Airbus wertet WTO-Entscheid als Erfolg

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Das WTO-Berufungsgremium hat nun die erste von zwei Entscheidungen veröffentlicht, die in diesem Jahr im Streit zwischen den USA und der EU um Subventionen für große Verkehrsflugzeuge erwartet werden.

Beim ersten Entscheid handelt es sich um den Abschlussbericht des Berufungsgremiums zur Umsetzung des im Fall (DS316) getroffenen früheren Urteils der Welthandelsorganisation (World Trade Organisation, WTO) durch die EU. Der zweite Entscheid, der den Fall behandelt, wird erst in der zweiten Jahreshälfte erwartet.

Regeln sollen ganz eingehalten werden

In seinem Bericht bestätigt das Berufungsgremium die Rechtmäßigkeit der Darlehenspartnerschaft zwischen und den europäischen Regierungen. Das WTO-Panel bestätigt ferner frühere Untersuchungsergebnisse, nach denen rückzahlbare EU-Darlehen für Entwicklungskosten (repayable launch investments – RLI) in der zivilen – und keine verbotene Subvention darstellen und nur wenige Anpassungen erforderlich sind, um vollständige Konformität zu erreichen. Die WTO hat inzwischen 94 Prozent der ursprünglichen Klagen von Boeing vollständig abgewiesen.

Die WTO sieht die finanzielle Unterstützung für die Programme und bereits in vollem Einklang mit den Bestimmungen, im A380-Programm bestehe lediglich geringfügiger Nachbesserungsbedarf. Auch bei der Förderung für die A350 bestehe nur geringer Handlungsbedarf, so der europäische Flugzeugbauer. Airbus hat die entsprechenden Anpassungen bereits auf den Weg gebracht. Dies bedeutet, dass jegliche US-Sanktionen jetzt im Vergleich zu dem, was im Vorgehen gegen Boeing zu erwarten sei, gering ausfallen und außerdem kontraproduktiv und zeitlich unangebracht sein dürften.

Airbus: Boeing erhält weiter Vergünstigungen

Während Airbus die vollständige Umsetzung der WTO-Empfehlungen vorbereitet, verschlimmere Boeing seine Lage im Subventionsstreit durch die weitere Annahme vorschriftswidriger Steuervergünstigungen des US-Bundestaates Washington, die den dortigen Steuerzahlern schadeten und den fairen Welthandel beeinträchtigten.

Boeing hat aus dem Unternehmensförderprogramm des Staates Washington für den Start seiner 787 staatliche Subventionen in Rekordhöhe erhalten (fünf Mrd. US-Dollar). Zusammen mit einer weiteren staatlichen Förderung für die 777X in Höhe von 8,7 Mrd. US-Dollar im Jahr 2013 wäre dies das größte staatliche Förderpaket in der Geschichte der Vereinigten Staaten, so Airbus. Berichten zufolge bemühe sich Boeing sogar aktiv um weitere illegale Steuervergünstigungen für den Bau einer mittelgroßen B797. Der noch in diesem Jahr erwartete zweite Bericht des Berufungsgremiums wird voraussichtlich auf folgende Punkte eingehen:

  • Nicht konforme Subventionen an Boeing in Höhe von fünf bis sechs Mrd. US-Dollar zwischen 1989 und 2006 – durch das WTO-Berufungsgremium bestätigt
  • Steuervergünstigungen des Staates Washington in Höhe von 3 Mrd. US-Dollar zwischen 2006 und 2024
  • Ausweitung der Steuervergünstigungen um weitere 8,7 Mrd. US-Dollar für die 777X
  • Steuervergünstigungen der Stadt Wichita (Kansas)
  • Fortgesetzte Ausfuhrsubventionen gemäß Steuergesetz zur „Foreign Sales Corporation“ (die laut WTO-Entscheidung eine verbotene Subventionierung darstellen)
  • Fortgesetzte -finanzierte staatliche Forschungsprogramme (vom Berufungsgremium zu rechtswidrigen Subventionen erklärt)
  • Fortgesetzte Subventionen des Verteidigungsministeriums (vom Berufungsgremium ebenfalls als rechtswidrig bestätigt)

Insgesamt weit mehr als 20 Mrd. US-Dollar an nicht zurückgezahlten, rechtswidrigen Subventionen, sollen für Airbus einen Schaden in Höhe von mehr als 100 Mrd. US-Dollar ausgelöst haben. Nicht aufgehobene Subventionen dieser Art wirken sich weiterhin in Form wesentlicher Umsatzeinbußen für Airbus aus. Allein die vom Bundesstaat Washington gewährten Steuervergünstigungen für die 787 hatten, wie die WTO bestätigt, für Airbus einen Umsatzverlust in Höhe von mindestens 16 Mrd. US-Dollar zur Folge.

Enders: Entscheidung Erfolg für Airbus

Der Gesamtumfang der nachteiligen Auswirkungen oder Umsatzeinbußen für Airbus seit Beginn dieser Streitigkeiten wird auf über 100 Mrd. US-Dollar geschätzt. Im 2017 veröffentlichten Bericht des WTO-Panels beanstandete die WTO diverse Praktiken von Boeing, von denen die schwerwiegendsten weiterhin Anwendung finden.

Airbus-CEO Tom Enders sagte: „Die heutige Entscheidung ist ein wichtiger juristischer Erfolg für die europäische Luftfahrtindustrie. Er bestätigt die Strategie, die wir in diesem viele Jahre währenden Rechtsstreit von Anfang an verfolgt haben. Dabei ist der heute veröffentlichte Bericht natürlich nur eine Seite der Medaille. Der zweite Bericht zu Boeings Subventionen wird erst später im Jahr veröffentlicht. Wir erwarten, dass er hart mit der Subventionspolitik von Boeing ins Gericht gehen wird, und dann werden wir sehen, wie es unter dem Strich aussieht.“

Enders weiter: „Das Ergebnis ist offenkundig: Airbus zahlt die gewährten Darlehen zurück, Boeing hingegen zahlt nichts zurück und liegt weiterhin dem US-Steuerzahler auf der Tasche. Allen Verlautbarungen zum Trotz ist Boeing heute eindeutig in einer sehr gesunden Position: Das Unternehmen hat 50 Prozent Marktanteil, volle Auftragsbücher und wurde definitiv nicht durch die Airbus gewährten rückzahlbaren Darlehen geschädigt.“

John Harrison, General Counsel von Airbus, fügte hinzu: „Airbus ist sich der Bedeutung der Ergebnisse der WTO und des Berufungsgremiums bewusst und wird alles Notwendige tun, um etwaige Fehler zu korrigieren. Der aktuelle Bericht belegt die von uns unternommenen Anstrengungen. Im Gegenzug erwarten wir jetzt aber auch von Boeing, dass es seinen Compliance-Verpflichtungen nachkommt. Das Unternehmen hat bislang jegliche Empfehlungen vollständig ignoriert und setzt seine illegalen Praktiken ungerührt fort.“

Harrison erklärte weiter: „Weit mehr als 90 Prozent der Klageanträge von Boeing wurden inzwischen abgewiesen. Dies zeigt, dass Boeing dieses Verfahren von vornherein nur aus zynischen PR-Motiven in Gang gebracht hat. Der Entscheid beweist auch, dass die von Boeing über Jahre hinweg vorgebrachte Behauptung, in dem bei der WTO angestrengten Verfahren gehe es um die europäische Partnerschaft zwischen Industrie und Regierung, immer auf tönernen Füßen stand.“

Sorgen um Welthandel

Airbus dankt der Europäischen Kommission und den Regierungen Frankreichs, Deutschlands, Großbritanniens und Spaniens für ihre kontinuierliche Unterstützung während des gesamten Streitverfahrens. „Airbus ist dankbar für die Zeit und Mühe, die in die Verteidigung der Interessen der Luftfahrtindustrie investiert wurde“, erklärte Airbus-CEO Tom Enders.

Tom Enders bemerkte abschließend: „Das derzeitige geopolitische Handelsklima ist besorgniserregend. Industrieunternehmen sollten es nicht mit unproduktiven Auseinandersetzungen anheizen, die den fairen weltweit untergraben und die Arbeitnehmer in dieser Branche sowie unsere Kunden und Betreiber treffen. Denn die Folgen solcher Auseinandersetzungen gehen über die – und Raumfahrtindustrie hinaus und beeinflussen das Wirtschaftswachstum auf der ganzen Welt.“