Netzwerke aus autonomen Satelliten, die miteinander kommunizieren können: so soll die Zukunft der Raumfahrt aussehen und in wichtigen Bereichen wie der Kommunikation, der Erdbeobachtung und der Erkundung ferner Planeten zum Einsatz kommen.
Mit der Mission „S-NET“soll nun ein weltweit einmalgier Flugverband aus vier Kleinst-Satelliten neue Technologien hierfür im Weltall testen und deren Funktionsfähigkeit unter Beweis stellen. Am 01. Februar 2018 um 03:07 Uhr mitteleuropäischer Zeit (MEZ) ist eine russischen Soyuz-2-1a Fregat-M-Trägerrakete vom Weltraumbahnhof Vostochny gestartet und hat das Quartett auf seine Umlaufbahn im niedrigen Erdorbit gebracht. Die Technologiemission der TU Berlin wird vom Deutschen Zentrum für Luft– und Raumfahrt (DLR) gefördert.
Satelliten ohne eigenen Antrieb
Bereits um 05:37 Uhr MEZ hatten die vier Kleinst-Satelliten (Nanosatelliten) ihren Zielorbit in einer Höhe von rund 580 Kilometern erreicht. Dort wurden sie im Abstand von genau zehn Sekunden ausgesetzt. Die hohe Präzision beim Auswurf war essentiell für das Gelingen der Mission, da die S-NET-Satelliten über keinen eigenen Antrieb verfügen und sich allein durch natürliche Drift langsam und gleichmäßig voneinander entfernen. Der erste Kontakt zur Bodenstation auf dem Dach der TU Berlin fand um 09:35 Uhr statt. Die Satelliten mit einer Kantenlänge von rund 24 Zentimetern und einem Gewicht von jeweils acht Kilogramm werden nun etwa ein Jahr lang im Weltraum aktiv sein
„Die Wissenschaftler wollen mit der Mission vor allem das Langzeitverhalten der Kommunikationsnutzlast im Orbit erforschen und Erkenntnisse über das Verhalten eines Kommunikationsnetzes im Weltraum sammeln“, erklärt Dr. Siegfried Voigt, DLR-Projektleiter für S-NET. „Dies ist gerade vor dem Hintergrund der Diskussion um Konstellationen im Rahmen der New Space Economy mit mehreren hundert Satelliten für die globale Internetversorgung von großer Bedeutung.“ Zudem soll mit dem Experiment überprüft werden, wie lange die Satelliten trotz der zunehmenden Entfernung den Kontakt zueinander halten können.
Daten sehr viel schneller per Konstellation
Doch wo liegen die Vorteile solcher Satellitenkonstellationen? Ein Weltraumnetzwerk aus Nanosatelliten kann durch den gezielten Austausch von Informationen untereinander eine höhere örtliche und zeitliche Abdeckung der Erdoberfläche erzielen als größere Einzelsatelliten. Zusätzlich kann der eventuelle Ausfall eines einzelnen Satelliten innerhalb eines autonomen Netzwerks besser kompensiert werden.
Auch ist es möglich, Daten und Signale sehr viel schneller an die Empfangsstationen auf der Erde zu übermitteln: In der bisher üblichen Satellitenkommunikation im niedrigen Erdorbit werden anfallende Rohdaten bei einem Überflug über Bodenstationen mit einer Verzögerung von mehreren Stunden zur Erde gesendet, prozessiert, archiviert und verteilt. Die Auslieferung von Datenprodukten dauert meist ein bis mehrere Tage. Durch die neuen Satellitenkonstellationen wird dies in ein bis zwei Stunden möglich sein. Gerade bei der Vorhersage von Naturkatastrophen und bei der Notfallhilfe wäre ein Zeitgewinn durch Sofortverarbeitung im Orbit und die Kommunikation von Satellit zu Satellit bis zur nächsten Bodenstation ein großer Gewinn.
Funk mit unerreichter Datenübertragungsrate
Für die Kommunikation untereinander und den Datenaustausch mit der Bodenstation wurden die vier Satelliten mit je einem neu entwickelten netzwerkfähigen Funkgerät, genannt S-Link, ausgestattet. Das Gerät verwendet S-Band Frequenzen und moderne Übertragungsverfahren, um eine hohe Datenrate bei möglichst geringem Energieverbrauch zu erzielen: es erreicht Datenraten von circa 6000 Kilobits pro Minute bei Entfernungen bis maximal 400 Kilometern. Das entspricht etwa der Übertragung einer Datenmenge von drei bedruckten DIN A4 Seiten in jeder Sekunde und ist für Nanosatelliten bislang unerreicht.
Zusammenarbeit von Wissenschaft und Wirtschaft bei S-NET
Die Lageregelung für Satelliten wurde an der TU Berlin entwickelt. Die Technik für die Intersatelliten-Kommunikation entstand in einem vorangegangenen Kooperationsprojekt zwischen der IQ wireless GmbH aus Berlin und der TU Berlin. Die Auswurfcontainer für das zeitgenaue Aussetzen der Satelliten wurden vom Unternehmen Astro- und Feinwerktechnik Adlershof in Berlin entwickelt und gebaut. Beteiligt ist auch das Deutsche Zentrum für Satellitenkommunikation e.V. (DeSK), das eine Bodenstationsantenne aufgebaut hat, um auch dort Telemetriedaten empfangen zu können und damit den Besuchern des dort ansässigen Showrooms einen „Live-Betrieb“ von Satelliten zu zeigen.
Die Firma ECM Space Technologies GmbH aus Berlin hat als Startanbieter für die Mission fungiert. S-NET wird vom DLR Raumfahrtmanagement mit Mitteln des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi) gefördert. Auf den Bildern: Künstlerische Darstellung der S-NET Mission. Mission „S-NET“ besteht aus vier Kleinst-Satelliten und soll neue Technologien für Satellitenkonstellationen im Weltall testen und deren Funktionsfähigkeit unter Beweis stellen; Flugmodelle der Nanosatelliten. Flugmodelle mit Flugersatzmuster (Mitte) vor dem Versand zum russischen Kosmodrom Vostochny.