Über einen Computer steuert das Instruktorenteam die klinischen Symptome bei den Patientensimulatoren ein. Kameras filmen die jeweils ca. 15-20 minütigen Simulatorsequenzen aus unterschiedlichen Perspektiven und verschiedene Mikrofone nehmen die Kommunikation im Team auf.
Der „Patient“ atmet schwer, sein Röcheln ist unüberhörbar. Dann setzt auch noch sein Herz aus. Jetzt müssen Notarzt und Rettungsassistent schnell reagieren. Es geht um Menschenleben, jeder Handgriff muss sitzen: Wiederbelebungsmaßnahmen, Infusionen verabreichen, intubieren. In diesem Fall handelte es sich glücklicherweise nicht um einen richtigen Patienten, sondern um eine mobile High-Tech-Puppe
Am vergangenen Wochenende fand ein solches Simulatortraining an der Leonberger Hubschrauberstation der DRF Luftrettung statt, um Notfälle realitätsnah zu trainieren. In den videounterstützten Nachbesprechungen weisen die Instruktoren die Teilnehmer auf ihre Handlungsstrategien am Patienten hin: Was war besonders gut? Was kann optimiert werden und warum? Seit zehn Jahren bietet die DRF Luftrettung dieses Fortbildungskonzept erfolgreich mit dem Institut für Patientensicherheit und Teamtraining InPASS an.
„Professionelle Leistungen auf höchstem Niveau können von Teams nur dann erwartet werden, wenn regelmäßig kritische Situationen im Team trainiert werden. Wir können mit dem SimMan, einer High Tech Simulatorpuppe zum Beispiel einen Herzinfarktpatienten darstellen und klinische Symptome, wie relevante Notfall-EKG-Rhythmen, abbilden. Die Teilnehmer verabreichen dem SIM-Man über Infusionsleitungen Medikamente und können wichtige therapeutische Schritte einleiten.
Realistische Szenarien – Puppe klagt über Schmerzen
Der „Patient“ kann intubiert, defibrilliert oder reanimiert werden, er kann aber auch sprechen und über Schmerzen klagen. Die Teams vergessen meist nach 2-3 Minuten, dass es sich eigentlich um eine Trainingssituation handelt, so realistisch und damit praxisrelevant sind die Szenarien. Die über 130 stattgefundenen SIM-Trainings in den vergangenen zehn Jahren und die positiven Beurteilungen unserer über 2.000 Teilnehmer zeigen, dass sich unser Konzept bewährt hat. Wir erkennen einen positiven nachhaltigen Lerneffekt, eine Verbesserung der Kommunikation im Team und damit eine Optimierung der Patientensicherheit“, erläutert Dr. Gerson Conrad, Medizinischer Abteilungsleiter Fort- und Weiterbildung der DRF Luftrettung.
Großer Lerneffekt auch für erfahrene Mediziner
„Bis zu 70 Prozent aller Zwischenfälle in der Medizin sind auf menschliche Faktoren zurückzuführen“, so Conrad. „Ursachen sind dabei in der Regel nicht mangelnde Fachkenntnisse, sondern Probleme beim Umsetzen des Wissens unter realen Bedingungen.“
Die Leonberger Besatzung ist mit dem Verlauf des Trainings sehr zufrieden. „Im Rahmen der Simulatorsequenzen waren wir als medizinische Besatzung immer wieder aufs Neue gefordert und mussten uns stets auf unvorhergesehene Zwischenfälle einstellen, wie im realen Einsatzalltag auch. Insbesondere durch die videounterstützten Nachbesprechungen ist ein großer Lerneffekt selbst bei sehr erfahrenen Notfallmedizinern gegeben“, berichtet Dr. Matthias Plattner, Leitender Arzt an der Station Leonberg.
DRF Luftrettung und Christoph 41
Die DRF Luftrettung setzt an 30 Stationen in Deutschland und Österreich Hubschrauber für die Notfallrettung und den Transport von Intensivpatienten zwischen Kliniken ein, an acht Standorten sogar rund um die Uhr. „Christoph 41″ wird in den Landkreisen Böblingen, Stuttgart, Rems-Murr, Schwäbisch-Hall, Heilbronn, Göppingen, Ludwigsburg, Enzkreis, Calw, Tübingen, Reutlingen und Esslingen alarmiert.
Über die Hubschrauberrettung hinaus führt die DRF Luftrettung weltweite Patiententransporte mit Ambulanzflugzeugen durch. Im vergangenen Jahr starteten die rot-weißen Luftretter zu insgesamt 38.180 Einsätzen.