Der aktuelle Studienbericht der BFU zur Kabinenluft in Flugzeugen kommt zum Schluss, dass in wenigen Fällen die Sicherheitsreserven soweit reduziert waren, dass eine hohe Unfallwahrscheinlichkeit bestand. Das Gefahrenpotenzial ist aber wohl enorm hoch: Schon 2002 hatte die US-amerikanische Luftsicherheitsbehörde FAA erkannt, dass keines der heute fliegenden Flugzeuge die existierenden Zulassungsvorschriften einhält.
„Die Aussage der BFU deckt sich mit unseren Kenntnissen über Vorfälle, bei denen ein oder mehrere Cockpitmitglieder aufgrund von Geruchsvorfällen massiv in ihrer Handlungsfähigkeit eingeschränkt waren und somit eine Gefährdung des Fluges vorlag“, so Jörg Handwerg, Pressesprecher der Vereinigung Cockpit.
Fume Events: Deutliche Beeintrachtigung für Besatzung
Weiter führt die BFU aus: „Verunreinigungen der Kabinenluft durch Fume Events (…) haben zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen von Flugzeuginsassen geführt und Mitglieder der Kabinenbesatzungen in ihrer Arbeitsleistung beeinträchtigt.“ Eine Reihe von Beispielfällen belegen diese Tatsachen, bis hin zur Bewusstlosigkeit von Crew-Mitgliedern. Auch Passagiere sind betroffen, berichtet die BFU, kam es schon zu von der BFU als „Schwere Störung“ eingestuften Fällen.
Unzureichende und inhomogene Vorschriften im Bereich der Luftversorgungsqualität aus den unterschiedlichen Quellen an Bord werden kritisiert. Die Bauvorschrift CS 25.831, die vorschreibt, dass die Kabinenluft „frei von schädlichen oder gefährlichen Substanzkonzentrationen sein muss“, wird nicht eingehalten, da die Europäische Behörde für Flugsicherheit (EASA) laut Bericht lediglich auf Kohlenmonoxid und Kohlendioxid prüft.
„Schweres Versäumnis“ der EASA
Schon 2002 hatte die amerikanische Luftsicherheitsbehörde FAA festgestellt, dass ihrer Ansicht nach kein Flugzeug heutzutage die Zulassungsvorschriften einhält. Bisher beteiligte sich die EASA, trotz Einladungen an mehreren Branchenkonferenzen zu diesem Thema, nicht und wird somit aus Sicht der Vereinigung Cockpit ihrer Aufgabe nicht gerecht. Jörg Handwerg: „Die Taktik, sich Augen und Ohren zu zuhalten, damit man nicht etwa Erkenntnisse erlangt, die Handlungen erfordern würden, ist ein schweres Versäumnis.“
Nicht nachvollziehbar bleibt, wieso der Fall einer Besatzung eines A330-200, wo es zu einem Krankenhausaufenthalt von mehr als 48 Stunden kam, nicht als Unfall, wie es das Gesetz fordert, eingestuft wurde. Das Gesetz unterscheidet nicht zwischen Diagnostik und Therapie, sondern einziges Kriterium ist ein Krankenhausaufenthalt von mehr als 48 Stunden.
Auch der Fall der Germanwings in Köln bei dem beide Piloten massive Probleme im Anflug bekommen haben, nachdem sie einen ungewöhnlicher Geruch wahrgenommen hatten, wurde unverständlicherweise nicht als Unfall eingestuft, obwohl nicht nur eine lange Erkrankung des Copiloten folgte, sondern hohe Entzündungswerte eine Organschädigung belegten, was als ein weiterer Grund für eine Einstufung als Unfall gereicht. Nicht nur die Zulassungsbehörde EASA, sondern auch Hersteller müssten endlich ihre Hausaufgaben machen, um die Risiken für Flüge und Gesundheit von Passagieren und Besatzungen zu vermeiden, so Jörg Handwerg.