Es sieht ganz einfach aus: Der Rover fährt zielstrebig zur Landefähre, entnimmt dort mit einem Greifarm eine Sensorbox aus der Ladebucht und bringt diese zügig zum vereinbarten Ablage-Ort. Dort beginnen dann die seismischen Messungen.
Bis hier her war es jedoch Arbeit von fünf Jahren, in denen das Team der Helmholtz-Allianz ROBEX (Robotische Exploration unter Extrembedingungen) intensiv daran gearbeitet hat, die Vision der autonomen Planetenerkundung Wirklichkeit werden zu lassen. Alles läuft dabei ohne menschliches Eingreifen ab, denn Rover ROBEX, Lander und Sensorbox arbeiten autonom und effektiv ihren Auftrag ab. Auf dem sizilianischen Vulkan Ätna ist dies nun in der mondähnlichen Lava-Landschaft gelungen: „Wir konnten unter Beweis stellen, dass diese Technologien auch für zukünftige Explorationsmissionen eingesetzt werden können“, sagt der stellvertretende Sprecher der ROBEX-Allianz, Dr. Armin Wedler vom Deutschen Zentrum für Luft– und Raumfahrt (DLR).
Der Vulkan Ätna diente den Ingenieuren und Wissenschaftlern dabei als irdischer Ersatz für den Mond: Mit einer körnig-krümeligen Oberfläche, regelmäßigen Beben in einer Tiefe bis zu 600 Kilometern und Lava-Schichten unterschiedlichster Dicke ähnelt die Vulkanlandschaft dem Erdtrabanten. Insgesamt vier Wochen verbrachte das Team aus fünf DLR-Instituten auf dem Ätna und brachte ihre Experimente aus dem Labor in die teilweise sehr raue Wirklichkeit mit Windböen, Steinschlag und einem schnellen Wechsel zwischen Sonne und Nebel. „Wir haben uns Tag für Tag an die komplette Demonstration unseres Ziels herangearbeitet“, beschreibt die wissenschaftliche ROBEX-Koordinatorin Martina Wilde vom Alfred-Wegener-Institut AWI die Testkampagne.
Selbstständigkeit auf fremden Himmelskörpern
Entscheidend für den Erfolg der Mission war die Autonomie, mit der Rover, Lander und Sensorbox funktionieren sollten. „Wenn wir in schwer erreichbaren Gebieten mit extremen Umweltbedingungen wie beispielsweise auf dem Mond forschen wollen, kann der Mensch nicht in Echtzeit aus dem Kontrollzentrum oder vor Ort eingreifen“, erläutert DLR-Ingenieur Armin Wedler vom Robotik- und Mechatronikzentrum des DLR. „Deshalb war unser Ziel, dass der Rover mit Kamera-Augen seine Umgebung wahrnimmt und seinen Weg selbstständig plant.“ Der Lander RODIN ist in diesem Szenario die stationäre Einheit, die für die Energieversorgung sowie für den Datenaustausch zwischen Kontrollzentrum, Rover und Sensorboxen zuständig ist. Mit der Installation von vier Sensorboxen, die im Inneren mit Seismometern ausgestattet sind, könnten in Zukunft erstmals die innere Struktur des Mondes und die Zusammensetzung der oberen Schichten des Regoliths bestimmt werden.
Um die ehrgeizige Mission umzusetzen, arbeiteten mehrere DLR-Institute zusammen und steuerten ihre jeweiligen Kompetenzen bei: Das Robotik- und Mechatronik-Zentrum des DLR war für den Rover zuständig, das DLR-Institut für Raumfahrtsysteme steuerte den Lander und die Sensorboxen bei, und das DLR-Institut für Faserverbundleichtbau und Adaptronik entwickelte die Struktur der Sensorboxen. Der DLR-Raumflugbetrieb ermöglichte vor Ort die Kommunikationsstruktur, und das DLR-Institut für Planetenforschung führte seismische Messungen durch.
Tiefsee- und Raumfahrtforschung trifft aufeinander
Erstmals kooperierten bei ROBEX auch Wissenschaftler und Ingenieure aus den Bereichen Tiefsee und Raumfahrt miteinander. „Beide treffen bei ihrer Forschung auf Gebiete, die nur schwer zugänglich sind und extreme Bedingungen aufweisen“, sagt ROBEX-Koordinatorin Martina Wilde. „In der Tiefsee sind dies zum Beispiel die Dunkelheit und das Element Wasser, in der Raumfahrt die Schwerelosigkeit und die Strahlung.“
Gemeinsam ist aber beiden Regionen, dass Navigation, Energieversorgung und Datenaustausch große Herausforderungen sind. Insgesamt 16 Institutionen forschten daher in Kooperation, um für jeden der beiden Bereiche eine Demo-Mission umzusetzen, die den erfolgreichen Einsatz der neu entwickelten Technologien im jeweiligen Gebiet belegt. Neben der Ätna-Kampagne der Raumfahrer wird daher auch eine Mission der Tiefseeforscher am 22. August 2017 starten, die in der Arktis vor Spitzbergen mehrere robotische Systeme testet.
Auf den Bildern
In großer Entfernung spielt hohe Autonomie eine entscheidende Rolle. Das erfordert Sinneswahrnehmung für die Maschinen.
Den Lander im Blick: Rover LRU-2 (Light Weight Rover Unit) erstellt sich im Projekt ROBEX über seine Kamera-Augen eine Karte der Umgebung und wählt sich seinen Weg zum Lander.
Autonom arbeiten – der Rover greift die Sensorbox. Eines der Ziele der Demo-Mission des DLR auf dem Ätna: Rover LRU-2 greift selbstständig die Sensorbox, die auf dem Lander RODIN befestigt ist.
Auf dem Weg zur Messung: Rover LRU-2 navigiert autonom zu der vorgegebenen Stelle, an der die Sensorbox für seismische Messungen abgelegt werden soll. Im Projekt ROBEX sollen Lander, Rover und Sensorboxen miteinander kommunizieren und autonom die Exploration eines fremden Himmelskörpers durchführen.