Die Europäische Agentur für Flugsicherheit (EASA) hat Anfang Oktober ihre Vorschläge zu den EU-Regeln für Flug- und Dienstzeiten sowie Ruhezeiten für den gewerblichen Luftverkehr bekannt gegeben. Diese Flugdienstzeit-Regelungen waren von der Vereinigung Cockpit (VC) als der Berufsverband der Verkehrspiloten in Deutschland, als sicherheitsgefährdend kritisiert worden. Am 22. November 2012 organisierte die Vereinigung Cockpit nun eine Podiumsdiskussion zum Thema Flugdienstzeiten mit anschließendem parlamentarischem Abend in Berlin.
Die Diskussionsmoderation übernahm Michael Opoczynski, bekannt als Moderator der Sendung WISO. Nach Begrüßung durch Verkehrsminister Dr. Peter Ramsauer diskutierten für das Ministerium (BMVBS) Staatssekretär Michael Odenwald, seit kurzem auch Aufsichtsratsmitglied der Deutschen Flugsicherung (DFS), Matthias von Randow, Geschäftsführer des Bundesverbandes der Deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL), Dr. Mick Spencer, Schlafforscher und Mitverfasser des Moebus-Reports und Präsident der VC Kapitän Ilja Schulz.
Lob und Kritik für den Entwurf
Trotz der einhellig bekundeten Meinung, dass Sicherheit an erster Stelle stehen muss, ergab sich bei der Podiumsdisskussion ein kontroverses Bild. Während Herr von Randow die Ansicht vertrat, der „Profitgedanke habe beim Thema Sicherheit nichts zu suchen“, verwies er aber immer wieder darauf, dass die EASA die Verantwortung für die neuen Regelungen trage, die sich in der politischen Endphase ihrer Abstimmung befinden. Das Thema Flugdienstzeiten dürfe nicht zwischen „Gewerkschaften und Unternehmen austariert“ werden.
Eine Wortmeldung des im Publikum anwesenden Generalsekretärs des Europäischen Pilotenverbandes (ECA) Philip von Schöppenthau, der Teil der EASA Arbeitsgruppe war, wies im Widerspruch zu von Randows Aussagen darauf hin, dass die Luftfahrtunternehmen „zu 90 Prozent“ bei den diskutierten Regelungen gefragt hätten, wie sich dies „operationell auswirkt und was das kosten würde“, aber keine Argumente in Bezug auf die Sicherheits für oder gegen eine Regelung vorgebracht hätten.
Staatssekretär Odenwald begrüßte den Entwurf der EASA grundsätzlich – erstmals sei eine einheitliche europäische Regelung geschaffen worden. Auf Detailfragen antwortete er nicht, da das BMVBS noch keine abschließende Meinung habe, was Kapitän Schulz verwunderte, da bereits ein erstes Treffen auf EU Ebene stattgefunden habe, bei dem das BMVBS um seine Meinung gefragt wurde.
Experte für Arbeits- und Ruhezeiten im Luftfahrtbereich
Dr. Mick Spencer, seit über zwanzig Jahren Forscher im Luftfahrtbereich zu den Themen Schlaf-, Arbeits- und Ruhezeiten, erklärte, dass aus seiner Sicht nicht nur die Ergebnisse der Forscher durch die EASA falsch interpretiert worden seien, sondern in vielen Punkten unzureichend berücksichtigt wurden.
Exemplarisch nannte er die Nachtarbeitszeit, die statt der von EASA geplanten 11 höchstens 10 Stunden betragen dürfe, sowie die unzureichende Berücksichtigung der erhöhten Belastung durch mehrere Flüge in einer Schicht. Auch die kumulative Ermüdung durch mehrere sehr frühe und Nachtdienste hintereinander würde unzureichend geregelt. Nach seiner Ansicht, könne man schon durch relativ kleine Änderungen zu einem Kompromiss kommen, der die Übermüdung besser vermeidet, ohne die wirtschaftlichen Interessen der Fluglinien zu vernachlässigen.
VC-Präsident kündigt Widerstand Piloten-Vereinigung an
Kapitän Schulz kritisierte die vorliegende Regelung. Wie auch Dr. Spencer sieht der VC-Präsident die wissenschaftlichen Erkenntnisse zugunsten der Wirtschaftlichkeit in wesentlichen Punkten missachtet. Die EASA habe ihren Auftrag als Sicherheitsbehörde klar verfehlt. Auf die Frage was die Piloten zu tun gedenken, sollte die Regelung ohne Korrekturen so in Kraft treten, kündigte er an, dass die Piloten in Europa alle ihnen zur Verfügung stehenden Mittel nutzen werden, um sich für die Sicherheit ihrer Passagiere einzusetzen, bis die Regelung dem heutigen Stand der Wissenschaft entspricht.