Tag für Tag starten und landen sie zu Hunderttausenden am Airport: Acht fleißige Bienenvölker sind von April bis Anfang August auf dem Flughafengelände und ringsum unterwegs, um Nektar und Pollen zu sammeln.
Jetzt erntete Flughafenimker Ingo Fehr den ersten Honig dieses Jahres. „Insgesamt rund 200.000 Bienen sind in diesem Jahr im Einsatz – so viele, wie noch nie zuvor“, berichtet Ingo Fehr. 1999 schwärmten seine Insekten zum ersten Mal am Airport aus und liefern seitdem jedes Jahr rund 150 Kilogramm Honig. Zugleich aber dienen die Tiere auch als „Biodetektive“, die neben den ständigen Luftgütemessungen Hinweise auf Schadstoffe in der Umgebung geben können. „Die Biene ist sehr empfindlich gegenüber Pflanzenschutzmitteln und anderen Chemikalien“ erläutert der Imker. „Sie stirbt deshalb bei einer Belastung meist, bevor sie in den Bienenstock zurückkehrt. Mit unserem Projekt nutzen wir die Eigenschaft der Biene als Indikator und Sammler und auch die mögliche Anhäufung von Schadstoffen in Pollen, Wachs und Honig, um Immissionen in unserer näheren Umgebung überwachen und einschätzen zu können.“
Ebenso wie in den Vorjahren wurde auch diesmal der Honig von einem unabhängigen Umweltschutzlabor untersucht und als unbelastet und genusstauglich eingestuft. Der Pollen im Honig wurde ferner vom Institut für Bienenkunde in Celle untersucht. „Die chemisch-physikalischen Werte waren einwandfrei, und der geerntete Honig entsprach den Bestimmungen der deutschen Honigverordnung für Speisehonig und den Qualitätsrichtlinien des Deutschen Imkerbundes“, betont Ingo Fehr. „Er verfügt über einen honigtypischen, blumig aromatischen Geschmack und Geruch.“ Skeptikern begegnet der Imker mit Schmunzeln: „Von Kerosin ist in Geruch und Geschmack nicht die geringste Spur zu finden.“
15 Millionen Blüten für 1 kg Honig
Insgesamt liefern die Flughafenbienen jährlich rund 150 Kilogramm Honig – zu wenig, um ihn zu verkaufen. „Wir nutzen ihn deshalb überwiegend als kleines Präsent bei Empfängen und anderen besonderen Anlässen“, sagt Ingo Fehr und rechnet vor, dass eine Biene am Tag etwa 40 Ausflüge unternimmt und dabei etwa 4.000 Blüten besucht: „Um ein Kilo Honig herzustellen, sind drei Kilo Nektar notwendig. Dazu müssen die Honigbienen auf ungefähr 150.000 Flügen rund 15 Millionen Blüten finden.“ Über die Vielfalt an Nahrung am Flughafen und in den angrenzenden Gärten und Parks macht sich der Experte keine Sorgen: Das ermittelte Spektrum an Pollen reicht von Vergissmeinnicht über Linde, Ahorn, Kastanie, Stein- und Kernobst bis zu diversen Gräsern und wildem Wein. Außerdem gewährleisten die umliegenden Gewässer eine ausreichende Wasserversorgung.
Die Idee für das Bienenprojekt kam vor 16 Jahren, als Ingo Fehr – damals bereits Hobby-Imker – am Flughafen seine Diplomarbeit zum Thema „Filterung von Luftschadstoffen in Kleinlüftergeräten“ schrieb. Längst gehört der Umweltingenieur zum festen Team im Zentralbereich Umwelt von Hamburg Airport. Den Bienen ist er treu geblieben. Alle acht bis neun Tage kontrolliert er die Entwicklung der Völker. Um Einblick in den Brutraum zu erhalten, muss er dazu den Honigraum abnehmen. Ermittelt wird dann im Allgemeinen die Größe des Brutnestes und die Anzahl der Bienen sowie das Legeverhalten der Königin. Überprüft wird, ob ausreichend Honig und Pollen vorhanden sind und ob es Anzeichen von Krankheiten gibt.
Mit seinem Bienenprojekt gehörte Hamburg Airport seinerzeit zu den Vorreitern. Inzwischen sind zahlreiche andere Flughäfen dem Beispiel für das „Biomonitoring“ gefolgt.