Asteroidenlander MASCOT liefert die Antwort: Bisher wurden auf der Erde nur wenige sogenannte chondritische Meteorite gefunden, die als Bruchstücke zu den sehr häufig im Sonnensystem vorkommenden C-Typ Asteroiden passen. Das hat mit des Beschaffenheit der Uralten Materials zu tun.
MASCOT landete nach dem Entlassen von Hayabusa2 im freien Fall mit Schrittgeschwindigkeit auf Asteroid Ryugu. Sechs Minuten nach dem Abtrennen von Hayabusa2 in 42 Meter Höhe berührte das Landemodul am Ende einer ballistischen Flugbahn zum ersten Mal den Boden des Asteroiden und hüpfte mehrere Meter weiter, ehe das zehn Kilogramm schwere Experimentenpaket zur Ruhe kam.
Hayabusa2 und MASCOT
Hayabusa2 ist eine Weltraummission der japanischen Raumfahrtagentur JAXA (Japan Aerospace Exploration Agency) zum erdnahen Asteroiden Ryugu. Der deutsch-französische Lander MASCOT an Bord von Hayabusa2 wurde vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) in enger Kooperation mit der französischen Raumfahrtagentur CNES (Centre National d’Études Spatiales) entwickelt und gebaut. „MASCOT hat die breiten Kompetenzen des DLR in der Raumfahrtforschung zusammengebracht von der Entwicklung, Erprobung und zuverlässigen Integration bis zur Expertise in der wissenschaftlichen Erkundung des Sonnensystems“, sagt Prof. Hansjörg Dittus, DLR-Vorstand für Raumfahrtforschung und Technologie.
Betrieb und Steuerung des MASCOT-Landers und seiner Experimente erfolgen durch das DLR mit Unterstützung der CNES und im Austausch mit der JAXA. Das DLR-Institut für Raumfahrtsysteme in Bremen entwickelte federführend zusammen mit CNES den Lander und testete ihn. Das DLR-Institut für Faserverbundleichtbau und Adaptronik in Braunschweig war für die stabile Struktur des Landers zuständig.
„C-Klasse“: Atmosphäre wirksamer Schutz für die Erde
Ryugu und andere Asteroiden der häufig vorkommenden „C-Klasse“ bestehen aus poröserem Material als bisher angenommen. Dies begründet die ausgesprochen gute Nachricht: Nämlich, dass unsere Atmosphäre einen erhöhten Schutz der Erde vor den häufig vorkommenden C-Typ-Asteroiden bietet, die immerhin 75 Prozent aller Asteroiden stellen (das „C“ steht für das chemische Symbol für das Element Kohlenstoff). Kleine Bruchstücke ihres Materials sind einfach zu fragil, um bei einer Kollision mit der Erde den Eintritt in die Atmosphäre zu überstehen. Damit ist die Ursache für das beobachtete Defizit dieses Typs in den Meteoritensammlungen der Erde gefunden. Zu diesen Erkenntnissen kommen Forscher des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) in ihrem publizierten wissenschaftlichen Aufsatz.
Die Ergebnisse basieren auf hochaufgelösten Messungen der Oberflächentemperatur mit dem DLR-Radiometer MARA an Bord der deutsch-französischen Landesonde. MASCOT (Mobile Asteroid Surface Scout) landete am 03. Oktober 2018 im Rahmen der japanischen Hayabusa2-Mission auf dem knapp einen Kilometer großen Asteroiden Ryugu und sendete spektakuläre Bilder und physikalische Messungen von der Asteroidenoberfläche zur Erde.
„Ryugu hat uns überrascht“, sagt Dr. Matthias Grott, wissenschaftlicher Leiter des Radiometerexperiments MARA vom DLR-Institut für Planetenforschung in Berlin und Erstautor der Studie. „Wir sehen auf dem Asteroiden ausschließlich größere Brocken, die hochporös und wahrscheinlich sehr fragil sind.“ Frühere teleskopische Infrarot-Aufnahmen solch kohlenstoffreicher Asteroiden von der Erde aus interpretierten die Forscher in Hinblick auf ihre thermischen Eigenschaften als Körper , die von sand- bis kieselgroßen Partikeln bedeckt sind.
Poröses Urgestein hinterlässt kaum Spuren
Chondren sind kleine, millimetergroße Gesteinskügelchen, die sich im solaren Urnebel vor 4,5 Milliarden Jahren gebildet haben und als Urbausteine der Planetenentstehung gelten. „Wir können nun bestätigen, dass Bruchstücke dieser Asteroiden sehr wahrscheinlich beim Eintritt in die Erdatmosphäre weiter zerfallen und in der Folge meist vollständig verglühen, so dass es nur die größten Bruchstücke heil bis auf die Erdoberfläche schaffen“, erklärt Grott. „Das ist der Grund, warum Meteoritenfunde als Zeugen dieses Asteroidentyps auf der Erde so selten sind.“
Ryugu selbst ist ein C-Klasse-Asteroid, ein als kohlenstoffreich eingeschätzter Vertreter der ältesten Körper des viereinhalb Milliarden Jahre alten Sonnensystems: ein „Urbaustein“ der Planetenentstehung und in diesem Falle auch einer von 17.000 bekannten erdbahnkreuzenden Asteroiden. Bis zu welcher Asteroidengröße dieser Schutz wirksam ist, müssten aber weitere Forschungsarbeiten erst noch zeigen.
Das internationale Forscherteam um Dr. Matthias Grott hatte auf Ryugu während dessen etwa siebeneinhalbstündigen Tagesganges das Ansteigen und Abfallen der Oberflächentemperatur bestimmt, indem die von der Oberfläche bei Tag und Nacht abgestrahlte Infrarotstrahlung mit dem Radiometer MARA gemessen wurde. Aus den MARA-Messungen ließen sich die thermischen Eigenschaften sowie die Festigkeit des Materials schlussfolgern. Die Daten von MASCOT wurden zur japanischen Raumsonde Hayabusa2 übertragen. Dabei befand sich die Sonde in einer Beobachterposition drei Kilometer über dem Asteroiden. Von dort wurden alle Messungen und Betriebsdaten von MASCOT zur Erde übermittelt.
Auf der Oberfläche bewegte sich MASCOT mit Hilfe eines rotierenden Schwungarms fort. So konnte MASCOT auf die „richtige“ Seite gedreht werden und sogar Sprünge auf der Asteroidenoberfläche vollführen. Insgesamt war MASCOT 17 Stunden auf Ryugu aktiv, eine Stunde mehr, als vorausberechnet. Ryugu hat nur ein 66.500stel der Anziehungskraft der Erde, sodass der kleine Schwung hierfür ausreichte: Eine technische Innovation für eine ungewöhnliche Form der Mobilität auf einer Asteroidenoberfläche. Aktuell dauert die Mission Hayabusa2 am Asteroiden Ryugu noch bis Ende dieses Jahres an, mit dem Ziel, Proben des Asteroidenmaterials bis Ende 2020 zur Erde zurück zu bringen. Vor wenigen Tagen hatte Hayabusa2 zum zweiten Mal erfolgreich Proben des Asteroiden genommen.