Der Gletscher Zachariæ Isstrøm im Nordosten Grönlands ist einer der größten des Landes. Bislang galten die Gletscher im Nordosten Grönlands wegen der starken Kälte als sicher vor der Klimaerwärmung.
Ein Forscherteam der amerikanischen University of California, Irvine (UCI) konnte nun jedoch in einer Langzeitstudie an Zachariæ Isstrøm zeigen, dass die riesigen Eismassen schneller schmelzen als bisher angenommen: „Die Form und Dynamik haben sich in den letzten Jahren drastisch verändert. Der Gletscher bricht auf und kalbt große Mengen Eisberge in den Atlantik“, sagt Jeremie Mouginot, Forscher am Institut für Erdsystemwissenschaften der UCI. Für ihre Studie nutzten die Forscher auch Daten der beiden Satelliten TerraSAR-X und TanDEM-X des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR).
Wärme in Luft und Wasser nagen am Gletscher
Würde der Gletscher Zachariæ Isstrøm schmelzen, könnte er den globalen Meeresspiegel um etwa einen halben Meter anheben. Die Studie der UCI zeigt, dass der Gletscher seit 2012 fast fünf Milliarden Tonnen Masse pro Jahr verliert. „Wir haben eine Zeitserie von Geschwindigkeitskarten des Gletschers erstellt, die etwa 40 Jahre abdeckt“, erklärt Bernd Scheuchl, Wissenschaftler in der Forschergruppe am UCI.
Um Veränderungen der Form, Größe und Position des Gletschereises über diesen langen Zeitraum zu beobachten und festzuhalten, brauchten die Wissenschaftler präzise Daten. Diese erfassten sie über eine Kombination mehrerer Sensoren und Messgeräte, wie etwa Gravimetern, hochsensiblen Radargeräte und Laser-Profilieranlagen, die sie mit Radar– und optischen Bildern aus dem Weltall koppelten. Dabei konnten die Forscher auf nahezu alle verfügbaren Satelliten verschiedener internationaler Luft- und Raumfahrtbehörden zurückgreifen, wie etwa dem DLR, der europäischen Weltraumorganisation ESA, der amerikanischen Weltraumbehörde NASA oder der japanischen Raumfahrtagentur JAXA.
So konnte auch die sogenannte „Grounding Line“ des Gletschers vermessen und kartiert werden, also die Stelle, ab der er nicht mehr auf dem Meeresgrund steht, sondern beginnt aufzuschwimmen. Dabei fanden die Wissenschaftler heraus, dass nicht nur die steigende Lufttemperatur eine Bedrohung für die Eismassen ist: „Zachariæ Isstrøm wird von oben und unten getroffen“, sagt Eric Rignot vom Institut für Erdsystemwissenschaften der UCI. Warmes Ozeanwasser und größere Mengen Schmelzwasser von der Eisdecke höhlen die Unterseite von Zachariæ Isstrøm rapide aus. „Die Erwärmung des Ozeans spielt wahrscheinlich eine große Rolle beim Gletscherrückgang“, sagt Mouginot, „aber wir brauchen noch weitere meereskundliche Beobachtungen in dem kritischen Sektor von Grönland bis zur Arktis.“
Satelliten liefern präzise Aufnahmen
Dabei helfen auch die Bilder der TerraSAR-X- und der TanDEM-X-Missionen des DLR. Diese haben eine hohe räumliche Auflösung und ermöglichten es den Forschern, lokal hochgenaue Geländeinformationen für ausgewählte Gletscher zu erstellen. Diese Gebiete konnten sie dann auf Veränderungen in der Geländehöhe hin untersuchen. Es wurden die Daten der DLR-Satelliten zusammen mit Radar-Daten anderer Sensoren verwendet, um Zeitserien und Geschwindigkeitskarten von Gletschern in der Antarktis und Grönland zu erstellen.
Zwischen 2011 und 2013 endeten vier internationale Radar-Missionen, ein kritischer Zeitraum für die Forscher: „Das hätte zu einem akuten Datenmangel führen können. TerraSAR-X und TanDEM-X konnten jedoch Wissenschaftsdaten über wichtigen Gebieten in dieser Zeit aufnehmen“, so Scheuchl.
Meilenstein für die Forschung
Die wissenschaftlichen Datenaufnahmen in Polargebieten werden international koordiniert. Das DLR arbeitet mit weiteren internationalen Weltraumagenturen in der Polar Space Task Group zusammen, um den höchstmöglichen wissenschaftlichen Wert der Aufnahmen sicherzustellen und vorhandene Ressourcen optimal zu nutzen.
Auch für zukünftige Projekte wollen die UCI-Forscher auf die Daten der DLR-Satelliten zurückgreifen: „Wir erwarten natürlich gespannt die TanDEM-X-Höhenmodelle für die Antarktis und für Grönland. Beide sind im Moment noch in Produktion, werden aber einen Meilenstein für die Forschung darstellen, wenn sie verfügbar gemacht werden können“, sagt Bernd Scheuchl.