Segelflug im Himalaya: Spezialkamera erfasst Gletscher in 3D

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Im Himalaya verlieren immer wieder dutzende Nepalesen ihr Leben bei Hangrutschungen und Spontanüberflutungen. Es wurden bereits ganze Dörfer und auch Infrastruktur wie Brücken und Straßen weggespült. Bisher liefern Satelliten die Bilder dieser entlegenen Regionen.

Im Rahmen einer mehrwöchigen Messkampagne des Mountain Wave Project (MWP) erproben nun Wissenschaftler des Deutschen Zentrums für – und (DLR) ein in ihrem Schwerpunkt Sicherheitsforschung entwickeltes neuartiges Kamerasystem, das detaillierte Luftbilder von einem Motorsegelflugzeug aus aufnimmt. Die in großer Höhe dienen zur Validierung des entwickelten optischen Sensorsystems.

Luftbildkamera-System: Bis zu 20 cm Auflösung

Mit den Aufnahmen wollen die Forscher exakte 3D-Modelle verschiedener nepalesischer Regionen erstellen, unter anderem um Gefahren für die Bevölkerung zukünftig deutlich besser vorherzusagen. Dabei arbeiten sie eng mit den nepalesischen Behörden und einem internationalen Team von Wissenschaftlern der Himalaya-Anrainerstaaten (ICIMOD) zusammen. sind im Annapurna-Gebiet und in der südlichen Everest-Region geplant. In einem Blog berichten die Wissenschaftler von den Ereignissen ihrer abenteuerlichen Forschungsreise.

„Am 23. Januar 2014 haben wir erfolgreich den ersten Himalaya-Flug mit unserer Kamera absolviert“, freut sich Projektleiter Jörg Brauchle vom DLR-Institut für Optische Sensorsysteme in Berlin. Er ist vor Ort in Nepal und leitet den DLR-Anteil der Expedition. „6.400 Meter über dem Khali Gandhaki Tal konnten wir erstklassige multispektrale Aufnahmen mit einer Auflösung von bis zu 20 Zentimetern gewinnen. Die Kamera liefert eine optimale Datengrundlage für die 3D-Modellierung von Gebirgsregionen.“ Erstmalig überhaupt fliegt in dieser anspruchsvollen Region solch ein digitales Luftbildkamerasystem.

Die Expedition hat ihr Basislager in Pokhara am Rand des Annapurna-Gebiets bezogen. Insgesamt zwei Motorsegelflugzeuge vom Typ Stemme S10, die vorab jeweils zwei Wochen lang in einem Flug über Europa, , die arabische Halbinsel, Pakistan und Indien nach Nepal überführt wurden, stehen dem Team zur Verfügung. Mit der Expeditionsbeteiligung in Nepal und deren Ergebnissen demonstriert das DLR neben etwa Satelliten-Aufklärung bei Krisen und Naturkatastrophen eine weitere Anwendung im Bereich Katastrophenschutz.

Spezialkamera an -Bedingungen angelehnt

Die im DLR entwickelte und gebaute Spezialkamera MACS (Modular Aerial Camera System) ist in einem druckfreien Instrumentenbehälter unter der Tragfläche eines Motorseglers Stemme S10VTX der FH Aachen montiert. Die Kamera wurde bereits im August 2013 während eines Fluges über dem Stubaier in den Österreichischen Alpen erprobt.

Zuvor musste die Neuentwicklung einige Härteprüfungen bestehen, wie etwa Tests in der Unterdruckkammer und unter außergewöhnlichen Beleuchtungsbedingungen. Schließlich soll das Kamerasystem über dem Himalaya bis in Höhen von 8.000 Metern und bei Temperaturen unter minus 40 Grad Celsius insbesondere und Hänge fotografieren. „Dafür haben wir auch auf Erfahrungen innerhalb des Instituts beim Bau von Weltraumkameras zurückgegriffen“, so Brauchle. „Im All herrschen schließlich noch extremere Bedingungen.“

Die Aufnahmetechnik des Kamerasystems ist speziell auf die Besonderheiten von Hochgebirgsregionen ausgelegt. Drei seitlich zueinander geneigte Kameraköpfe ergeben einen Sichtbereich von 120 Grad und ermöglichen es, steile Hangstrukturen hoch aufgelöst aufzunehmen.

Verarbeitung in Geo-Informationssystem erlaubt Analysen

Mit den Aufnahmen entstehen am Computer detaillierte farbige 3D-Modelle der überflogenen Gebirgsregion. Dabei kommt eine DLR-eigene Software zum Einsatz, welche ebenfalls zur Auswertung von satellitenbasierten Erdbeobachtungsdaten genutzt wird. Essentiell ist dabei die präzise Darstellung der steilen Hangabschnitte, denn die Forscher um Abteilungsleiter Frank Lehmann wollen den Gefahren steiler Bergflanken auf die Spur kommen: „Für das menschliche Auge sind sich anbahnende Hangrutschungen und Gerölllawinen kaum sichtbar“, erklärt Lehmann. „Das 3D-Modell erlaubt die Einbettung in ein Geografisches Informationssystem (GIS). Somit sind Analysen und Bewertungen unter Berücksichtigung von geologischen, hydrologischen sowie meteorologischen Daten über das Gefährdungspotenzial durchführbar.“

Die Wissenschaftler interessieren sich zudem für an die Täler grenzende Gletscher und Gletscherseen: Sie sind oftmals der Schlüssel zu einer besseren Vorhersage von Überschwemmungen, die sich tiefer unten im Tal abspielen. In den kommenden Tagen wollen die Forscher das Seti-Tal im Annapurna-Gebiet überfliegen, das in dieser Hinsicht für Geologen und Glaziologen besonders interessant ist. Der Fluss Seti ist bereits mehrfach spontan über die Ufer getreten, eine sogenannte Flashflood. Grund dafür war ein durch seine natürliche Sperre gebrochener Gletschersee.

Rekordflug der Segelflieger auf Leewellen (MWP)

„Die Grundidee des Projekts ist es, an verschiedenen Gebirgsregionen der Welt atmosphärische Schwerewellen (Mountain Waves bzw. Leewellen) als Aufwind zu nutzen, die Segelflugzeuge enorm hoch und weit tragen können“, sagt der leidenschaftliche Segelflieger, Meteorologe und Begründer des Mountain Wave Projects (MWP) René Heise. Ein viel beachteter Langstrecken-Weltrekord solch eines „Wellenfluges“ wurde durch das MWP am 23. November 2003 in den Anden mit einer Entfernung von 2.138 Kilometer in gerader Strecke aufgestellt.

2006 gelangen zudem die ersten wissenschaftlichen Turbulenzmessflüge über den Anden bis zur unteren Grenze der mit einer Höhe von 12.500 Meter. Die Erkenntnisse dieser Kampagnen sind von großem Vorteil bei der Durchführung der fliegerisch anspruchsvollen MACS-Missionen.

Forschungsprojekt Mountain Wave Project

Für die Piloten sind die starken Höhenwinde sowie Fallwinde eine enorme Herausforderung. „Das Mountain Wave Project ist ursprünglich für die Erforschung von Wellensystemen in Hochgebirgsregionen und deren gefürchteter Wirbel mit horizontalen Rotationsachsen, den sogenannten Rotoren, gegründet worden“, erzählt Heise.

„Mittlerweile erforschen wir Transportvorgänge von der Troposphäre in die und untersuchen atmosphärische Turbulenzen, um letztendlich Wettervorhersagemodelle und die Klimamodellierung zu verbessern.“ Durch die Partnerschaft mit dem DLR konnte das Mountain Wave Project den Bereich Umwelt-Monitoring deutlich ausbauen.