des ACD ist es daher, die Luftfrachtbranche fit für die digitale Zukunft zu machen, so ACD-Präsident Stoller. „Deshalb werden wir den Ideenaustausch in der Branche weiter anregen, damit die Unternehmen in Deutschland den digitalen Wandel erfolgreich meistern.“