K2: Kepler mit Handicap spürt weitere Planeten auf

Geschätzte Lesezeit: 5 Minuten

Eigentlich war das 2009 gestartete NASA-Weltraumteleskop Kepler zur Suche nach extrasolaren Planeten schon 2013 wegen zweier defekter Schwungräder außer Betrieb gesetzt worden. Doch die Missionskontrolle schaffte es, den Teleskop-Orbiter in einem veränderten Betriebsmodus auf seiner Umlaufbahn um die Sonne in eine Raumlage zu manövrieren, die eine Fortsetzung der Mission ermöglichte.

Dabei wurde der Sonnenwind zur Stabilisierung der Sonde genutzt, sodass der Mission im Mai 2014 ein „zweites Leben“ eingehaucht werden konnte, die von der mit dem Missionsnamen K2 bezeichnet wird. Wissenschaftler vom Deutschen Zentrum für – und (DLR) haben nun gemeinsam mit Kollegen anderer Einrichtungen in den K2-Daten sechs neue Planeten an anderen Sternen entdeckt, darunter federführend zwei außergewöhnliche Begleiter an einem mit der anderthalbfachen Masse der Sonne.

Feinste Lichtmessung offenbart Begleiter

Obwohl seit 1996 insgesamt mehr als 3.000 extrasolare Planeten entdeckt worden sind, gleicht keiner dieser Planeten dem anderen. Jede Neuentdeckung zeigt die Vielfalt und die Variationen bei der Entstehung und Entwicklung von Planetensystemen. Die im letzten Halbjahr bestätigten und in Publikationen veröffentlichten Planeten haben alle ihre Besonderheiten – sei es, dass neben dem Planeten auch ein Brauner Zwerg einen umkreist, oder dass der Stern ein seltener Typus ist, zu dem nur wenige Planetensysteme bekannt sind.

Ursprünglich beobachtete das Kepler-Teleskop fast fünf Jahre lang ein Feld mit etwa 190.000 Milchstraßensternen im Sternbild Schwan. In den gesammelten Daten wurden hunderte von sogenannten Transitplaneten gefunden, also Planeten, die aus der Beobachtungsperspektive vor ihrem Stern vorbeiziehen und dessen Licht bei diesem Durchgang vor dem Sternenscheibchen (dem „Transit“) um einen winzigen, aber messbaren Bruchteil abgedimmt wird.

Brauner Zwerg in langperiodischer Umlaufbahn?

Bei der Auswertung der Kepler-Daten haben Wissenschaftler um Dr. Alexis Smith vom DLR-Institut für Planetenforschung in -Adlershof unter anderem am Stern K2-99 nun zwei neue Begleiter identifiziert: K2-99 ist ein sehr eisenreicher Stern von etwa der 1,6-fachen Masse der Sonne, dessen Charakteristik schon in Richtung eines Roten Riesen geht, einem Sternenstadium, das auch der Sonne nach der Fusion allen Wasserstoffs zu Helium in fünf Milliarden Jahren bevorsteht.

„Dieser Stern wird zum einen von einem ähnlichen Planeten umkreist“, erklärt Alexis Smith, „aber im Gegensatz zum , der für einen Sonnenumlauf fast zwölf Jahre benötigt, umläuft K2-99b seinen Stern in gerade mal 18 Tagen. Interessant an K2-99 ist, dass wir auch Signale von einem zweiten Objekt in einer langperiodischen Umlaufbahn von mehreren hundert Tagen sehen, vielleicht ein Brauner Zwerg“. Braune Zwerge sind für die Astronomie von großem Interesse, weil sie die Lücke zwischen Planeten und Sternen füllen und als „verhinderte Sterne“ gelten, über die man noch nicht viel weiß.

In eineinviertel Tagen einmal um den Zentralstern

Doch nicht nur die beiden Begleiter des Sterns weckten die Aufmerksamkeit der Wissenschaftler: K2-99 ist kein gewöhnlicher Stern der Hauptreihe, sondern ein Unterriese, der etwas heller als die Sonne leuchtet. Bei solchen Unterriesen hat man bisher nur wenige Transitplaneten gefunden. Obwohl jupitergroße Planeten in engen Umlaufbahnen – auch „heiße Jupiter“ genannt – die ersten Exoplaneten waren, die man entdeckt hat, gibt es auch hier immer noch offene Fragen. Denn nicht alle Kombinationen von Planetenparametern wie hoher oder geringer Dichte und kurzer oder längerer Umlaufperiode scheinen möglich zu sein.

So füllt der vom DLR-Wissenschaftler Dr. Philipp Eigmüller und seinem Kollegen in den K2-Beobachtungen jüngst entdeckte Planet K2-60b eine solche leere Region bei den Planeten mit kleinerem Radius als Jupiter. Auch dieser Planet umkreist seinen Stern in der extrem kurzen Zeit von nur drei Tagen. Zum Vergleich: Der innerste und „schnellste“ Planet unseres Sonnensystems, der Merkur, benötigt dazu 88 Tage. Eine derart kurze, nur dreitägige Umlaufzeit hat auch ein weiterer Exoplanet, den Eigmüller und weitere Wissenschaftler bei dieser Auswertung entdeckt haben und der die astronomische Bezeichnung K2-107b erhielt. Sein Radius ist fast anderthalbmal so groß wie der des Jupiters.

Neben den vier geschilderten Planeten entdeckten die DLR-Planetenforscher gemeinsam mit deutschen, europäischen und US-amerikanischen Kollegen ferner einen neptungroßen Planeten in einem zehn-Tage-Orbit um den Stern K2-98, der wegen der Nähe zu seinem Stern im Gegensatz zum Eisriesen Neptun allerdings ein recht warmer Planet sein muss. K2-98b wird wegen dieser Sternennähe nach Berechnungen der Wissenschaftler in drei Milliarden Jahren von seinem Zentralgestirn verschluckt werden, dann nämlich, wenn sich K2-98 zu einem Roten Riesen aufgebläht haben wird. Schließlich wurde mit K2-31b ein weiterer „heißer Jupiter“ entdeckt, der seinen Stern K2-31 in sogar nur eineinviertel Tagen umkreist und die 1,8-fache Masse des Jupiters besitzt.

Auf den Bildern

Heißer Jupiter: Künstlerische Darstellung eines heißen Jupiters im Sternhaufen Messier 67.

Lichtkurve des Sterns K2-99: Lichtkurve des Sterns K2-99 gemessen über einen Zeitraum von rund drei Monaten: Die Störbeiträge durch das Instrument und den Stern wurden entfernt. Der Planet dunkelt den Stern alle 18 Tage um 0,2 Prozent ab. Legt man die vier Transitereignisse übereinander erhält man die untere Phasenkurve, die nur sehr wenig von einer Modellkurve mit eindeutigen Planetenparametern abweicht.