Am 20. und 21. November 2012 tagten Delegierte der 20 Mitgliedsstaaten der Europäischen Weltraumorganisation ESA sowie Delegierte aus Kanada im Kongresszentrum "Mostra d'Oltremare" im italienischen Neapel. Der Beginn der ESA-Präsidentschaft der Schweiz und Luxemburgs wardurch eine intensive und erfolgsorientierte Verhandlungsführung gekennzeichnet. Nach zwei Tagen intensiver Diskussion wurde die Ministerratskonferenz erfolgreich abgeschlossen: Die deutschen Positionen zur Zukunft der europäischen Träger-Rakete Ariane und der Internationalen Raumstation ISS bis 2020 konnten umgesetzt werden.
Basis dafür waren auch die gemeinsamen deutsch-französischen Gespräche. Die Delegationen stellten die finanziellen und inhaltlichen Weichen für die europäischen Raumfahrt-Programme der kommenden Jahre. Mit ca. 2,6 Milliarden Euro der Bundesregierung von insgesamt beschlossenen rund 10 Milliarden Euro für Raumfahrtprogramme in den nächsten Jahren ist Deutschland der beitragsstärkste ESA-Partner und hält auch die meisten Programm-Anteile.
Nach Abschluss der Konferenz am 21. November betonte Prof. Johann-Dietrich Wörner, Vorstandsvorsitzender des Deutschen Zentrums für Luft– und Raumfahrt (DLR) und Mitglied der deutschen Delegation: "Die europäische Weltraumorganisation ESA hat erneut bewiesen, dass sie auch unter konjunkturell schwierigen Rahmenbedingungen handlungsfähig ist und die europäische Raumfahrt in die Zukunft führen kann. Mit den in Neapel gefassten Beschlüssen ist die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Raumfahrt für die kommenden Jahre gesichert.
Aus deutscher Sicht gehören die Weiterführung des Ariane 5ME-Programms und die Entscheidung über die Nutzung der Internationalen Raumstation bis zum Jahr 2020, verbunden mit der Entwicklung eines europäischen Servicemoduls für das zukünftige amerikanische Orion-Raumschiff, zu den wichtigsten Ergebnissen. Deutschland ist bei der Wetter- und Klimabeobachtung, in der Katastrophenvorhersage und in Sicherheitsfragen sehr gut aufgestellt und behält zudem die Führung in der wissenschaftlichen Erdfernerkundung."
Europas autonomer Zugang zum All
Der gemeinsam von Deutschland und Frankreich vorgeschlagene und von der Konferenz nun verabschiedete Beschluss, dass die Weiterentwicklung der Ariane 5 zur Version ME parallel zum Start eines Studienprogramms der Ariane 6 erfolgen soll, sichert die erfolgreiche europäische Position im weltweiten Markt für Trägerraketen. Deutschland und Frankreich sind zu gleichen Teilen am Ariane 5ME-Programm beteiligt. Mit der Ariane 5ME-Oberstufenentwicklung können vorhandene deutsche Kompetenzen im Raumtransport erhalten und weiterentwickelt werden.
Die Internationale Raumstation ISS bis 2020
Mit Blick auf die Internationale Raumstation ISS hält Deutschland seine Verpflichtungen ein. Das ISS-Programm ist elementarer Bestandteil der deutschen Raumfahrtstrategie. Deutschland stellt 537 Millionen Euro zum Betrieb der ISS bei und ist mit 40,37 Prozent wichtigster Partner. Einigung konnte auch über das sogenannte Barter-Element erzielt werden. Dieses Element dient zur Kompensation der für Europa ab 2020 anfallenden ISS-Betriebskosten. Das geschieht durch die Lieferung eines Servicemoduls auf Basis der ATV-Technologie für das zukünftige amerikanische Orion-Raumschiff. Mit dem Kontrollzentrum für das europäische Forschungslabor Columbus des DLR in Oberpfaffenhofen und dem europäischen Astronautenzentrum EAC auf dem Gelände des DLR in Köln befinden sich wichtige Einrichtungen in Deutschland.
Satellitenkommunikation und Fernerkundung
Die Satellitenkommunikation hat für Deutschland kommerziell und strategisch besondere Bedeutung. Mit seiner Beteiligung an den ARTES-Programmen hat Deutschland auch hier eine Führungsrolle. Mit "Elektra", einem vollständig von elektrischen Triebwerken angetriebenen Kommunikationssatelliten, wird Deutschland, mit einem Anteil an diesem Projekt von 45 Prozent, diese diese Arbeit fortsetzen. Von zentraler Bedeutung für Europa ist auch die Erdfernerkundung. Deutschland führt mit 37 Prozent die gemeinsame Initiative von ESA und EU zur Umwelt- und Sicherheitspolitik GMES (Global Monitoring for Environment and Security).
Deutschland beteiligt sich mit 27 Prozent auch an der zweiten Generation von Wettersatelliten der MetOp-Reihe. Diese sollen ab 2020 die Wettervorhersage und Klimaforschung noch präziser machen. Prognosen der Wetterdienste werden dann für einen Zeitraum bis zu neun Tagen möglich sein. Deutschland übernimmt einem Industriekonsortium Führungspositionen und baut so seine Kompetenz bei raumfahrtbasierten Schlüsseltechnologien aus. Das DLR managt nationale Beistellungen von Instrumenten, die auf den neuen MetOp-Satelliten installiert werden; darunter das Instrument METimage, entwickelt und gebaut von der Jena-Optronik GmbH. METimage bildet die Erdoberfläche im sichtbaren und im infraroten Spektrum ab und soll unter anderem den physikalischen Zustand von Wolken bestimmen, die Verteilung von Wasserdampf in der Atmosphäre messen sowie Waldbrände und andere Feuer entdecken.
Wissnschaftsprogramme zur Weltraum- und Planetenforschung
Bis 2017 investieren die ESA-Staaten rund 3,8 Milliarden Euro in das Wissenschaftsprogramm. Deutschland ist mit 19,8 Prozent größter Beitragszahler und wesentlicher Partner des Langfrist-Programms "Cosmic Vision 2015 – 2025". Bis zum Jahr 2022 plant die ESA sieben Missionen zur Erforschung des Weltraums und der Planeten, darunter die Astrometrie-Mission Gaia (geplanter Start 2013), die Technologie-Mission LISA Pathfinder (2014) und in Kooperation mit der japanischen Raumfahrtagentur JAXA die Merkur-Mission Bepi Colombo (2015). 2018 soll in Kooperation mit der NASA das James-Webb-Teleskop nach Licht von den ersten Sternen und Galaxien nach dem Urknall suchen.
Für die deutsche Bundesregierung führte Peter Hintze, Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi), die Verhandlungen. Er wurde unterstützt von der deutschen Delegation im ESA-Rat unter Vorsitz von Prof. Dr. Johann-Dietrich Wörner, Vorstandsvorsitzender des Deutschen Zentrums für Luft– und Raumfahrt (DLR), sowie Dr. Gerd Gruppe, Vorstand des DLR-Raumfahrtmanagements, und Dr. Rolf Densing, im DLR-Raumfahrtmanagement für die ESA-Programme zuständiger Direktor.