Sie ist eine der großen Unbekannten in der Klimaforschung: Die Aerosolwolke über dem asiatischen Sommermonsun besteht aus kleinen Tröpfchen und Staubteilchen, die in bis zu 17 Kilometer Höhe gelangen und dort auf das Klima wirken.
Ein internationales Wissenschaftlerteam unter Beteiligung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) und unter Leitung des Alfred-Wegener-Instituts (AWI) erforscht jetzt im Projekt StratoClim (Stratospheric and upper tropospheric processes for better climate predications) die Atmosphäre über Nepal mit einem Höhenforschungsflugzeug.
Am 27. Juli 2017 startete die russische M55-Geophysika zum ersten Messflug in die Stratosphäre. Im Gebiet das asiatischen Monsuns soll die Zusammensetzung der Luftmassen im Höhenbereich von 12 bis 20 Kilometer im Detail untersucht werden. Besonders interessant sind für die Forscher dabei die Quellen der bisher nur von Satelliten beobachteten Aerosolschicht.
Gigantischer Luft-Fahrstuhl
Während des Sommers hat der asiatische Monsun Einfluss auf das Wettergeschehen der gesamten Nordhemisphäre. Wie in einem riesigen Fahrstuhl werden hier enorme Mengen an Luft bis in über 16 Kilometer Höhe geschleudert. Damit erreichen sie bereits den Übergangsbereich zur Stratosphäre, dem Stockwerk der Erdatmosphäre, in dem die Ozonschicht liegt. In der Stratosphäre verweilt die im Monsun hochtransportierte Luft jahrelang und breitet sich weltweit aus. Satellitenbilder zeigen direkt oberhalb des Monsuns eine dünne Wolke aus Aerosolen, die sich über Südasien von der arabischen Halbinsel bis zur Ostküste Chinas erstreckt.
Mit ihren Instrumenten untersuchen die Wissenschaftler des DLR-Instituts für Physik der Atmosphäre den Eintrag von Aerosolvorläufergasen, insbesondere Schwefeldioxid und Stickoxiden in den oberen Luftschichten. „Am Höhenforschungsflugzeug Geophysika haben wir zwei komplexe vollautomatische Messinstrumente montiert“, erklärt DLR-Atmosphärenforscher Dr. Hans Schlager. „Ein Ionen- und Spurengas-Massenspektrometer haben wir extra für diese Forschungskampagne entwickelt.“
Kleine Partikel mit Klimaeffekt
Aerosole können erwärmend oder abkühlend auf das Klima wirken, je nach ihrer Zusammensetzung und abhängig davon, wie sie in komplexer Weise mit Wolkenbildungsprozessen wechselwirken. Der Klimaeffekt von Aerosolen gilt als einer der großen Unsicherheiten bei der Vorhersage von Klimaänderungen. „Die Zusammensetzung und Herkunft der Aerosolwolke über dem Monsun sowie die Prozesse, die zu ihrer Bildung führen, zählen zu den großen aktuellen Forschungsschwerpunkten der Atmosphärenforschung“, so Schlager. „Wir wissen bisher auch nicht, wie das Monsunsystem auf Änderungen der Emission von Luftschadstoffen oder auf Klimaänderungen reagieren wird.“
Das internationale Wissenschaftlerteam im Projekt StratoClim will diese Wissenslücke schließen. Insgesamt arbeiten mehr als 30 wissenschaftliche Organisationen aus elf europäischen Ländern, den USA, Bangladesch, Indien und Nepal zusammen. Projektleiter Markus Rex vom AWI freut sich: „Erstmals ist es uns jetzt möglich, die Zusammensetzung der Luft zu studieren, die sich nach dem Transport durch den Monsun in der Tropopausenregion und in der Stratosphäre ausbreitet.“
Das Projekt StratoClim
Nach jahrelangen Bemühungen verschiedener internationaler Forscherteams und mehreren gescheiterten Versuchen ist es dem Konsortium gelungen, Zugang zum einzigartigen Luftraum über dem Himalaya zu erhalten und erstmals Messungen mit der M55-Geophysika in Nepal, Indien und Bangladesch bis in eine Höhe von 20 Kilometern durchzuführen. Der erste Messflug am 27. Juli 2017 ist der Auftakt zu einer Serie von neun Forschungsflügen in dieser Region, die noch bis Mitte August 2017 stattfinden und von Messungen mit Höhenforschungsballonen begleitet werden, die von Nepal, Bangladesch, China, Indien und Palau aus starten.
Das Forschungsprojekt StratoClim (Stratospheric and upper tropospheric processes for better climate predictions) wird von der Europäischen Union gefördert. Es hat das Ziel, Schlüsselprozesse im Klimasystem der oberen Troposphäre und der Stratosphäre besser zu verstehen, um dadurch zuverlässigere Prognosen des Klimawandels zu ermöglichen. An dem Projekt beteiligen sich neben dem DLR mehr als 30 Forschungsinstitute und Universitäten aus 15 Ländern unter Federführung des AWI.
Auf den Bildern
M55-Geophysika in Kathmandu (Nepal): Höhenforschungsflugzeug M55-Geophysika in Nepal, Indien und Bangladesch für Höhen von 20 Kilometern.
Ankunft der Geophysika in Kathmandu: An dem einzigartigen Höhenforschungsflugzeug Geophysika haben die DLR-Wissenschaftler zwei komplexe vollautomatische Messinstrumente montiert.