Rosetta, wach auf! Spannung im Kontrollzentrum steigt

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20. Januar 2014, Montagmorgen, 11:00 Uhr Mitteleuropäischer Zeit – für die Rosetta-Sonde der ESA heißt es jetzt: Aufwachen! Fast zweieinhalb Jahre lang flog die europäische Sonde mit dem Kometen-Lander Philae an Bord "schlafend" auf ihr Ziel zu, den Kometen 67P/Churyumov-Gerasimenko. Als erster Schritt klingelt nun der Wecker für Rosetta und ihre Instrumente.

Am 28. März 2014 folgt der Weckruf für Lander Philae und seine Instrumente – dann wird auch im Kontrollraum des Deutschen Zentrums für – und Raumfahrt (DLR) die Spannung steigen.

Spannende Premieren in der

Die internationale Mission der Europäischen ESA soll gleich zwei Premieren im absolvieren: Zum ersten Mal folgt eine Sonde einem Kometen auf seinem Weg in Richtung Sonne, und zum ersten Mal wird im November 2014 ein Landegerät auf einer Kometenoberfläche aufsetzen und vor Ort Messungen durchführen. Die Planetenforscher wollen so herausfinden, wie unser Sonnensystem entstanden ist, denn Kometen führen wie ein riesiger Kühlschrank das ursprünglichste Material in gefrorenem Zustand mit sich.

Für die Reise durchs All musste Rosetta bisher einen langen Atem beweisen: Vor fast zehn Jahren, am 02. März 2004, startete die Sonde zu ihrem Rendezvous mit einem Kometen. Mehrmals holte sie an und Schwung, sie begegnete im Vorbeiflug den Asteroiden Šteins und Lutetia, wurde zum Energiesparen in den Winterschlaf versetzt und fliegt mittlerweile in über 807 Millionen Kilometern Entfernung von der Erde. Für astronomische Verhältnisse gerade einmal wenige neun Millionen Kilometer trennen Rosetta und Philae noch von Churyumov-Gerasimenko.

"Noch wissen wir nicht, auf welche Bedingungen wir dort stoßen", sagt Dr. Stephan Ulamec vom DLR. Der Projektleiter für den Lander Philae wird auch noch ein wenig warten müssen, bis festgelegt werden kann, wo Philae auf dem Kometen aufsetzen soll und welchen Untergrund der Lander meistern muss. Zunächst müssen Sonde, Lander und alle 21 Instrumente nun beweisen, dass sie die lange Reise im Schlafzustand unbeschadet überstanden haben, bevor die ersten wissenschaftlichen Experimente beginnen können.

Fingerabdruck aus der Vergangenheit des Sonnensystems

Aus Aufnahmen des Hubble-Teleskops weiß man bisher nur wenig: Churyumov-Gerasimenko hat einen Durchmesser von drei bis fünf Kilometern und rotiert innerhalb von etwa zwölf Stunden einmal um sich selbst. Mit Rosetta und Philae wird sich dieser Wissenstand deutlich ändern: Bohrer, Spektrometer, Kameras, Sensoren oder auch Ionendetektoren sollen den Kometen auf das Genaueste beobachten, untersuchen und erforschen. "Das Material des Kometen hat sich seit 4,6 Milliarden Jahren kaum verändert und wir können somit in die Geburtsphase unseres Planetensystems schauen", betont Kometenforscher Dr. Ekkehard Kührt, wissenschaftlicher Projektleiter für die DLR-Experimente auf Sonde und Lander.

Insgesamt drei Experimente werden unter der Leitung des DLR gemeinsam mit internationalen Partnern durchgeführt, an weiteren beteiligen sich die DLR-Forscher. Das Raumfahrtmanagement des DLR fördert mit Mitteln des Bundesministeriums für Wirtschaft (BMWi) weitere deutsche Experimente. "Die Mission bietet uns Planetenforschern Möglichkeiten, die wir noch nie hatten", sagt Kührt. Bisher konnten Kometen wie Halley, Temple 1 oder Wild 2 nur im schnellen Vorbeiflug und aus großer Entfernung untersucht werden.

Noch nie ein Komet so intensiv untersucht

Erste aufschlussreiche Bilder von Churyumov-Gerasimenko wird die Kamera OSIRIS bei der Annäherung in den nächsten Monaten aufnehmen, wenn Rosetta dem Rendezvous mit dem Kometen immer näher und näher entgegenfliegt. Die Sonde trägt an Bord auch beispielsweise das Spektrometer VIRTIS, das die mineralogische Zusammensetzung der Kometenoberfläche und die flüchtigen Komponenten untersuchen wird, das Mikrowelleninstrument MIRO und das Massenspektrometer ROSINA, die unter anderem die Gasmoleküle charakterisieren werden, sowie das Instrument CONSERT, das mit langwelligen Radiosignalen die innere Struktur des Kometenkerns analysieren wird.

Die Instrumente auf dem kühlschrankgroßen Lander Philae sollen nach der Landung im November 2014 den Kometen vor Ort untersuchen, und das während er aktiv wird und seine charakteristische Staubhülle und den Schweif bildet. Bereits während der Landephase wird die Kamera ROLIS Aufnahmen von der Kometenoberfläche machen. MUPUS wird sich auf dem Kometen in den Boden hämmern, um unter anderem Temperatur und physikalische Beschaffenheit bis zu einer Tiefe von etwa 30 Zentimetern zu bestimmen. SESAME soll die Kometenaktivität überwachen und die Ausbreitung von Schallwellen im Boden erfassen. CIVA liefert Panoramabilder und analysiert die mit einem Bohrer gewonnenen Bodenproben. COSAC wird die organische analysieren und vielleicht sogar Aminosäuren identifizieren.

Signal der Sonde soll bis zum Abend eintreffen

Bevor jedoch dies alles so ablaufen kann, muss im Kontrollraum des European Space Operations Center (ESOC) eines geschehen: Das Signal der Raumsonde muss die Erde erreichen. Nachdem die eingebaute Uhr Rosetta geweckt hat, richtet die Sonde autark ihre Antenne wieder zur Erde aus und nimmt Kontakt mit den Ingenieuren am Boden auf. Stationen in den USA und in Australien werden dafür in den Weltraum horchen und das Signal in den Kontrollraum nach leiten.

Rosetta ist eine Mission der ESA mit Beiträgen der Mitgliedsstaaten und der . Lander Philae wurde von einem Konsortium aus DLR, MPS, und ASI beigesteuert. Die erste Möglichkeit zum Kontakt mit der Sonde wird heute, am 20. Januar 2014, zwischen 18:30 Uhr und 19:30 Uhr sein. Wenn dann auch Lander Philae am 28. März 2014 wieder mit der Erde in Kontakt ist, sind die besten Voraussetzungen geschaffen, um einen Kometen erstmals auf seinem Weg zur Sonne zu erforschen – wenn er aktiv wird und zum Leben erwacht.