Das Hyperspektralinstrument DESIS wird mit 235 Spektralkanälen auf unseren Planeten blicken und dabei die Veränderungen von Land- und Wasserflächen beobachten. Am 27. August 2018 gegen 21:00 Uhr deutscher Zeit das besondere Kamera-Instrument an der Außenseite der Raumstation installiert.
Es wird ein ganz besonderer Blick auf die Erde. Die Hyperspektraldaten aus dem All sollen unter anderem Daten für das Umwelt-Monitoring liefern. „Wir können damit beispielsweise aus 400 Kilometern erkennen, ob die Pflanzen auf einem Feld der Erde gerade gestresst sind“, sagt Projektleiter Uwe Knodt vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR). „Man blickt mit neuen Augen auf die Welt und gewinnt aus diesem Blick aus dem All einen gesellschaftlichen Nutzen auf der Erde.“
Ackerflächen, Meere und Böden
Für den Stress einer Pflanze gibt es mehrere Faktoren: zu wenige Nährstoffe, ungünstige Umweltbedingungen oder auch eine unzureichende Wasserversorgung. Die Auswertung von DESIS‘ Hyperspektraldaten über ausgeklügelte Algorithmen ermöglicht diese Rückschlüsse. Davon wiederum könnten Landwirte profitieren: Sie würden durch die Informationen aus dem All frühzeitig erfahren, ob ihre Felder gezielt gedüngt werden müssten und welchen Dünger ihre Pflanzen benötigen.
Auch der Reifezustand der Pflanzen oder der Wassergehalt von Boden und Pflanzen können aus den Aufnahmen des DLR-Instruments herausgefiltert werden. „Damit kann man wiederum den weltweiten Anbau von Nahrungsmitteln und somit die Versorgung mit Lebensmitteln optimieren“, erläutert DLR-Projektleiter Uwe Knodt. Ebenso kann das Instrument Informationen über den Gesundheitszustand von Waldflächen liefern, die mineralogische Zusammensetzung von Gebieten aufschlüsseln oder auch die Inhaltsstoffe sowie die Qualität von Meeren und Seen erfassen.
Die Schnelligkeit der Aufnahmen und der flexible Blickwinkel vom All auf die Erde ermöglichen neben dem Ressourcen-Monitoring und der Überwachung der Umwelt noch weitere Einsatzgebiete wie die humanitäre Hilfe: Rettungskräfte im Katastrophenfall könnten im Notfall schnell und zeitnah wertvolle Informationen aus dem All erhalten.
Einziges Hyperspektral-Instrument der ISS
Fünf bis sieben Jahre soll das Spektrometer, das am DLR-Institut für Optische Sensorsysteme entwickelt und gebaut wurde, mit einem Roboterarm aus der Luftschleuse der Internationalen Raumstation ISS genommen und auf die Plattform MUSES für Erdbeobachtungsinstrumente platziert und rund um die Uhr unseren Planeten beobachten. Alleine das DLR wird jährlich rund 26 Millionen Quadratkilometer Erdoberfläche erfassen können und auf die unterschiedlichsten Fragestellungen hin auswerten.
Die kommerzielle Lizenz zur Nutzung der Bilddaten liegt beim amerikanischen Industriepartner Teledyne Brown Engineering, der auch die Instrumentenplattform MUSES an der ISS montierte. DESIS wird die Erde mit einer Auflösung von 30 mal 30 Metern pro Pixel im sichtbaren bis zum nahe-Infraroten Spektrum aufzeichnen. Entwickelt und gebaut wurde das Instrument, das das erste Hyperspektral-Instrument an Bord der Internationalen Raumstation ist, am DLR-Institut für Optische Sensorsysteme.
Schärfe in Farbauflösung für dynamischen Prozesse
Rupert Müller vom Earth Observation Center (EOC) des DLR, ist zuständig für die Verarbeitung der Daten. Ein hyperspektraler Boom herrsche derzeit, sagt er. Länder wie Japan oder Italien planen zukünftige Missionen mit Hyperspektralinstrumenten. Auch Deutschland hat mit EnMAP für 2020 eine Mission in der Vorbereitung. „Im Moment ist die Verfügbarkeit von hyperspektralen Bildern aus dem Weltraum sehr eingeschränkt – DESIS wird diese Lücke füllen und kontinuierlich frische Daten zu den dynamischen Prozessen auf der Erde liefern.“
Nach der erfolgreichen Installation des Instruments beginnen zunächst die Tests, mit denen die Funktionalität nach dem Transport ins All und der Montage an der MUSES-Plattform auf die Probe gestellt wird. Anschließend muss das empfindliche Instrument und seine Prozessoren auf die Bedingungen des Alls kalibriert werden. Im nächsten Schritt werden die empfangenen Daten auf ihre Qualität und Gültigkeit hin geprüft. Die ersten Bilder, so hoffen die Ingenieure und Wissenschaftler, wird DESIS voraussichtlich Anfang Oktober 2018 liefern.
Das Projekt DESIS
DESIS (DLR Earth Sensing Imaging Spectrometer) ist ein Gemeinschaftsprojekt des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) und dem amerikanischen Industrieunternehmen Teledyne Brown Engineering, dem auch die Erdbeobachtungsplattform MUSES (Multiple User System for Earth Sensing) gehört. Im Rahmen dieser Kooperation soll DESIS dem DLR Daten für wissenschaftliche Zwecke liefern, während Teledyne Brown den kommerziellen Vertrieb der Hyperspektraldaten übernimmt. Im DLR sind zwei Institute am Projekt beteiligt: Das Teilprojekt Raumsegment, also der Bau des Instruments, erfolgte im DLR-Institut für Optische Sensorsysteme. Das Earth Observation Center (EOC) in Oberpfaffenhofen leitet das Teilprojekt Bodensegment, das für den Empfang der Daten, deren Prozessierung und Übertragung in Anwendungen zuständig ist.
Auf den Bildern
Vorbereitungen für die Installation: Der deutsche Astronaut Alexander Gerst packte das Hyperspektralinstrument DESIS des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) aus und bereitete es auf die robotische Installation am 27. August 2018 vor.
Einsatzbereit für die Erdbeobachtung: Das Hyperspektralinstrument DESIS (DLR Earth Sensing Imaging Spectrometer) wird am 27. August 2018 auf der Außenseite der Internationalen Raumstation ISS installiert. Der deutsche ESA-Astronaut Alexander Gerst (l.) und NASA-Astronaut Drew Feustel packten das Instrument am 20. August 2018 aus.
[…] Das Instrument DESIS auf der Raumstation ISS ist das leistungsstärkste hyperspektrale Erdbeobachtungsinstrument im Erdorbit. Seine hochaufgelösten Daten liefern die Basis, um Maßnahmen für den Umweltschutz zu entwickeln oder die effizientere, ökologischere Nutzung landwirtschaftlicher Flächen zu unterstützen. […]