Der Anfang 2017 gestartete Telekommunikationssatellit H36W-1 aus dem Hause OHB System AG steht seit einem Jahr im Dienst von HISPASAT. Er wurde – sein Name ist „Programm“ – auf der geostationären Position über dem 36. westlichen Längengrad in die Konstellation des spanischen Satellitenbetreibers eingereiht.
Von dort aus übernimmt H36W-1 die flexible Breitbandversorgung der Iberischen Halbinsel, der Kanarischen Inseln und Südamerikas. H36W-1 ist das Ergebnis einer Partnerschaft zwischen der Europäischen Weltraumorganisation ESA und HISPASAT und stellt die erste Flugmöglichkeit der SmallGEO-Plattform dar, die von der OHB System AG im Rahmen des ESA-Programms ARTES (Advanced Research in Telecommunications Systems) entwickelt wurde.
Satellit mit elektrischem Antrieb
Antonio Abad, Chief Technical and Operations Officer von HISPASAT, sagt anlässlich des Dienstjubiläums: „Wir freuen uns sehr über den ersten Jahrestag unseres Satelliten H36W-1. Er ist der erste Satellit unserer Flotte mit elektrischem Antrieb und stellt einen Sprung in der Art und Weise dar, wie die Satelliten betrieben werden, an den sich das Unternehmen gut angepasst hat…“. Magali Vassiere, ESA Director of Telecommunications and Integrated Applications, ergänzt: „Die erfolgreiche IOT-Phase und die Übergabe des Hispasat 36W-1 stellen einen bedeutenden Meilenstein für die ESA dar.
Er bedeutet gleich mehrere Premieren: den Erstflug der SmallGEO-Plattform, die von OHB im Rahmen des ARTES-Programms der ESA entwickelt wurde, und den Höhepunkt der ersten öffentlich-privaten Partnerschaft der ESA mit HISPASAT, einem spanischen Satellitenbetreiber. SmallGEO ist ein fester Bestandteil unseres ARTES-Programms und soll der europäischen Industrie einen Vorsprung im heutigen wettbewerbsintensiven und schnelllebigen Satcom-Markt verschaffen. Die ersten 12 Monate des Betriebs zeigen die Exzellenz und Zuverlässigkeit des SmallGEO-Programms, und wir freuen uns, diesen Meilenstein und seine Bedeutung hervorzuheben.“
„Der Erfolg unseres SmallGEO-Erstlings H36W-1 stellt einen wichtigen Meilenstein in der Geschichte unseres Unternehmens dar, denn das Design der von uns entwickelten Satellitenplattform wurde mit diesem Jubiläum noch einmal bestätigt. Dies ist sehr ermutigend, denn OHB arbeitet an einer ganzen Reihe von Satelliten, die auf dieser modularen Plattform basieren“, freut sich Marco Fuchs, Vorstandsvorsitzender der OHB System AG. „Ich möchte dieses Dienstjubiläum auch nutzen, um allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern noch einmal zu danken, die den Satelliten entwickelt oder zu seiner Realisierung beigetragen haben.“
Pionierleistung verschafft Know-how
Dr. Dieter Birreck war bei OHB als Projektleiter für die Realisierung von H36W-1 zuständig: „Wir haben uns manchmal – und ganz im Einklang mit der OHB-DNA – als Pioniere der Raumfahrt gefühlt, denn wir mussten bei diesem Prototypen notwendige Technologien zum Teil erst selbst entwickeln.“ Er verantwortet jetzt den nationalen zivil-militärischen Telekommunikationssatelliten Heinrich Hertz, der ebenfalls auf der SmallGEO Plattform beruht. „Wir können auf das bewährte SmallGEO-Satellitendesign bauen. Außerdem haben die verschiedenen Teams dank H36W-1 auch einen großen Erfahrungsschatz gesammelt, auf den wir jetzt gerne zurückgreifen – im Idealfalle aus erster Hand!“
OHB unterstützt Satellitenbetrieb
Seit Juni 2017 arbeitet der SmallGEO-Satellit H36W-1 ununterbrochen und fehlerfrei. Natürlich verfolgt man auch bei OHB, wie es dem Satelliten an seinem weit entfernten Dienstort 36.000 km über der Erdoberfläche geht, und wie leistungsfähig er ist. Schließlich haben Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der OHB System AG den Satelliten nicht nur konzipiert und gefertigt, sie betreuen ihn auch seit seiner Inbetriebnahme und Testphase im Weltraum.
„Bis zur Übergabe an unseren Kunden HISPASAT vor einem Jahr haben wir den Satelliten im Schichtbetrieb vom Deutschen Raumfahrtkontrollzentrum GSOC (am DLR-Standort Oberpfaffenhofen) aus betreut. Bei der Inbetriebnahme durch HISPASAT war ein OHB-Team vor Ort im spanischen Arganda, um den Kunden zu unterstützen“, erinnert sich Dieter Birreck und ergänzt: „Ein OHB-Mitarbeiter verbrachte dort die letzten 12 Monate, um das HISPASAT-Team primär bei der Steuerung des elektrischen Satellitenantriebs zu unterstützen. In dieser Zeit waren auch in Bremen Ingenieurinnen und Ingenieure rund um die Uhr in Rufbereitschaft, um im Notfall unterstützen zu können. Dass dieser nie eintrat, zeugt von exzellentem Design und hervorragender Ausführung.“
HISPASAT betreibt den Satelliten von nun an mit einem eigenen Team. Die Spezialistinnen und Spezialisten von OHB werden aber auch weiterhin und bis zum Missionsende involviert sein, wie Dieter Birreck erklärt: „Von Bremen aus können wir unseren Kunden bei Bedarf unterstützen. Außerdem analysiert unser Team weiterhin für HISPASAT die Leistungsfähigkeit des Satelliten. Ich wünsche HISPASAT einen reibungslosen und langjährigen Betrieb des SmallGEO-Erstlings H36W-1!“
Teamwork innerhalb von OHB
Bei der Realisierung von H36W-1 agierte die OHB System AG als industrielle Hauptauftragnehmerin und griff auf die Expertise dreier Schwesterfirmen zurück: OHB Sweden lieferte innovative Teilsysteme für den elektrischen Satellitenantrieb und das Lage- und Orbitkontrollsystem. LUXSPACE stellte Telemetrie- und Telekommandoteilsysteme zur Verfügung und beteiligte sich an deren Validierung auf Satellitenebene und trug außerdem zur Entwicklung des Satellitensimulators bei. OHB Italia lieferte die Nutzlaststeuerungseinheit und war an der Entwicklung des Thermalsteuerungsteilsystems beteiligt. Entsprechend groß sind dieser Tage die Zufriedenheit und der Stolz auf das Geleistete auch in Schweden, Luxemburg und Italien. SmallGEO-Steckbrief
Mit SmallGEO hat OHB im ARTES-Programm der ESA eine vielseitige geostationäre Satellitenplattform entwickelt, die auf verschiedene Missionsziele wie Telekommunikation, Erdbeobachtung und Technologieerprobung zugeschnitten werden kann. Die modulare Bauweise erlaubt es, flexibel auf Kundenbedürfnisse eingehen zu können. Beim Satellitenantrieb können Kunden zwischen klassisch, hybrid und elektrisch wählen. Die Startmasse bewegt sich je nach Satellitentyp zwischen 2.500 und 3.500 kg, wobei die jeweils erlaubte Nutzlastmasse zwischen 450 kg und 900 kg variiert. H36W-1 wies beim Start eine Masse von 3.200 kg auf.
H36W-1 ist der erste Satellit, der auf der von OHB entwickelten SmallGEO-Plattform basiert. Er wurde im Rahmen eines PPP-Projektes (private-public partnership) zwischen ESA, OHB und HISPASAT realisiert. Die mit H36W-1 erlangte Rückkehr Deutschlands zur Systemfähigkeit im kommerziellen Markt der Telekommunikationssatelliten beruht auf der engen Zusammenarbeit zwischen OHB, dem DLR Raumfahrtmanagement mit Mitteln des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie (BMWi) und der Europäischen Weltraumorganisation ESA. Die Bilder zeigen den 3,7 mal 1,9 mal 2 Meter großen H36W-1, er wies beim Start eine Masse von 3.200 kg auf, wurde Ende Januar 2017 gestartet und ist seit Juni 2017 kontinuierlich in Betrieb. Auf den Fotos: H36W-1 während der Testkampagne in Deutschland, beim „antenna range test“, im Reinraum.