COVID-19 hat gezeigt, wie wichtig der Warentransport mit dem Flugzeug für die Aufrechterhaltung der Lieferketten und die Versorgung der Bevölkerung mit lebensnotwendigen und eilbedürftigen Gütern ist. Doch Luftverkehr und Klimaschutz zu vereinen bleibt weiterhin eine Herausforderung. Bei einer virtuellen Branchenkonferenz diskutiert die Air-Cargo– und Logistik-Community die aktuelle Lage der Luftfracht.
An den deutschen Flughäfen wurden ersten Quartal 2021 acht Prozent mehr Fracht als im gleichen Zeitraum 2019 an den deutschen Flughäfen umgeschlagen. Im April stieg laut Flughafenverband ADV das Luftfrachtaufkommen auf insgesamt 458.553 Tonnen – das waren 16,5 Prozent mehr als im April 2019 und 36,6 Prozent mehr als im April 2020. Seit September 2020 liegt die Luftfrachtnachfrage an den deutschen Flughäfen sogar über der des Vorjahres. Im gesamten Jahr 2020 gingen die Frachteinladungen und -ausladungen um insgesamt „nur“ vier Prozent zurück und entwickelten sich damit etwas positiver als im weltweiten Durchschnitt. Zu dem Branchentreffen eingeladen haben der Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL), der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) und der Bundesverband Spedition und Logistik (DSLV).
Corona wirbelt Luftfahrt durcheinander
Zur dynamischen Entwicklung haben alle Teilsegmente im Luftfrachtmarkt beigetragen: das hohe Aufkommen in Standardluftfracht, die starke Nachfrage nach ad-hoc-Frachtchartern und nicht zuletzt der wachsende Online-Handel. Gehemmt wird die positive Entwicklung noch durch den Wegfall der Kapazitäten in den Passagierflugzeugen, die üblicherweise rund die Hälfte des gesamten Frachtgutes ausmachen. Damit dringend benötigte Luftfrachtkapazitäten wieder aufgebaut werden können, ist die Aufhebung der Reisebeschränkungen mit Drittstaaten notwendig. Nach dem Beschluss des Europäischen Rates zur Aufhebung dieser Reisebeschränkungen liegt es nun an der Bundesregierung, den internationalen Reiseverkehr zügig wieder zu ermöglichen.
Um das Wachstum im Air-Cargo-Segment in jedem Sinne nachhaltig zu gestalten, haben sich die Unternehmen der deutschen Luftverkehrswirtschaft das Ziel gesetzt, sowohl den Flugbetrieb als auch den Flughafenbetrieb schrittweise CO2-neutral zu gestalten. Die Branche hat dazu im Dezember 2020 mit dem „Masterplan Klimaschutz im Luftverkehr“ einen konkreten Maßnahmenplan vorgelegt. Dabei leisten sowohl Optimierungen und Innovationen beim Fliegen selbst als auch bei der Infrastruktur und den Prozessen am Boden einen Beitrag.
Moderne Flugzeuge und PtL-Kerosin
Der Austausch älterer Maschinen durch sparsamere und effizientere Flugzeuge ist laut der Verbände bis heute das wirksamste Instrument, um die Treibhausgasemissionen beim Fliegen zu senken. Neben der Flottenerneuerung sieht die Branche den Ersatz des fossilen Kerosins durch nachhaltige Flugkraftstoffe zukünftig als stärksten Hebel für CO2-neutrales Fliegen. Auf dem Weg zu einem nachhaltigen Flugkraftstoff arbeiten Luftverkehrswirtschaft, Hersteller, Anlagenbauer und Bundesregierung eng zusammen. Die langfristig auch ökologisch beste Lösung ist ein Flugkraftstoff, der aus atmosphärischem CO2 mithilfe Erneuerbarer Energien hergestellt wird.
Politik und Industrie arbeiten bereits gemeinsam daran, die Produktion von PtL-Kerosin in den nächsten Jahren auf- und auszubauen. Den gemeinsamen Fahrplan hierzu haben Politik und Industrie in ihrer gemeinsamen PtL-Roadmap festgeschrieben. Bestandteil der gemeinsamen Roadmap ist das Verständnis, dass angesichts des sehr viel höheren Preises von PtL-Kraftstoffen der Markthochlauf wettbewerbsneutral ausgestaltet werden muss. Im Gegenzug haben sich die Fluggesellschaften verpflichtet, diesen Kraftstoff auch zu vertanken.
„Innovationsprogramm Logistik 2030“
Darüber hinaus werden weitere Beiträge zu mehr Nachhaltigkeit in der Luftfracht-Logistik durch zügige Fortschritte bei der Umstellung auf digitale Frachtdokumente und beim Datenaustausch mit den zuständigen Behörden sowie bei der Umsetzung von Fördervorhaben aus dem „Innovationsprogramm Logistik 2030“ erbracht. Damit die hiesigen Unternehmen im international stark umkämpften Logistiksektor gegenüber den europäischen Nachbarn nicht ins Hintertreffen geraten, sollten Wettbewerbsnachteile etwa durch eine weitere Beschränkung von Betriebszeiten an den deutschen Frachtflughäfen oder durch uneinheitliche Security-, Zoll- und Steuerverfahren, die den Standort Deutschland unattraktiver und teurer machen, vermieden werden. Ökonomische Instrumente zur CO2-Reduktion müssen daher ebenso international ausgerichtet und wettbewerbsneutral gestaltet werden. Deutschland schwächt mit Insellösungen den eigenen Luftfrachtstandort und verfehlt auch ökologisch sein Ziel. Wirksame Fortschritte für den Klimaschutz im Luftverkehr lassen sich letztlich nur mit wirtschaftlich gesunden Unternehmen erreichen, die über die notwendigen Investitionsmittel verfügen.