Nachdem Lufthansa zur Gewinnmaximierung in den letzten Jahren sukzessive immer mehr profitable Arbeitsplätze von Deutschland ins Ausland verschoben hat, wurde laut Pilotenvereinigung Cockpit (VC) im letzten Jahr der Angriff auf die Versorgungssysteme aller Lufthansa Mitarbeiter begonnen. Diese treffe nicht ausschließlich die Cockpitmitarbeiter, hier solle lediglich damit begonnen werden.
Für jeden Piloten wurde während der Firmenzugehörigkeit Geld in einen Topf bezahlt, der es ermöglicht, frühestens ab dem 55. Lebensjahr den Beruf aufgeben zu können. Menschen altern unterschiedlich schnell und die Belastungen im Beruf des Piloten sind nicht zuletzt aufgrund der ständigen Zeitverschiebungen, der Nachtflüge, des Extremschichtdienstes der Klimaverschiebungen etc. sehr hoch. Deshalb muss es den Piloten möglich sein individuell entscheiden zu können, ob sie sich den Belastungen noch gewachsen fühlen. Das ist auch im Interesse der Sicherheit der Passagiere, denn wer möchte mit Piloten fliegen müssen, die sich nicht mehr fit fühlen, aber aus finanziellen Gründen weiterfliegen müssen?
Geld aus Rücklagen würde zum Ertrag, als Einmaleffekt
Aber kann sich das Unternehmen angesichts des harten Wettbewerbs noch eine kostspielige Übergangsversorgung leisten? Die Übergangsversorgung ist für das Unternehmen laut VC fast kostenneutral. Das ergibt sich durch die Tatsache, dass die älteren Kollegen ein höheres Gehalt bekommen als die Jungen. Gehen die Älteren in die Übergangsversorgung, werden an deren Stelle junge Piloten eingestellt und nachgeschult. Dies senke die Kosten pro Durchschnittspilot und somit die Cockpit-Personalkosten deutlich ab.
Das Management der Lufthansa möchte die Unternehmensgewinne und somit die Dividende der Aktionäre dennoch massiv steigern. Dazu wurden im Rahmen des Umstrukturierungsprogrammes "SCORE", sämtliche Versorgungstarifverträge aller Lufthansa-Mitarbeiter gekündigt. Neben der Betriebsrente erhält das Cockpit und Kabinen-Personal zusätzlich eine Übergangsversorgung, welches ein Ausscheiden vor der gesetzlichen Regelaltersgrenze ermöglicht. Dies ist nötig, denn Piloten ist es gesetzlich nicht erlaubt bis zu dieser Grenze zu arbeiten.
Eine Abschaffung der Übergangsversorgung ist deswegen für das Management interessant, weil es bedeuten kann, dass im Rahmen von Rückstellungen angesparte Geld der Mitarbeiter aufzulösen. Dies wäre jedoch nur ein Einmaleffekt.
Drei Tage Streik für einen Milliarden-Wert
Piloten, die bereits seit 20 oder 30 Jahren im Unternehmen sind fühlen sich betrogen. Als sie anfingen, war Teil ihres Vertrages die Möglichkeit ab frühestens dem 55. Lebensjahr aufhören zu können. Die dafür erforderlichen Gelder waren über die Jahre hinweg ein fester Bestandteil des Gehaltes. Nun, teils kurz vor dem Ausscheiden, versucht das Management ihnen diese Versorgung zu streichen und sie faktisch dazu zu zwingen, bis zu acht Jahre länger zu arbeiten. Ganze Lebensplanungen würden so mit einem Streich zunichte gemacht, dagegen wehren sich die Piloten.
Die Rückstellungen für die Übergangsversorgung, die sich das Management einverleiben möchte, betragen mehr als eine Milliarde Euro. Die finanzielle Versuchung für das Management ist also sehr groß, außerdem strategisch wichtig um in der weiteren Diskussion bei anderen Sozialleistungen weitere Zugeständnisse von Kabine und Boden zu verlangen. Es geht um viel, sehr viel.
Das Management zeigt sich laut VC als Wolf im Schafspelz. In der Öffentlichkeit versucht man sich als verhandlungsbereit darzustellen. Davon ist am Tariftisch leider nichts zu verspüren. So wurden in den letzten drei Runden immer wieder nur die gleichen Forderungen vorgetragen, die de facto bedeuten würden, dass die Piloten in den nächsten Jahren mindestens bis zum 63. Lebensjahr arbeiten müssten und somit keine Möglichkeit mehr hätten vorzeitig den Dienst zu beenden, falls gewünscht. Der Vorschlag der Vereinigung Cockpit bei dem die Kosten auf aktuellem Niveau gedeckelt würden, wurde seitens des Managements nicht ernsthaft in Erwägung gezogen.
Passagiere nicht das Ziel – Auffang-Flüge durch andere Airlines
Die Piloten bedauern alle Unannehmlichkeiten für die Passagiere. Es ist im Dienstleistungssektor nicht möglich einen Streik durchzuführen, ohne dass Menschen davon betroffen sind. Es liegt in der Verantwortung der Lufthansa ihren aggressiven gegen das Personal gerichteten Profit-Maximierungskurs aufzugeben und einen konstruktiven Weg einzuschlagen. So können Streiks verhindert werden.
Um die Auswirkungen auf die Passagiere zu minimieren, hat die Vereinigung Cockpit außerdem Piloten ausländischer Airlines über den Weltpilotenverband (IFALPA) aufgefordert, die Durchführung zusätzlicher Flüge zu unterstützen.