Heute vor 25 Jahren starteten der Physiker Hans Schlegel und der Raumfahrtingenieur Ulrich Walter an Bord der US-Raumfähre Columbia zur zweiten deutschen Spacelab-Mission – D-2. Der 26. April 1993 ist Hans Schlegel, Ulrich Walter und ihren amerikanischen Crew-Kollegen der zweiten deutsch-amerikanischen Spacelab-Mission noch heute in lebhafter Erinnerung.
In Deutschland begann die Astronauten-Ausbildung von fünf deutschen Wissenschaftlern für die D-2-Mission 1988. Dabei waren die zwei ersten deutschen Astronautinnen, Renate Brümmer und Heike Walpot, sowie Ulrich Walter, Gerhard Thiele und Hans Schlegel. Nach zweieinhalb Jahren schlossen alle erfolgreich die Basisausbildung ab und es folgte die D-2-Missionsausbildung in Deutschland, Europa und den USA. Anfang 1992 wurde die Flugmannschaft benannt.
Astronauten auf Reserve
Renate Brümmer und Gerhard Thiele wurden als Ersatz trainiert und Heike Walpot als „Crew Interface Coordinator“, die die Anweisungen des Kontrollzentrums für die Experimente – also vom GSOC in Oberpfaffenhofen aus – zum Shuttle weitergab. Hans Schlegel: „Die Experimentfülle der D-2-Mission erforderte eine akribische, mehrjährige Vorbereitung, bei der alle beteiligten Teams mit ihrer jeweiligen Expertise unsere Mission planten.“ Beteiligt waren außer den Astronauten Wissenschaftlergruppen aus aller Welt und verschiedene Kontrollteams von jeweils mehreren Hundert Spezialisten.
„Für mich persönlich zählt die Vorbereitung und Durchführung der D-2-Mission zu den erlebnisreichsten und intensivsten Abschnitten meiner heute 66 Lebensjahre“, berichtet Hans Schlegel, der als deutscher Nutzlastspezialist zur Crew von D-2 gehörte. Sein Mitflieger und Astronauten-Kollege Ulrich Walter bringt die Mission mit dem amerikanischen Forschungslabor Spacelab so auf den Punkt: „Wenn ich heute eine möglichst effektive Wissenschafts-Mission organisieren müsste mit einer optimalen Crew dazu, dann würde ich sie genauso wieder machen.“
Sofort „Yes“ gesagt
Heute vor 25 Jahren starteten der Physiker Hans Schlegel und der Raumfahrtingenieur Ulrich Walter an Bord der US-Raumfähre Columbia zur zweiten deutschen Spacelab-Mission – D-2: „Der Bindestrich wurde hinzugefügt, um eine Verwechslung mit einem damaligen deutschen Telefonanbieter zu vermeiden“, erklärt Schlegel. Nach mehreren Verschiebungen aufgrund technischer Probleme hob die Columbia schließlich am 26. April 1993 um 18:51 Uhr Mitteleuropäischer Zeit vom Kennedy Space Center in Florida ab. Aus der ursprünglich für neun Tage geplanten Mission wurden dann sogar zehn Tage, bis die Crew am 06. Mai 1993 auf der Edwards Air Force Base in Kalifornien landete und wieder festen Boden unter den Füßen hatte.
Neben den Deutschen Schlegel und Walter gehörten die NASA-Astronauten Steven Nagel (Kommandant), Terence „Tom“ Henricks (Pilot) sowie die Missionsspezialisten Jerry Ross, Charles Precourt und Bernard A. Harris zur Crew. So bekam Jerry Ross ausgerechnet am 01. April 1991 den entscheidenden Anruf, und es war kein Scherz: „Ich befand mich gerade in Quarantäne im Johnson-Space-Center der NASA in Houston, vier Tage vor meiner dritten Space Shuttle-Mission STS-37, als ich gefragt wurde, ob ich als Payload Commander meinen vierten Raumflug mit D-2 starten könne – ich zögerte keinen Moment und sagte sofort zu. Im Mai 1991 kam ich dann nach Deutschland und in den darauffolgenden eineinhalb Jahren bis zum Start von D-2 verbrachte ich zusammen mit Bernard Harris etwa die Hälfte der Zeit in Deutschland. Es waren fast 90 Experimente aus elf Ländern vorzubereiten – wir hatten also kurz gesagt wirklich viel zu tun. Aber würde ich heute, 25 Jahre später, noch einmal gefragt: ich würde es sofort wieder tun!“
Betreuung aus Oberpfaffenhofen
Die Deutsche Agentur für Raumfahrtangelegenheiten (DARA) war als Vorgängereinrichtung des heutigen DLR Raumfahrtmanagements in Bonn für die deutsche Experiment- und Missionsplanung verantwortlich. In Köln steht das Europäische Astronauten Zentrum EAC, dessen Bau während der Vorbereitung der D-2-Mission stattfand. Direkt daneben befindet sich auf dem DLR-Gelände eines der europäischen Nutzer-Unterstützungszentren, das MUSC (Microgravity User Support Center), das aus dem Bodenbegleitprogramm der D-2-Mission entwickelt wurde. Und im Deutschen Raumfahrtkontrollzentrum des DLR in Oberpfaffenhofen wurde die Mission rund um die Uhr betreut. Die erste Mission im heutigen Gebäude war die D-2 Mission.
„Die D-2-Crew hat in zehn Tagen unglaubliche 88 Experimente erfolgreich im Spacelab absolviert. 61 Experimente stammten dabei aus Deutschland. Nach Sigmund Jähn, dessen 40-jähriges Erstflug-Jubiläum wir im August 2018 feiern, den Spacelab-Flügen von Ulf Merbold und der D1-Mission war die D-2-Mission im April 1993 ein essenzieller Meilenstein für die deutsche astronautische Raumfahrt„, erklärt Dr. Walther Pelzer, Vorstand für das DLR Raumfahrtmanagement.
Kontrollstellen am Boden
Das deutsche Kontrollzentrum (GSOC) betreute die Durchführung der Experimente in Zusammenarbeit mit dem US-amerikanischen Payload Kontrollzentrum in Huntsville. Das Missionskontrollzentrum (MCC) in Houston war zuständig für den Betrieb des Space Shuttle Columbia und das Launch-Kontrollzentrum am Kennedy Space Center für die Vorbereitung des Shuttle bis hin zu den ersten Sekunden des Fluges.
Bei der D-2-Mission hatte Deutschland die Verantwortung für die gesamte Nutzlast – für Programmatik, Management und die operationelle Durchführung. Walther Pelzer: „Damals wie heute werden gemeinsam mit den Forschern Experimente so entwickelt, dass diese in Schwerelosigkeit durchführbar sind und in Forschung und Anwendung neue Erkenntnisse auch für unser Leben auf der Erde bringen“.
Prof. Hansjörg Dittus, DLR-Vorstand für Raumfahrtforschung und -technologie, ergänzt: „Die D-2-Mission ist nicht nur eine „historische“ Mission, auf die wir nach 25 Jahren nostalgisch zurückblicken – die Ergebnisse der wissenschaftlichen Arbeiten haben vielmehr bis in unsere heutige Forschung eine Wirkung.“ So wurde beispielsweise mit dem DLR-Roboterarm ROTEX zum ersten Mal in der Geschichte der Raumfahrt ein Roboter im All von der Erde aus ferngesteuert. „Damit nahm eine Reihe von erfolgreichen Experimenten ihren Anfang, bei der Mensch und Roboter zu einem Team wurden“, so Dittus weiter.
Heute können Astronauten von der ISS aus Aufgaben an den Roboter „Rollin‘ Justin“ des DLR erteilen, die dieser mit künstlicher Intelligenz plant und ausführt. Das DLR in Oberpfaffenhofen ist auch in der kommenden Woche eine Station der D-2-Crew: Am 04. Mai 2018 trifft der Bayerische Ministerpräsident Dr. Markus Söder die Astronauten und Missionsmitarbeiter im Deutschen Raumfahrtkontrollzentrum.
Die Experimente der D-2-Mission
Die 88 Experimente der D-2-Mission kamen aus 11 unterschiedlichen Forschungsdisziplinen: Kommunikation, Automation und Robotik, Astronomie, Erdbeobachtung, Biophysik, Oberflächenstabilität, Mechanik, Physik, Kristalle, Biologie und Humanphysiologie. 61 Experimente stammten aus Deutschland, sieben aus Frankreich, vier aus Dänemark, vier aus Japan, drei aus Italien, zwei aus Belgien, zwei aus den Niederlanden, zwei aus den USA und jeweils ein Experiment kam aus Spanien, Schweden und der Schweiz.
Auf den Bildern
Start des Space Shuttle Columbia zur D2-Mission: Am 26. April 1993 startete das Space Shuttle Columbia zur zehntägigen D2-Mission. Während der Mission wurden 88 Experimente im Spacelab durchgeführt.
Hans Schlegel während der D2-Mission, Astronaut im Spacelab: An seiner Stirn trägt er ein Ultraschallmessgerät. Mit dem Experiment AR-TISSU wurden Gewebedicke und Gewebestabilität entlang der Körperachse unter Mikrogravitationsbedingungen erforscht. Die Aufnahme entstand während der D2-Mission 1993.
Wissenschaft auf dem Fahrrad-Ergometer: Astronaut Ulrich Walter analysierte seine Atemluft, während er auf dem Fahrrad-Ergometer fuhr. Das Experiment ist eines von 88, die auf der D2-Mission 1993 durchgeführt wurden.
Ulrich Walter im Spacelab: Astronaut Ulrich Walter gehörte zum dem Team, das am 26. April 1993 mit der D2-Mission ins Weltall startete.
Schichtdienst für die D2-Mission: Im Raumfahrtkontrollzentrum des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) waren die Konsolen während der D2-Mission rund um die Uhr besetzt. Von dort aus überwachten und steuerten die Ingenieure die gesamten Experimente.
Blick auf die Erde: An Bord der D2-Mission befanden sich zwei Kameras. Eine war auf die Milchstraße ausgerichtet, die zweite nahm Fotos von der Erde auf.
D2-Crew: Die Crew der deutschen D2-Mission: Hans Schlegel, Ulrich Walter, Steven Nagel, Terence Hernicks, Jerry Ross, Charles Precourt und Bernhard Harris.
DLR-Vorstand trifft Mitglieder der D-2-Mission auf der ILA: 25 Jahre nach der D-2-Mission werden Mitglieder der damaligen Crew von Vorständen des DLR auf der ILA begrüßt (von links nach rechts): Prof. Hansjörg Dittus, DLR-Vorstand für Raumfahrtforschung und –technologie, Payload Commander Jerry Ross, Nutzlastspezialist Hans Schlegel, Nutzlastspezialist Ulrich Walter, Pilot Tom Hendricks, Missionsspezialist Bernard A. Harris und Dr. Walther Pelzer, Vorstand für das DLR Raumfahrtmanagement