Zum ersten Mal schoss die Kamera an Bord der Raumsonde DAWN am 11. Mai 2011 ein Foto von Asteroid Vesta. Der Himmelskörper erschien trotz eines Durchmessers von 530 Kilometern gerade einmal als weißer Punkt auf der Aufnahme. Aber nach der Ankunft kreiste die Sonde um den unregelmäßig geformten Asteroiden und nahm tausende von Fotos aus nächster Nähe auf.
Immerhin war sie zunächst noch 975.000 Kilometer von ihrem Ziel entfernt, schließlich kreiste sie aber nur noch in einer Höhe von 210 Kilometern um den Himmelkörper. Das Ergebnis der aufwändigen Mission, ein Atlas des Asteroiden Vesta, wird nun für die Öffentlichkeit online gestellt.
"Diesen Atlas aus den vielen Aufnahmen zusammenzustellen, war eine mühsame Arbeit", sagt Dr. Thomas Roatsch vom Deutschen Zentrum für Luft– und Raumfahrt (DLR), wo die gewonnen Daten während der Mission zu Karten und Höhenmodellen verarbeitet wurden.
Unerwartet komplexe Geologie von Vesta
Asteroid Vesta erwies sich für die Planetenforscher ein wenig als "Wundertüte": Drei übereinanderliegende Krater, die schnell den Spitznamen "Schneemann" erhielten, Einschlagskrater, wie man sie bisher nicht kannte, Täler, Canyons und ein Berg, der drei Mal so hoch wie der Mount Everest ist – der Asteroid zeigt die unterschiedlichsten Formen und versetzte die Wissenschaftler ins Staunen.
"Wir hatten nicht mit einer derart komplexen Geologie gerechnet. Allein die Topografie mit Höhenunterschieden von bis zu 20 Kilometern spricht für eine gewaltige Dynamik der Oberflächengestaltung, ebenso wie die Unterschiedlichkeit und Vielfalt der Einschlagskrater, die Täler und Canyons, die Vesta umspannen, und die großen Helligkeitsunterschiede des Oberflächenmaterials", sagt Prof. Ralf Jaumann vom DLR-Institut für Planetenforschung.
Extreme Geländeunterschiede nebeneinander
Aus der Datenflut der Kamera entstand nach und nach eine "Weltkarte" von Vesta, auf der wie bei einer normalen Landkarte ein Zentimeter ungefähr zwei Kilometern auf der Asteroidenoberfläche entspricht. Rund 10.000 Einzelaufnahmen wurden für den Atlas verwendet, um aus diesem Mosaik ein Gesamtwerk zu schaffen. "Für jedes Kartenblatt der Serie haben wir etwa 400 Aufnahmen der Kamera verwendet", erläutert Planetenforscher Thomas Roatsch, der den Atlas auf dem European Planetary Science Congress (EPSC) in London präsentiert.
"Der Atlas zeigt, wie extrem das Gelände auf einem eher kleinen Himmelskörper ist. Auf dem Kartenblatt mit dem Südpol Vestas zum Beispiel ist der 18 Kilometer tiefe Krater Severina zu sehen und nur hundert Kilometer davon entfernt türmt sich ein sieben Kilometer hoher Berggipfel auf." Die Gesamtansicht von Vesta mit den verschiedenen Kartenregionen ist auf einem der Bilder zu sehen (Quelle: NASA/JPL-Caltech/UCLA/MPS/DLR/IDA)
Raumsonde Dawn fliegt mittlerweile schon längst wieder durch den Weltraum: Noch 46.397.129 Kilometer, dann wird sie 2015 mit Asteroid Ceres ihr zweites Missionsziel erreichen. Während Vesta ein "trockener" Asteroid mit einem nur geringen Anteil Wassereis ist, erwartet die Planetenforscher mit Ceres ein "nasser" Asteroid. Beide werden aber den Forschern einen Einblick in die früheste Zeit des Sonnensystems geben, weil sie sich nicht vor 4,56 Milliarden Jahren zu Planeten formten, sondern durch Jupiters Schwerkraft davon abgehalten wurden.
Kameratechnik vom DLR in Katlenburg-Lindau
Die Mission DAWN wird vom Jet Propulsion Laboratory (JPL) der amerikanischen Weltraumbehörde NASA geleitet. JPL ist eine Abteilung des California Institute of Technology in Pasadena. Die University of California in Los Angeles ist für den wissenschaftlichen Teil der Mission verantwortlich.
Das Kamerasystem an Bord der Raumsonde wurde unter Leitung des Max-Planck-Instituts für Sonnensystemforschung in Katlenburg-Lindau in Zusammenarbeit mit dem Institut für Planetenforschung des Deutschen Zentrums für Luft– und Raumfahrt (DLR) in Berlin und dem Institut für Datentechnik und Kommunikationsnetze in Braunschweig entwickelt und gebaut. Das Kamera-Projekt wird finanziell von der Max-Planck-Gesellschaft, dem DLR und NASA/JPL unterstützt.