„Ich weiß auch nicht warum, aber mir geht es gut, ich komme gerade vom Laufband und bin ganz baff, wie viele Leute hier sind“ – das waren die ersten Worte von Alexander Gerst bei seinem ersten öffentlichen Auftritt seit seiner Rückkehr von der Internationalen Raumstation ISS am 10. November 2014.
Der 38 Jahre alte deutsche ESA-Astronaut wird mit stehenden Ovationen bei der Pressekonferenz von DLR und ESA im Europäischen Astronautenzentrum in Köln begrüßt. Und er wirkt erstaunlich fit – so, als sei er gar nicht 165 Tage lang mit 28.000 Stundenkilometern in 400 Kilometern Höhe über die Erde hinweg gerast.
Mit seiner Mission „Blue Dot – Gestalte die Zukunft“ hat Gerst seit dem 28. Mai 2014 Millionen von Menschen weltweit für die Raumfahrt begeistert. „Diese Begleitung und Begeisterung werde ich nicht mehr vergessen“. Er sei selbst ein wenig überrascht, dass er die Zeit in der Schwerelosigkeit und die Rückkehr zu seinem „Heimatplaneten Erde“ so gut verkraftet habe.
Kindliche Neugier half – Von Gersts Botschaft beeindruckt
Und mit einem Blick zu seinem Podiumsnachbarn Thomas Reiter, Astronaut und ESA-Direktor für Bemannte Raumfahrt und Missionen, ergänzt Gerst: „Ich bin auf den Schultern von Leuten in den Weltraum geflogen, die das vorher schon geschafft haben. Und ich hatte auch eine Portion Glück, dass ich zum Beispiel nicht krank geworden bin und wir kleinere technische Probleme mit menschlicher Intuition lösen konnten. Ich hatte es einfach, ich war der verlängerte Arm eines riesigen Teams am Boden. Ich habe meine Emotionen weitergeleitet an alle, die noch ein bisschen kindliche Neugier haben wie ich – und das sind dann doch einige gewesen. Für mich war es immer wichtig zu wissen, dass ich nicht alleine bin. Deshalb habe ich mich auch am meisten über persönliche Kontakte gefreut, zu meiner Familie, zu meinen Freunden und meinen Kollegen. Zum Beispiel über Fotos aus dem Garten, ein normales Bild, auf dem die Natur zu sehen ist.“
Mit Thomas Reiter und dem DLR-Vorstandsvorsitzenden Prof. Johann-Dietrich Wörner habe er regelmäßig vor und während der Mission Kontakt gehabt. „Normalerweise würde man den Hut ziehen“, sagte Wöner denn auch augenzwinkernd bei der Pressekonferenz und setzte sich für einen kurzen Moment noch einmal die Blue-Dot-Schirmmütze auf. „Die Grenzen, die wir sehen, spielen im All keine Rolle. Ich freue mich, dass ich die gesamte Mission von Anfang an begleiten durfte, von der Auswahl über den Start in Baikonur bis zum Abholen von Alex in Schottland und seiner Rückkehr nach Köln“, ergänzte der DLR-Vorstandsvorsitzende.
Die Parlamentarische Staatssekretärin im Bundeswirtschaftsministerium und Koordinatorin der Bundesregierung für die Luft- und Raumfahrt, Brigitte Zypries, hatte ein besonderes Geschenk für Alexander Gerst im Gepäck: Einen rosigen Apfel – als Anspielung auf seine auf der ISS geäußerte Vorfreude darauf. „Wir finden es toll, dass Sie so ein Sympathieträger im All waren. Was Sie in die Welt getragen haben, nämlich das Bewusstsein für die Verletzlichkeit unserer Erde, hat mich sehr beeindruckt“. Und mit Blick auf die am 02. Dezember stattfindende nächste ESA-Ministerratskonferenz betonte Zypries, dass „Deutschland sehr überzeugt davon ist, dass die ISS weiterbetrieben werden muss und dass wir fest davon ausgehen, dass alle ESA-Partner ihren Anteil erkennen und bereit sind, diesen zu übernehmen.“
Nach den Untersuchungen: Nächste Ziele im Visier
Bis dahin steht Alexander Gerst noch unter medizinischer Beobachtung im :envihab des DLR. „Wir brauchen Daten von vor dem Flug, wähend des Fluges und jetzt möglichst schnell nach dem Flug.“ Deshalb hat Gerst gerade jeden Tag mehrere Untersuchungen – vom MRT bis hin zum Augenhintergrund. Schließlich hätte er nichts gegen einen weiteren Raumflug: zum Mond, Mars oder auch woanders hin. „Technisch ist hier vieles möglich, es ist eher eine Entscheidungsfrage, wann wir was tun wollen. Wir dürfen uns jetzt nicht ausruhen, die ISS ist ein großartiges Forschungslabor.“
So großartig, dass Alexander Gerst sogar die Tatsache, dass bei seiner Landung am Montag das fünffache seines eigenen Körpergewichts – „knapp 500 Kilogramm“ – in der Sojus-Kapsel auf ihn einwirkten, sportlich genommen hat: „Wir haben gesehen, wie sich der Zeiger auf der Uhr immer weiter nach oben schraubte und es uns schon die Kehle zugeschnürt hat. Aber als dort 4,9 stand dachten wir alle: jetzt wollen wir auch noch die 5 schaffen – das war schon eine sehr interessante Situation. Aber das System ist verlässlich, das wussten wir, verlässlicher als dieses Mikro hier.“