EDRS-C ist am 06. August um 21:30 Uhr erfolgreich gestartet. Die erste kritische Startphase mit mehreren Bahnmanövern wurde gemeistert, sodass EDRS-C nun in die Testphase übergehen kann.
Nach Empfang der ersten Telemetriedaten hat das Deutsche Raumfahrtkontrollzentrum (German Space Operations Center, GSOC) den Betrieb übernommen. Der Kommunikationssatellit EDRS-C ist Kernstück des Europäischen Daten Relais Systems (EDRS), das vor allem mithilfe von Satelliten-Laserterminals riesige Datenmengen innerhalb kürzester Zeit vom Weltraum zur Erde überträgt.
EDRS ist eine öffentlich-privaten Partnerschaft zwischen der Europäischen Weltraumorganisation ESA und der Firma Airbus Defence and Space. Der Satellit sowie die Nutzlasten und Empfangsstationen werden in Oberpfaffenhofen am GSOC des Deutschen Zentrums für Luft– und Raumfahrt (DLR) betrieben. Zuständiger DLR-Projektleiter für EDRS-C ist Mission Operations Director Ralf Faller, der über seine Arbeit ein Interview gab.
Herr Faller, der Launch des EDRS-C war ein aufregendes Erlebnis für alle, die zugesehen haben. Wie haben Sie im Kontrollraum den Start erlebt?
Ich kann mich noch an meinen ersten Start erinnern – es war der eines Nachrichtensatelliten für die Firma Eutelsat in den frühen 90er Jahren – und an den Moment, als die Rakete abhob. Das ist für mich immer noch spannend. Meine Verantwortung im Kontrollraum ist in den Jahren gewachsen, aber die Spannung ist immer noch die gleiche. Als Projektleiter seitens des DLR bin ich der Mission Operations Director während des Missionsbetriebs. So ein Satellitenstart stellt dann natürlich eine große Anspannung für mich dar. Man verspürt den Drang, immer alles selbst zu machen, jedoch ist das bei so einem großen Projekt selbstverständlich nicht möglich.
Das ist der Grund, weshalb ich meinem Team vertrauen muss – und ich weiß, dass ich genau das tun kann. Wichtig ist, dass ich den Überblick habe und den Kollegen ermögliche, ihre Aufgaben zu erledigen. Damit können wir alle das bestmögliche Ergebnis erzielen und im Rahmen unserer Möglichkeiten sicher sein, dass nichts passiert. Als Berufseinsteiger hat man vielleicht nur eine kleine Aufgabe und bedient eine Software, die man erstellt hat. Ich war damals aber genauso stolz im Kontrollraum zu sitzen wie heute.
Wie viele Jahre sind seither vergangen und was fasziniert Sie heute noch bei Ihrer Arbeit?
Ich arbeite seit mittlerweile fast 30 Jahren im GSOC. Ich habe damals in der Abteilung für Raumflugdynamik angefangen. Jedoch war ich immer schon an den gesamtbetrieblichen Abläufen interessiert und habe dann zum Missionsbetrieb gewechselt. Die Kontrolle der Satelliten ist einfach ein sehr interessanter technischer Bereich. Satelliten sind komplizierte Systeme, die nur „remote“ betrieben werden können.
Das heißt, dass man sie nur durch eine Funkverbindung erreichen kann, um Telemetriedaten zu empfangen und Kommandos an den Satelliten zu schicken. Man kommt eben nicht mehr direkt an die Satelliten ran, da sie sich in weiter Entfernung zur Erde befinden. Das finde ich auch heute noch sehr faszinierend. All das benötigt natürlich auch eine sehr gute Vorbereitung, da man im Nachhinein nichts mehr am Satelliten verändern kann. Wenn er oben ist, ist er oben.
Wie sieht jetzt der weitere Ablauf mit EDRS-C aus?
Nach dem Start der Ariane-5-Rakete und dem Aussetzen des Satelliten war es wichtig, eine stabile Verbindung mit dem Satelliten zu bekommen. Das ist uns gelungen – am Anfang die größte Herausforderung, um einen sicheren Satellitenbetrieb zu etablieren. In den vergangenen Tagen haben wir dann insgesamt fünf Bahnmanöver durchgeführt. Jetzt ist der Satellit an einer vorübergehenden Position im geostationären Orbit, sodass wir umfassende Funktionstests durchführen können. Diese Phase dauert mehrere Wochen. Erst danach ist EDRS-C voll betriebsfähig und kann dorthin, wo er in Zukunft arbeiten soll.
Was sind Ihre Aufgaben als „MOD“, als Mission Operations Director?
Ich bin unter anderem dafür verantwortlich, dass die ersten Betriebsphasen, LEOP (Launch and Early Orbit Phase) und IOT (In Orbit Tests), gut verlaufen. Genauso muss ich sicherstellen, dass hinterher der Routinebetrieb ohne Probleme anfängt. Es gibt je nach Projekt bestimmte Anforderungen, die erfüllt werden müssen. Die Kollegen in Weilheim mussten die beiden EDRS-Hauptantennen aufbauen. Wir in Oberpfaffenhofen mussten das übrige Bodensegment einrichten – dazu gehören die Kontrollräume, die IT-Infrastruktur und benötigten Softwaresysteme – und das Betriebsteam für die Mission aufstellen und trainieren. Das mache ich natürlich nicht alles alleine.
Ich koordiniere die Arbeiten und stimme mich mit den Fachabteilungen ab, die am Projekt beteiligt sind. Ich versuche alles zusammen zu halten und bin im unmittelbaren Kontakt mit dem Kunden. Als MOD und Projektleiter muss ich auch Bericht erstatten und auf die anfallenden Kosten achten – ich versuche also alles im Überblick zu behalten.
Was sind für Sie die größten Herausforderungen?
Wir hatten eine sehr intensive Vorbereitung. Grundsätzlich gilt es, die Systemanforderungen zu erfüllen. Gleichzeitig musste ich die schon angesprochenen Kosten im Blick behalten, den Zeitplan einhalten und den Wünschen des Kunden gerecht werden. Ich bin aber auch dafür verantwortlich, dass das Team zusammenhält.
Im Kernprojektteam von EDRS-C arbeiten circa 40 Leute aus verschiedenen Abteilungen. Ich bin ja Ingenieur und komme aus dem technischen Bereich, aber ich habe auch gemerkt, dass erst die Menschen gute Arbeitsergebnisse ermöglichen. Am Projekt sind hochqualifizierte schlaue Köpfe beteiligt, die natürlich alle ihre individuellen Eigenheiten haben. Erfolgreiche Raumfahrt zeichnet sich in erster Linie durch gutes Teamwork aus. Dabei zu helfen, dass im Team alles rund läuft, ist ein sehr wichtiger und zugleich schöner Aspekt meiner Arbeit. Raumfahrt ist schließlich das Ergebnis von vielen Leuten.
Welche Lebenszeit hat EDRS-C und werden Sie den Betrieb solange betreuen?
Der Satellit ist auf rund 15 Jahre Betrieb ausgelegt. Das GSOC betreut den Kommunikationssatelliten und die Nutzlast während der ganzen Zeit. Üblicherweise ist bei den geostationären Satelliten immer der Treibstoff der begrenzende Faktor. Erst nach diesen 15 Jahren wird man den EDRS-C mit dem eingeplanten Resttreibstoff auf einen „Friedhofsorbit“ in eine 300 Kilometer höhere Umlaufbahn schießen und deaktivieren. Das werde ich wohl nicht mehr im aktiven Dienst erleben.
Es ist schade, aber ich sage auch immer, dass ich mich genau da am wohlsten fühle, wo ich mich gerade befinde. Man weiß ja nicht, was noch um die Ecke kommt – für eine interplanetare Mission, beispielsweise zum Mond, würde ich vieles stehen und liegen lassen. Aber jetzt sorgen wir erst mal dafür, dass EDRS-C seinen Routinebetrieb aufnehmen kann. Darauf haben wir uns lange vorbereitet, mit zahlreichen Simulationen im Kontrollraum trainiert und ich freue mich, dass wir jetzt mit dem echten Satelliten im Orbit arbeiten können.
Das Interview führten Bernadette Jung und Daniela Höpfl.