Für das Luftverkehrsaufkommen in Deutschland wird im Gesamtjahr 2016 im Vergleich zum Vorjahr eine deutliche Zunahme erwartet. Nachdem 2015 insgesamt nur ein moderates Wachstum von 1,5 Prozent zu verzeichnen war, erwartet die Expertengruppe Verkehrsprognosen der Deutsche Flugsicherung, dass sich die dynamische Entwicklung des ersten Halbjahres 2016 auch in der zweiten Jahreshälfte fortsetzt. 1,491 Millionen kontrollierte Flüge wurden im Zeitraum bis einschließlich Juni im deutschen Luftraum gezählt, das sind 2,8 Prozent mehr als im Vorjahr. Für das Gesamtjahr rechnen die DFS-Experten mit einem Verkehrszuwachs um 2,3 Prozent auf insgesamt 3,097 Millionen IFR-Flüge.
Die DFS geht für Deutschland für die nächsten Jahre von einem durchschnittlichen Jahreswachstum von 1,1 Prozent aus. Der Rekordwert aus dem Jahr 2008 – 3,150 Millionen Flüge – wird der DFS-Prognose zufolge jedoch frühestens 2018 wieder erreicht. Das Verkehrswachstum im deutschen Luftraum ist dabei vor allem auf eine Zunahme der Überflüge zurückzuführen, deren Anteil auf 38,2 Prozent zunahm (Vorjahr: 37,5 Prozent). Auch bei den Starts und Landungen war im 1. Halbjahr ein deutlicher Zuwachs zu verzeichnen. In dieser Zeitspanne starteten und landeten 973.799 Luftfahrzeuge von/an den 16 internationalen Verkehrsflughäfen in Deutschland. Das ist eine Verkehrssteigerung von 2,1 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum 2015. Für das Gesamtjahr erwartet die DFS-Expertengruppe beim An- und Abflug ein Plus von 1,7 Prozent zum Vorjahr.
Die Verkehrsentwicklung an den einzelnen Flughäfen war sehr uneinheitlich. Der Anteil der Hub-Flughäfen an allen Starts und Landungen sank im 1. Halbjahr 2016 geringfügig von 54,0 auf 53,3 Prozent. Der Flughafen München verzeichnete mit einem Plus von 2,5 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum das größte Wachstum, gefolgt von Düsseldorf (+1,3 Prozent). Der Verkehr in der Gruppe der sogenannten International Access Airports 1 (u. a. Berlin-Tegel, Berlin-Schönefeld, Köln/Bonn, Stuttgart) wuchs um 4,5 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Der Anteil an allen Starts und Landungen stieg auf 42,4 Prozent. Die Top-Performer mit den dynamischsten Zuwachsraten der IAA1-Flughäfen waren Köln/Bonn (+9,7 Prozent) und Berlin Gesamt mit einem Plus von 9,6 Prozent (Berlin-Schönefeld + 29,2 Prozent, Berlin-Tegel +1,9 Prozent). Ein gesundes Wachstum verzeichnet ebenfalls Stuttgart (+2,2 Prozent).
Maßgeblichen Einfluss auf die Entwicklung des Luftverkehrs hat die stabile gesamtwirtschaftliche Lage der Bundesrepublik und ein Ölpreis auf weiterhin niedrigem Niveau. Wachstumstreiber waren im ersten Halbjahr 2016 erneut vor allem die Low-Cost-Carrier, die sich weiterhin einen intensiven Wettbewerb im deutschen Luftraum liefern. Demgegenüber steht eine Reihe von Sondereffekten auf nationaler und internationaler Ebene, die für die Verkehrsentwicklung ein Risiko darstellen. Hierzu zählen terroristische Anschläge, politische Spannungen, Streiks, langhaltende Unwetter sowie die ungewissen Auswirkungen eines möglichen Brexits. Die Zunahme terroristischer Anschläge prägte das erste Halbjahr 2016. Neben Anschlägen in touristischen Zentren Nordafrikas und der Türkei waren Flughäfen Ziele von Attentätern. Die Gefahr terroristischer Anschläge bleibt auch für das zweite Halbjahr ein großes Risiko.
Die politischen Spannungen zwischen der Türkei und Russland, die sich Ende des ersten Halbjahres gelockert haben, sowie die Sicherheitslage in den touristischen Gebieten Nordafrikas und der Türkei führten zu einer Umorientierung der Urlauber. Die Türkei büßte ca. 29 Prozent an Buchungen deutscher Touristen gegenüber dem Vorjahreszeitraum ein. Der Putsch-Versuch des türkischen Militärs und die danach ausgelösten Massenentlassungen in staatlichen Einrichtungen werden voraussichtlich zu weiteren Verunsicherungen der Urlauber führen und diesen Trend noch verstärken. Dagegen verzeichnet Spanien steigende Buchungszahlen. Von der starken Nachfrage an Flugzielen in Spanien profitiert der deutsche Überflugverkehr. Diese Entwicklung wird sich auch im zweiten Halbjahr fortsetzen.
Für den Mittelfristzeitraum 2017 bis 2022 geht die DFS deshalb von einem gedämpften Verkehrswachstum unterhalb des Niveaus von 2016 aus. Der Verkehr wird im Jahr 2017 auf 3,135 Millionen IFR-Flüge steigen, ein Plus von 1,2 Prozent zum Vorjahr. Bis zum Jahr 2022 unterstellen die DFS-Experten eine kontinuierliche Entwicklung entlang des langfristigen Wachstumspfades für Deutschland und erwarten in ihrer Prognose einen Anstieg der Flugbewegungen um ein Prozent jährlich im Durchschnitt. Für das Jahr 2022 werden 3,296 Millionen kontrollierte Flüge prognostiziert. Das entspricht einem Zuwachs von nahezu 200.000 Flügen bzw. eine Steigerung von 6,4 Prozent gegenüber 2016.