Mehr als 400 Kilometer pro Stunde. So schnell soll der Hochgeschwindigkeits-Hubschrauber RACER (Rapid And Cost-Effective Rotorcraft) fliegen, der in Le Bourget von Airbus Helicopters auf der Paris Air Show vorgestellt wurde.
Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) ist an entscheidender Stelle bei der aerodynamischen Gestaltung der Flügel und des Höhenleitwerks beteiligt. Um die Lärmemissionen zu minimieren, haben DLR-Forscher die akustischen Eigenschaften der neuartigen Hubschrauberkonfiguration RACER analysiert, die neben dem Hauptrotor auch über zwei kleine Tragflächen mit extra Propellern verfügt. Der nun vorgestellte Technologiedemonstrator ist Teil des europäischen Luftfahrtforschungsprogramms Clean Sky 2.
Racer soll die Möglichkeiten für schnelle und kosteneffektive Hubschrauber der nächsten Generation vorführen. Dazu wird Racer verschiedene Innovationen enthalten und auf eine Reisegeschwindigkeit von über 400km/h ausgelegt, um Geschwindigkeit, Kosteneffizienz, Nachhaltigkeit und Missionsleistung optimal zu kombinieren. Die Endmontage soll 2019 beginnen, damit die Maschine im darauffolgenden Jahr zum Erstflug abheben kann.
Tragflächen für zusätzlichen Auftrieb
Der RACER-Demonstrator folgt einem sehr anschaulichen Konstruktionsprinzip, das Sicherheit und Kosteneffektivität verbindet. Das innovative „Boxwing“-Design für maximale aerodynamische Effizienz ermöglicht das Abheben im Flugmodus, während es die Passagiere im Bodenbetrieb von den seitlichen Rotoren abschirmt, die im Vorwärtsflug für Schub sorgen. Neben dem klassischen Hauptrotor sorgen zusätzliche aerodynamisch optimierte Doppeldeckertragflächen für zusätzlichen Auftrieb während des Reisefluges, wobei die an den Enden montierte Propeller den nötigen Vorwärtsschub für hohe Geschwindigkeiten liefern.
Dieses flexible Konzept eröffnet den Einsatz für ein weites Spektrum an Missionsszenarien, bei denen senkrechtes Starten und Landen, eine hohe Reisegeschwindigkeit und Effektivität in Aerodynamik und Verbrauch gefragt sind. Dies ist insbesondere im Bereich der Notfallmedizin, der Luftrettung sowie im Geschäftsflug- und Airlinebetrieb zu erwarten. Der Erstflug des Demonstrators ist für 2020 geplant.
Ausgehend vom charakteristischen Doppeldecker-Konzept, hat das DLR verschiedene Flügelentwürfe erstellt. Davon wurden in enger Zusammenarbeit mit Airbus Helicopters geeignete Designs ausgewählt und weiter optimiert. Das endgültige Design erfüllt nun alle Anforderungen und ermöglicht insbesondere die außergewöhnliche Flugleistung des Hubschraubers im gesamten Flugbereich, gleichzeitig wird der Kraftstoffverbrauch gesenkt.
Hochgeschwindigkeitshubschrauber bergen das Potenzial für zeitkritische Services bis 2030 und darüber hinaus. Im Rahmen von Clean Sky 2 bringen dutzende europäische Partner ihr Wissen und Können in dieses neue, sehr kühne Projekt Racer ein, das durch eine einfache, sichere und bewährte aerodynamische Auslegung bei angemessenem Kostenaufwand größere Geschwindigkeit und Reichweite bieten soll.
Leise Flugprofile mit Start-Stop
Schließlich wurden die akustischen Eigenschaften des Hubschrauber-Demonstrators für eine Vielzahl von Flugbedingungen analysiert. Identifizierte Flugzustände mit geringer Schallemission sollen Airbus-Helicopters und Betreibern helfen, Flugprofile mit minimalen Lärmwirkungen auf die Anwohner zu entwickeln.
Zwei RTM322-Triebwerke treiben die leistungsstarken, geräuscharmen Seitenrotoren sowie den Hauptrotor an. Der Triebwerkshersteller wird zudem einen Eco-Modus testen, um in einem Triebwerk ein elektrisches Start-Stopp-System zu simulieren, das Treibstoff einspart und die Reichweite erhöht. Der Racer erhält zudem eine Hubschrauberzelle aus Metall und Verbundwerkstoff, die Gewicht und wiederkehrende Kosten gering hält. Der neu entwickelte Hochspannungs-Gleichstromgenerator macht die Maschine nochmals deutlich leichter.
Das Racer-Projekt basiert auf dem erfolgreichen, eigenfinanzierten X3-Demonstrator, der die aerodynamische Verbundkonfiguration mit einem klassischen Hauptrotor und innovativen Seitenrotoren eingeführt hat und 472 km/h schnell flog. Der Racer soll das Konzept stärker auf den Betrieb ausrichten und zeigen, dass es sich für verschiedenste Missionen eignet, bei der höhere Geschwindigkeit und Effizienz sowohl der Bevölkerung als auch den Betreibern deutlichen Mehrwert einbringen. Dies gilt insbesondere für die notärztliche Versorgung, Such- und Rettungseinsätze sowie öffentliche und kommerzielle Versorgungs- und Transportflüge sowie private und Geschäftsflüge.
Forschungsriese DLR mit am Start
Die Forschungsaktivitäten wurden gemeinsam mit der französischen Luftfahrtforschungseinrichtung ONERA in einem Partnerprojekt zum Europäischen Vorhaben Clean Sky 2 – Airframe durchgeführt. Dabei war die ONERA für die Gestaltung der Propeller und der vertikalen Stabilisatoren verantwortlich, während die akustische Analyse gemeinsam von DLR und ONERA durchgeführt wurde.
Der Beitrag des DLR erfolgt im Rahmen des gemeinschaftlich von DLR und ONERA durchgeführten Projekts NACOR (New Innovative Aircraft COnfigurations and Related Issues). Die Forschungsarbeiten in NACOR profitieren erheblich von der Dynamik der partnerschaftlichen Forschung von DLR und ONERA, die seit 1998 über ein gemeinsames Hubschrauber-Forschungsprogramm koordiniert werden.
Mit seinen Forschungsarbeiten erweitert das DLR den Wissensstand bei Hubschraubern und stellt fortschrittliche Methoden und Technologien für zukünftige Hubschrauber bereit. Beispielsweise wurde der Racer nicht nur partnerschaftlich entworfen, sondern Airbus Helicopters setzt auch den vom DLR entwickelten Strömungslöser TAU für die aerodynamische Simulation des Racer ein. Dieses Projekt wird durch das Europäische Forschungs- und Innovationsprogramm Horizon 2020 gefördert.
Auf den Bildern
Hochgeschwindigkeits-Hubschrauber RACER: Bis zu 400 Kilometer pro Stunde schnell kann das neue Hubschrauber Modell von Airbus Helicopters dank Forschung des DLR fliegen.
Computergestützte Strömungssimulation des RACER: Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) ist beim Hochgeschwindigkeitshubschrauber RACER an entscheidender Stelle bei der aerodynamischen Gestaltung der Flügel und des Höhenleitwerks beteiligt.
Modell des RACER bei der Paris Air Show: Am 20. Juni 2017 wurde der Hochgeschwindigkeitshubschrauber RACER auf der Paris Air Show vorgestellt.
RACER mit Beiträgen des DLR und der ONERA: Der Beitrag des DLR zum Hochgeschwindigkeitshubschrauber RACER erfolgt im Rahmen des gemeinschaftlich von DLR und ONERA durchgeführten Projekts NACOR (New Innovative Aircraft COnfigurations and Related Issues).