Vier Tage, vier Fälle, die für die maritime Sicherheit eine Bedrohung darstellen – das Verbundprojekt EMSec (Echtzeitdienste für die Maritime Sicherheit – Security) konnte mit verschiedenen Szenarien in der Woche vom 05. bis 09. September 2016 erfolgreich demonstrieren, welche Forschungsergebnisse in den vergangenen drei Jahren entstanden sind.
Um sich beispielsweise bei der Entführung einer Fähre oder auch der Verschmutzung von Gewässern mit Gefahrstoffen einen optimalen und zeitnahen Überblick über die Lage zu verschaffen, kombinierten die Partner aus Wissenschaft und Industrie gleich mehrere Datenquellen: Satellitenaufnahmen aus dem All, Kamerabilder aus der Luft, aber auch Schiffssignalmeldungen flossen in ein System ein und konnten zeitgleich und zeitnah auf einem Lagetisch gebündelt und dargestellt werden.
„Mit einem solchen System könnte ein Lagezentrum der Zukunft sehr effektiv arbeiten und gleichzeitig auf mehrere Quellen zugreifen“, erläutert Dr. Dennis Göge, Leiter der Programmkoordination Sicherheit des DLR, die das EMSec-Projekt leitete. „Dadurch könnten schnell Gegenmaßnahmen ergriffen werden, weil die Lage rechtzeitig ausreichend bekannt ist.“
Bedarfsorientiertes Forschen
Notwendig war dazu die Zusammenarbeit mit verschiedenen Partnern, die jeweils ihre Expertise beisteuerten. Neben dem DLR beteiligten sich unter anderem ATLAS Elektronik, Airbus und die Universität Rostock an dem Projekt, aber auch Nutzer wie die Bundespolizei See, die Deutsche Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger (DGzRS) und die Wasserschutzpolizeien der Küstenländer.
„Uns war sehr wichtig, dass der EMSec-Verbund gezielt erforscht, was in der maritimen Sicherheit gebraucht wird“, sagt EMSec-Projektleiter Dr. Stephan Brusch vom DLR. Mit dem Bündeln von Informationen aus dem Weltall, aus der Luft und vom Land aus setzte das Konsortium auf eine Kombination aus Daten, wie sie bisher im zivilen maritimen Sicherheitsbereich nicht existiert.
Von der Information zur Lagebewältigung
Wichtig war dafür der Wissensaustausch: „So ging es für das DLR anfangs darum, zu verstehen, wie eine Polizeiorganisation funktioniert, wie die Zuständigkeiten auf See geregelt sind und wie in Gefahrensituationen die Lage bewältigt werden kann“, sagt Polizei-Hauptkommissar Olaf Juhl von der Bundesleitstelle See. „Sehr schnell wurde auch deutlich, dass die technischen Möglichkeiten der Bundespolizei, aber auch der anderen Partner im maritimen Sicherheitszentrum erweiterbar sind.
Insbesondere bei der Gewinnung von Lageinformationen gab es anfangs wenig brauchbare Lösungen.“ Die von EMSec vorgestellte Lösung zeige erstmals ein geschlossenes System von der Informationsgewinnung bis zur Lagebewältigung. Ein Operator in einer Leitstelle könne dadurch schnell auf maritime Lagen reagieren und neben den Partnern im eigenen Haus auch auf die Unterstützung externer Einrichtungen zurückgreifen. „Ich würde mir wünschen, dass dieser Ansatz weiter verfolgt wird und die Ideen und Lösungen, die in den vergangenen drei Jahren entstanden sind, zu einem anwendbaren System führen.“
Auch die DGzRS hat als Partner die Aufgaben und Ziele des EMSec-Projekts unterstützt: „Der Ansatz, mit einem Sensorverbund zu arbeiten, kann die Effizienz von großen maritimen Such- und Rettungseinsätzen erheblich unterstützen“, sagt Hans Hinners Stommel, Leiter der DGzRS. „Gerade im Bereich der bildgebenden Verfahren sehen wir große Vorteile in der Detektion von treibenden Personen und Rettungsmitteln.“ Das Auffinden von Schiffen könne durch derartige luftgestützte Verfahren unter Umständen deutlich schneller zu einem erfolgreichen Abschluss gebracht werden.“
Szenarien im Probedurchlauf
Die Kompetenzen, die sich der EMSec-Verbund erworben hat, demonstrierten die Partner mit verschiedenen Szenarien: Mal sollte eine Kursabweichung einer Fähre als simples Ausweichmanöver identifiziert werden, mal eine entführte Fähre aufgefunden und identifiziert werden. Auch die Detektion von Menschen, die über Bord gingen, oder die Beobachtung einer Verschmutzung durch einen Gefahrstoff spielten die Beteiligten als wichtige Fälle in der maritimen Sicherheit durch. „Wir haben mit dem EMSec-Projekt einen Punkt erreicht, an dem man die erzielten Ergebnisse weiter ausbauen und in die Realität umsetzen könnte“, betont der DLR-Programmkoordinator, Dr. Dennis Göge.
EMSec: Sicherheit in Echtzeit
Das Verbundprojekt „Echtzeitdienste für die Maritime Sicherheit – Security“ (EMSec) unter der Leitung der DLR-Programmkoordination für Sicherheitsforschung wird innerhalb des Programms „Forschung für die Zivile Sicherheit“ des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert. Beteiligt im DLR sind das Institut für Flugführung, das Deutsche Fernerkundungsdatenzentrum, das Institut für Methodik der Fernerkundung, das Institut für Raumfahrtsysteme, das Institut für Kommunikation und Navigation sowie das Institut für Optische Sensorsysteme. Die Partner des DLR sind ATLAS ELEKTRONIK GmbH, AIRBUS DS GmbH, AIRBUS DS Airborne Solutions GmbH, das Technische Hilfswerk, die Universität Rostock sowie weitere assoziierte Partner. Nutzer des Projektes sind die Bundespolizei See, die Wasserschutzpolizeien der Küstenländer, die Deutsche Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger sowie das Havariekommando in beratender Funktion.
In der Bildergalerie
- Zu den Kleinflugzeugen im Einsatz gehört die Diamond, die über Radar die Lage erfasst.
- In 1500 Metern Höhe nimmt die MACS-Kamera der Do 228 die Lage auf und übermittelt die Daten in Echtzeit an das Lagezentrum in Cuxhaven.
- Die Seenotretter simulieren ein Mann-über-Bord-Manöver für den EMSec-Verbund.
- Je vier Schwimmkörper und ein Peilsender wurden beim „Mann-über-Bord“-Szenario in der Nordsee ausgesetzt und mit Hilfe der Daten aus dem All, der Luft und von Land aufgespürt und geborgen.
- 50 Kubikmeter Popcorn werden auf der „Bayreuth“ vorbereitet, um einen dichten Gefahrstoffteppich zu simulieren.
- Mit der Unterstützung der Bundespolizei See wurde ein Teppich aus Gefahrenstoff – in diesem Fall Popcorn – in kürzester Zeit über Bord in die Nordsee geschüttet.
Alle Bilder: DLR (CC-BY 3.0).