Der Bardarbunga-Vulkan auf Island ist am 31. August 2014 ausgebrochen – ein effusiver Ausbruch ohne Auswürfe von Vulkanasche. Doch Messungen des Deutschen Zentrums für Luft– und Raumfahrt (DLR) zeigen seither einen kontinuierlichen Ausstoß von Schwefeldioxid (SO2).
Hohe SO2-Konzentrationen in der Atmosphäre sind ein deutliches Zeichen für vulkanische Aktivität, da es sonst außer anthropogenen Quellen keine natürlichen Emissionsquellen gibt. Die Aktuelle verteilung der Schwefeldioxid-Wolke zeigt das DLR hier in einem Animated GIF.
Das Earth Observation Center (EOC) des DLR misst in Nahe-Echtzeit die ausgestoßenen Spurengase und deren Verteilung in der Atmosphäre. Die Erdbeobachtungssatelliten MetOp-A und MetOp-B liefern den Experten tägliche Messungen über die Ausbreitung und Dichte der Schwefeldioxid-Wolke. Die Analysen zeigen, dass sich anfangs jeweils eine Wolke über Grönland, Zentral-Russland sowie Irland bewegt hat – derzeit breitet sich Schwefeldioxid über den Norden Norwegens aus.
Schwefeldioxid setzt Menschen und Flugzeugen zu
Die Spurengas-Emissionen stehen bei einigen Vulkanausbrüchen in engem Zusammenhang mit Asche-Emissionen. Die Auswirkungen von Vulkanasche auf den Luftverkehr und die lokale Bevölkerung sind spätestens seit dem Ausbruch des Gletschervulkans Eyjafjallajökull im April 2010 weithin bekannt. Schwefeldioxid kann Atemwegserkrankungen sowohl bei der Bevölkerung als auch bei den Flugzeugpassagieren verursachen. Zudem bewirkt es in Form von saurem Regen eine erhöhte Oxidation von Flugzeugteilen. Aktuell beeinträchtigen die hohen SO2-Konzentrationen des Bardarbunga die Luftqualität in Teilen von Island.
Die Aktivität des Vulkans geht derzeit unvermindert weiter. Auch ein explosiver Ausbruch des Bardarbunga ist möglich, bei dem große Mengen an Asche produziert werden könnten mit möglicherweise weitreichenden Konsequenzen für den europäischen Luftraum.
Verwendung der Daten von Wettersatelliten
Die vom DLR-EOC ermittelten Werte zeigen den SO2-Gehalt in der gesamten Atmosphärensäule – entsprechend der Nadir-Blickrichtung des Satelliten, vom Weltall durch die Atmosphäre bis hinunter zum Erdboden. Die beiden Satelliten MetOp-A und MetOp-B sind dazu mit einem UV-Spektrometer ausgestattet: Das Messinstrument GOME-2 tastet die Erdoberfläche mit einer Auflösung von 40 x 40 Quadratkilometern (MetOp-B) beziehungsweise mit einer Auflösung von 80 x 40 Quadratkilometern (MetOp-A) ab. Über die Höhe der Spurengas-Wolke gibt die Messung keine Information.
Unter der Leitung des DLR-Instituts für Methodik der Fernerkundung stellt das DLR-EOC im Rahmen von EUMETSATs Satellite Application Facility on Ozone and Atmospheric Chemistry Monitoring (O3M-SAF) operationelle Spurengasmessungen in Nahe-Echtzeit bereit – innerhalb von zwei Stunden nach der Messung. Die aufbereiteten SO2-Daten werden unter anderem von den Volcanic Ash Advisory Centres (VAACs) genutzt, die Warnungen für den Flugverkehr herausgeben.
Vulkanasche reicht für mehrere Forschungsarbeiten
Forschungsarbeiten zu den Auswirkungen von Vulkanasche auf den Luftverkehr bündelt das DLR im Projekt VolcATS (Volcanic ash impact on the Air Transport System). Dieses Projekt umfasst ein satellitengestütztes Verfahren, das kurzfristig die Ascheverteilung in der Luft bestimmt und vorhersagt sowie Beiträge für ein flexibles Luftverkehrsmanagement, mit dem aschefreie und damit sichere Bereiche für den Flugverkehr freigegeben werden können.
Ergänzend werden die noch unzureichend bekannten Folgen von Vulkanasche für Flugzeugtriebwerke untersucht sowie ein Asche-Warnsystem für Linienmaschinen entworfen. Beteiligt sind die DLR-Institute für Physik der Atmosphäre, für Flugführung, für Werkstoffforschung, für Antriebstechnik, für Flugsystemtechnik sowie die DLR-Lufttransportsysteme und die DLR-Flugexperimente.
Während des Ausbruchs des Eyjafjallajökull 2010 konnte auf Grundlage von Messflügen mit der DLR-Falcon der gesperrte Luftraum über Deutschland wieder freigegeben werden. Die Falcon ist das einzige Forschungsflugzeug in Europa, das in der Lage ist im Rahmen gesetzlicher Grenzwerte in großen Höhen und über längere Distanzen in Vulkanaschewolken einzufliegen.