Satellitenkommunikation hat einen wesentlichen Anteil daran, dass die Informationen, die in jedem Augenblick um die Welt gesendet werden, uns zuverlässig erreichen. Vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) geförderte Spitzentechnologie ist dazu mit an Bord des bislang größten ESA-Kommunikationssatelliten Alphasat I-XL, der am 25. Juli 2013 um 21:54 Uhr Mitteleuropäischer Sommerzeit vom ESA-Raumfahrtzentrum in Kourou (Französisch-Guyana) an Bord einer Ariane-5-Trägerrakete ins Weltall mit einem Bilderbuchstart ablegte.
In einer Höhe von knapp 36.000 Kilometern über der Erde soll der Riesensatellit in den nächsten 15 Jahren die Breitbandkommunikation im Mobilfunk revolutionieren. Schon 28 Minuten nach dem Lift-Off wurde Alphasat erfolgreich in seinen geostationären Transferorbit entlassen.
Neue Dimension von Kommunikationssatelliten
Der erste Alphasat ist eine so genannte Public-Private-Partnership (PPP) zwischen der ESA und Inmarsat, einer globalen Betreiberfirma für mobile Satellitenkommunikationsdienste. Dieser öffentlich-privaten Partnerschaft verdankt der Satellit auch das "I" in seinem Namen. Das Alphasat-Entwicklungsprojekt im Rahmen des ESA-Satellitenprogramms (ARTES 8) – an dem sich Deutschland über das DLR Raumfahrtmanagement beteiligt – verfolgt mehrere Ziele.
Die neuentwickelte Satellitenplattform "Alphabus" bedient das Marktsegment großer Satelliten mit bis zu 8,8 Tonnen Gesamtgewicht. Deutsche Zulieferer sind maßgeblich am Bau der Satellitenplattform beteiligt, die unter französischer Führung von den Hauptauftragnehmern EADS Astrium und Thales Alenia Space in Toulouse entwickelt worden ist. Deutschland ist zweitgrößter Beitragszahler im Alphabus-Entwicklungsprogramm.
"Deutschland ist ein starker Standort für die Entwicklung von innovativer Satelliten-Technologie. Auch die Leistungsfähigkeit von Alphasat bestimmen Komponenten aus Deutschland. Sie sorgen für den Transfer von Alphasat I-XL in die endgültige Position im geostationären Orbit, sind für die Lageregelung verantwortlich und sichern die Energieversorgung des Satelliten durch seine sehr großen Solarpanele", erläutert Dr. Gerd Gruppe, DLR-Vorstand zuständig für das Raumfahrtmanagement.
12 kW aus 40 Meter Solarzellen – Wesentliche Teile aus Deutschland
Der Alphasat-Solargenerator wurde bei EADS Astrium in Ottobrunn entwickelt und gebaut. Er stellt zwölf Kilowatt Leistung für den Riesensatelliten zur Verfügung. Mit jeweils vier Modulen auf der Nord- und Südfläche des Satelliten überragt er mit seiner "Spannweite" von fast 40 Metern die eines Airbus A320. "Um diese Leistung zu erreichen, waren neue und größere Panele notwendig, die in Ottobrunn auch mit Beiträgen der Münchner Firma GKN Aerospace entwickelt wurden. Der Solar Generator ist dabei von Anfang an so ausgelegt, dass er zukünftige, noch weit größere Versionen des Alphabus mit einer Gesamtleistung von bis zu 22 Kilowatt versorgen kann", berichtet Anke Pagels-Kerp, Alphasat-Projektleiterin beim DLR Raumfahrtmanagement.
Das Antriebssystem für den Transfer zum geostationären Orbit sowie Triebwerke für die Lagerregelung des Satelliten wurden von EADS Astrium in Lampoldshausen bereitgestellt. Wie bei Kommunikationssatelliten üblich, wird der Satellit von der Startrakete in einem niedrigen erdnahen Transferorbit ausgesetzt. Um seine Zielposition, den geostationären Orbit in rund 36.000 Kilometern Höhe zu erreichen, braucht auch der Alphasat ein bordeigenes, chemisches Antriebssystem. Die mit rund 2.000 Liter größten bislang für Kommunikationssatelliten hergestellten Treibstofftanks für das chemische Antriebssystem stammen vom Augsburger Unternehmen MT Aerospace. Die Reaktionsräder, die für eine stabile Ausrichtung des Satelliten im Weltall sorgen, wurden von Rockwell Collins in Heidelberg gebaut.
Laserterminal LTC: Datenautobahn direkt zwischen Satelliten
Neben der kommerziellen Nutzlast von Inmarsat bietet Alphasat I-XL zusätzlichen Platz für Technologien, die erstmals unter den besonderen Bedingungen des Weltalls im geostationären Orbit getestet werden sollen. Von den vier Nutzlasten, die zu Demonstrationszwecken mitfliegen, kommen zwei aus Deutschland: Ein Sternsensor der Firma Jena Optronik liefert hochgenaue Bahn- und Lageinformationen und unterstützt damit auch die präzise Ausrichtung des optischen Laser-Kommunikationsterminals (LCT). Im Auftrag des DLR hat die Firma Tesat federführend das LCT als Hochleistungsdaten(über)träger entwickelt und gebaut – auch in Vorbereitung für das europäische Datenrelaisübertragungssystem EDRS.
Auf Alphasat kommt ein modifiziertes LCT zum Einsatz: Es soll eine Datenmenge von 1,8 Gigabit pro Sekunde – das entspricht 130 DVDs pro Stunde – über eine sehr große Distanz von 45.000 Kilometern transportieren. Damit wird die Übertragung von Datenpaketen zwischen Satelliten im erdnahen Orbit zwischen 200 und 2.000 Kilometern Höhe und denen im geostationären Orbit in rund 36.000 Kilometern Höhe möglich. Das LCT auf Alphasat-I-XL testet diese Übertragungsart. So soll der Megasatellit Daten der beiden europäischen Erdbeobachtungssatelliten Sentinel 1A und Sentinel 2A empfangen. "Mit dieser Technologiedemonstration made in Germany stößt Alphasat I-XL das Tor zum europäischen ERDS auf – eine Datenautobahn im All, bei der Informationen zwischen den Satelliten rund um die Uhr ausgetauscht werden können", veranschaulicht DLR-Vorstand Gruppe.
Seit mehreren Jahren werden Laser-Übertragungssysteme auf Satelliten getestet. Dem deutschen Erdbeobachtungssatelliten TerraSAR-X gelang es erstmals 2007, mithilfe eines LCT Daten mit dem amerikanischen Satelliten NFIRE über eine Distanz von 5.000 Kilometern mit einer Datenrate von 5,6 Gigabits pro Sekunde auszutauschen. Damit können umgerechnet 400 DVDs pro Stunde übertragen werden.
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