Nach dem Flug des Raumfahrzeugs Shefex II am 22. Juni 2012 ziehen die Wissenschaftler des Deutschen Zentrums für Luft– und Raumfahrt (DLR) erste Bilanz. „Shefex II ist wie vorberechnet geflogen, wir haben für alle Experimente umfangreiche und wertvolle Daten in Echtzeit erhalten“, sagt DLR-Projektleiter Hendrik Weihs. Mit dem Flugkörper erforschen die Wissenschaftler Technologien, die den Wiedereintritt von Raumfahrzeugen kostengünstiger machen soll.
Nach dem Flug sollte ein Schiff einen Teil des Raumfahrzeugs westlich von Spitzbergen bergen, doch fehlende Daten in den letzten Flugsekunden und die schlechte Wetterlage auf See erschwerten dies. Nun prüfen die Forscher, ob eine Ortung und Bergung vom Meeresgrund möglich ist.
Radarstation verlor schwaches Signal
Schon am Abend des 22. Juni 2012, kurz nach dem zehnminütigen Flug von Shefex II von der norwegischen Raketenstation Andoya aus, empfing ein Suchflugzeug erste schwache Signale des Flugkörpers, der westlich von Spitzbergen im Wasser landen sollte. „Dadurch wissen wir, dass auch die Landung wie geplant ablief, denn erst nachdem sich der Fallschirm geöffnet hatte, konnte die Sonde ihr Signal ausstrahlen“, erläutert Projektleiter Weihs. Im Idealfall hätten die Wissenschaftler Daten von der Radarstation in Spitzbergen erhalten, die die letzten Sekunden des Flugs mitverfolgen sollte. „Leider hat die Station den Flugkörper nicht verfolgen können.“
Von den ursprünglich 55 Sekunden Experimentierphase, in der Shefex durch die Atmosphäre fliegt, fehlen nun die letzten fünf Sekunden – für die Wissenschaftler selbst kein großer Datenverlust, für die Bergung auf hoher See dagegen eine Herausforderung. „Das Signal selbst kann nur von unserer Raumsonde stammen, da wir Aufnahmen unseres Satelliten TerraSAR-X ausgewertet haben – und im Landegebiet keine anderen Objekte erkennbar waren“, erläutert Weihs. Bei Wellen von mehr als drei Metern Höhe konnte das Bergungsschiff allerdings nicht nah genug an die vermutete Landestelle fahren. Nach zwei Tagen wurde die Suche schließlich abgebrochen. „Wir untersuchen jetzt, wo genau der Flugkörper auf Grund gesunken ist und ob man ihn dort bergen kann.“
Aktiv gesteuerter und gekühlter Wiedereintritt
Für die Auswertung ihrer Experimente nutzen die Wissenschaftler die große Anzahl Daten, die die Stationen am Startplatz sowie auf dem nahegelegenen Berg bis in eine Höhe von 29 Kilometern aufzeichneten. Die Experimentphase begann in einer Höhe von etwa 100 Kilometern mit dem Wiedereintritt in die Atmosphäre und sollte in 20 Kilometern Höhe enden. „Wir wissen schon jetzt, dass die Steuerflügel, die so genannten Canards, funktioniert haben“, sagt Weihs. Im Gegensatz zu Flugkörper Shefex I im Jahr 2005 konnten die Forscher dieses Mal das Raumfahrzeug während des Wiedereintritts aktiv steuern. Bereits während des Flugs war erkennbar, dass Shefex II die Steuermanöver wie geplant durchführte.
Daten gibt es beispielsweise auch zu einem Experiment, bei dem eine poröse Hitzeschutzkachel von Stickstoff durchströmt wurde, um somit eine aktive Kühlung zu ermöglichen. „Wir haben die Daten zum Ausströmen des Gases, wir haben die Temperaturen an der Oberfläche des Flugkörpers – jetzt beginnt die Auswertung.“ Zufrieden sind die Wissenschaftler auch mit dem exakten Flug des Raumfahrzeugs. „Erstmals hat unsere mobile Raketenbasis so ein Trägersystem in dieser Konstellation entwickelt und im Flug gesteuert.“ Die Erfahrungen von Shefex II sollen in das Nachfolgeprojekt Shefex III einfließen – einem Raumfahrzeug, dessen Eintritt in die Atmosphäre bis zu 15 Minuten dauern soll. „Die Bergung wäre letztendlich das Tüpfelchen auf dem i gewesen“, sagt Projektleiter Weihs.