Österreich will Optionen für Luftraumsicherung evaluieren

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Mario Kunasek, Verteidigungsminister Österreichs, hat eine Evaluierungskommission zur umfassenden Prüfung aller Optionen zur zukünftigen Sicherstellung einer aktiven Luftraumüberwachung für das Land eingesetzt.

Derzeit wird der österreichische Luftraum durch ein Zwei-Flotten-System überwacht: durch das Überschallflugzeug Eurofighter Typhoon der Tranche 1 (Eurofighter) und in Ergänzung durch das Unterschallflugzeug 105 OE. Das Unterschallflugzeug 105 OE muss ab 2020 außer Dienst genommen werden, da zu diesem Zeitpunkt das Ende der Lebensdauer des Fliegers erreicht wird.

Luftraumüberwachung Östereichs mit einheitlicher Flotte

Die vom vormaligen Bundesminister Hans-Peter Doskozil eingesetzte SOKO „Aktive Luftraumüberwachung“ hatte sich im Juli 2017 für die Sicherung des österreichischen Luftraums durch ein Ein-Flotten-System ausgesprochen. Auf Basis des SOKO-Berichts wurde im Jahr 2017 vom vormaligen Bundesminister Hans Peter Doskozil angestoßen, die derzeit im Einsatz befindlichen 15 nicht mehr weiter zu betreiben und in Zukunft Österreichs Luftraum zu 100 Prozent durch ein Ein-Flotten-System mit einer Flotte von 15 einsitzigen und drei doppelsitzigen alternativen Überschallflugzeugen zu sichern.

Bis spätestens Ende Juni 2018 soll die Evaluierungskommission nun einen Bericht vorlegen, in dem unter Berücksichtigung aktueller Informationen sowie der Ergebnisse der Sonderkommission „Aktive Luftraumüberwachung“ (SOKO) vom Juni 2017 konkrete Empfehlungen für die zukünftige Sicherung des österreichischen Luftraums durch Überschallflugzeuge darzustellen sind. Gleichzeitig soll mit Nachdruck sichergestellt werden, dass der Schaden, der der Republik aus den Vorgängen rund um die Beschaffung der „Eurofighter“ im Jahr 2003 und 2007 entstanden ist, von Defence and Space GmbH () und der Eurofighter Jagdflugzeuge GmbH (EF) wieder gutgemacht wird.

Neutralität und Souveränität Österreichs

Verteidigungsminister Mario Kunasek: „Der Schutz der Neutralität und Souveränität Österreichs ist die wichtigste Aufgabe des Österreichischen Bundesheeres. Die Sicherung des österreichischen Luftraums durch eine aktive Luftraumüberwachung ist ein notwendiger Bestandteil davon. Ich habe daher eine Evaluierungskommission eingerichtet, die alle vernünftigen Optionen der Sicherung unseres Luftraums noch einmal auf den Prüfstand stellen wird. Als Verteidigungsminister ist es meine Pflicht, dass ich die für die Luftflotte anstehenden Entscheidungen auf einer aktuellen und transparenten Grundlage vorbereite. Seit dem Bericht der SOKO Aktive Luftraumüberwachung, der im Juli 2017 dem vormaligen Bundesminister Hans-Peter Doskozil vorgelegt wurde, sind acht Monate vergangen. Heute liegen uns für die anstehenden Entscheidungen weitere Informationen vor, die eine Neubewertung erfordern.“

Nach Vorlage der Ergebnisse der SOKO „Aktive Luftraumüberwachung“ wurden dem BMLV von der schwedischen und amerikanischen Regierung weitere Preisauskünfte übermittelt und von den Eurofighter Core Nations Großbritannien sowie Italien Gesprächsangebote unterbreitet, die es zu evaluieren gilt. Auch wurde angeboten, die laufenden Betriebskosten der Eurofighter neu zu verhandeln.

Ergebnisoffener Auftrag zur Luftraumsicherung

Generalstabschef General Othmar Commenda hat im Auftrag des Bundesministers einen Vorschlag zur Zusammensetzung der Evaluierungskommission unterbreitet, den Bundesminister Kunasek angenommen hat. Geführt wird die sechsköpfige Evaluierungskommission von Generalleutnant Norbert Gehart, dem Leiter der Sektion III, zuständig für Rüstung und Beschaffung im BMLV. Ihm zur Seite steht als stellvertretender Leiter der Kommandant der Luftstreitkräfte Generalmajor Karl Gruber.

In die Arbeit der Evaluierungskommission werden die Ergebnisse von vier Arbeitsgruppen einfließen, deren jeweilige Leiter als Mitglieder in der Evaluierungskommission vertreten sind. Der Evaluierungskommission wird als externer Rechtsberater für Vergaberecht und Compliance auch ein Prokuraturanwalt der Finanzprokuratur angehören. Darüber hinaus steht der Evaluierungskommission ein Vertreter des Bundesministeriums für Finanzen sowie des Bundesministeriums für Verkehr, Innovation und Technologie beratend zur Seite.

Bedarf und Kosten: Hoffnung für Eurofighter?

Die Evaluierungskommission hat den Auftrag, die im Bericht der SOKO „Aktive Luftraumüberwachung“ vom 30.06.2017 dargestellten Varianten unter Einbeziehung allfälliger neuer Optionen und aller verfügbaren aktuellen Informationen zu untersuchen und zu bewerten. Die Empfehlungen, die der Rechnungshof in den letzten Jahren im Bereich Rüstung und Beschaffung abgegeben hat, sind dabei zu berücksichtigen. Ziel ist die uneingeschränkte Einsatzfähigkeit der Überschallflugzeuge bei Tag und bei Nacht, die Herstellung der Reaktionsfähigkeit auf das unbefugte Eindringen nicht kooperativer Kampfflugzeuge durch die Ausrüstung der Abfangjäger mit einem zeitgemäßen Selbstschutzsystem und Allwetterlenkwaffen sowie die hundertprozentige Abdeckung der Luftraumüberwachung durch Überschallflugzeuge. Die aktualisierten Budgetbedarfsprognosen (2020/2030/2040/2050) für jede Variante werden auf Basis 20-, 30- und 40-jähriger Systemlebenszyklen berechnet. Der Bericht der Evaluierungskommission soll bis spätestens 30.06.2018 vorliegen.

Kunasek: „Meine Vorgabe ist klar: Alle rechtlich zulässigen Optionen sind zu prüfen. Die zukünftige Lösung soll militärisch und sicherheitsstrategisch eine Verbesserung zum Status Quo bringen. Mein Ziel ist eine gemeinsame, rasche Entscheidung der Bundesregierung in dieser für Österreichs Sicherheit so wichtigen Frage.“

Nachhaltige Bereinigung aus Beschaffung der Eurofighter

Auf Grundlage des Berichts der Task Force Eurofighter vom 12.02.2017 wurde vom Bundesministerium für Landesverteidigung und Sport am 16.02.2017 eine Sachverhaltsdarstellung bei der Staatsanwaltschaft eingebracht, in der unter anderem der konkrete Verdacht von betrügerischen Handlungen durch Airbus und EF ausgeführt wurde. Die Republik hat darin den ihr bis 2016 durch die arglistigen Täuschungshandlungen entstandenen Schaden mit jedenfalls 183,4 Mio. Euro und bis zu 1,1 Mrd. Euro beziffert. Die Staatsanwaltschaft hat in der Folge zu Geschäftszahl 617 St 1/17z unter anderem gegen diese beiden Unternehmen ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts des schweren Betrugs eröffnet. Die Republik Österreich, vertreten durch die Finanzprokuratur, hat sich diesem Strafverfahren als Privatbeteiligte angeschlossen.

Der Nationale Sicherheitsrat hatte am 28.02.2017 die Vorgehensweise und damit die Anspruchserhebung des Bundesministeriums für Landesverteidigung und Sport gegen Airbus und EF unterstützt und in einem einstimmigen Beschluss die damalige Bundesregierung aufgefordert, „den möglichen Schaden, der der Republik durch den begründeten Betrugsverdacht gegen Airbus entstanden ist, am Rechtsweg einzufordern“. Gleichzeitig wurde die Bundesregierung ersucht, „den eingeschlagenen Weg konsequent weiterzugehen.“

Der Leiter der Task Force Eurofighter Generalmajor Hans Hamberger und der Präsident der Finanzprokuratur Wolfgang Peschorn sind beauftragt, weiterhin mit Nachdruck die Interessen der österreichischen Steuerzahler und des Verteidigungsministeriums zu vertreten. Wolfgang Peschorn, Präsident der Finanzprokuratur: „Die Republik Österreich wurde durch die in der Sachverhaltsdarstellung ausgeführten Vorgänge geschädigt. Mittlerweile hat Airbus gegenüber der Staatsanwaltschaft ihr Aufsichtsversagen eingeräumt und sich zur Zahlung eines Bußgeldes von 81 Mio. Euro verpflichtet. Die Republik Österreich hat einen Anspruch auf Wiedergutmachung gegen Airbus und EF, der im Auftrag des Bundesministers Mario Kunasek auch weiter konsequent verfolgt wird.“