Klimaoptimierte Flugrouten für umweltfreundlicheres Fliegen

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Um die Klimawirkungen des Luftverkehrs zu reduzieren, werden nicht nur optimierte und Triebwerke benötigt, sondern auch geänderte Routen. Welche Flugroute ist dabei die beste und auf welche Faktoren muss bei der Planung geachtet werden? Diesen Fragestellungen gehen Wissenschaftler des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) gemeinsam mit europäischen Partnern im Rahmen des EU-geförderten Projektes REACT4C (Reducing emissions from by changing trajectories for the benefit of climate) nach. Das Ziel des Projekts sind klimaoptimierte Flugrouten.

In einer Schnittstelle sollen alle Informationen über klimarelevante Faktoren zusammen laufen – hieraus können dann klimafreundliche Strecken berechnet werden. Das Projekt wurde 2010 gestartet und wird aufgrund seiner bisherigen Ergebnisse um ein weiteres Jahr bis Ende 2013 verlängert. Großes Einsparpotenzial erhoffen sich die Wissenschaftler von einzelnen Flügen, bei denen kleine Veränderungen große Wirkung erzielen können.

„Das Projekt REACT4C wird in seinem Verlängerungsjahr im Detail der Frage nachgehen, wie groß die Einsparpotenziale sind, die der durch eine optimale Flugroutenführung erschließen kann. Denn nur dies wird am Ende des Tages für und andere Stakeholder Anreiz sein, die Flugrouten entsprechend zu optimieren“, so DLR-Projektleiterin Dr. Sigrun Matthes vom Institut für Physik der in Oberpfaffenhofen. Anfang Januar wurde REACT4C zudem als Highlight bei der American Meteorological Society (AMS) Jahreskonferenz in Texas vorgestellt.

Interaktionen mit dem vorhandenen Wetter

Die ist ein wichtiger Aspekt bei der Planung klimaoptimierter Flugrouten. Denn die Atmosphäre reagiert nicht an jeder Stelle gleich auf die Abgase von Flugzeugen – beispielsweise bilden sich in besonders feuchten und kalten Gebieten eher Kondensstreifen, von denen sich ein Teil nicht nach einigen Minuten auflöst, sondern mehrere Stunden bestehen bleibt und so das Klima beeinflusst. Ebenso besitzt die Klimawirkung von Stickoxiden eine starke räumliche und zeitliche Variation. „Die Atmosphäre ist variabel, folgt aber grundsätzlichen Mustern, die wir analysieren und daraus Empfehlungen für die Strecken ableiten können“, erklärt Matthes. Hierbei hat das Wetter mit seinen Hoch- und Tiefdruckgebieten einen großen Einfluss auf die Reaktion der Atmosphäre.

Eine genaue Analyse der tagesgenauen meteorologischen Bedingungen hat gezeigt, dass je nach aktueller Wetterlage die Klimawirkung der Luftverkehrsemissionen um das zehnfache variiert. Hierdurch ergeben sich besondere Einsparpotenziale bei der Klimawirkung des Luftverkehrs, insbesondere durch Optimierung der Nicht-CO2- über die Vermeidung der Bildung von Kondensstreifen und des Klimagases Ozon. Nun soll im Projekt das genaue Einsparpotential identifiziert werden. Im Jahr 2013 soll auf internationaler Ebene der regulierenden Behörden (International Civil Organisation, ) ein Vorschlag erarbeitet werden, um solche Faktoren bei der gesamten Klimawirkung des Luftverkehrs und dem Emissionshandel zu berücksichtigen – und hierdurch Einsparpotenziale zu erschließen.

Weiterentwicklung variierender Flugrouten von Eurocontrol

Vor allem die Nicht-CO2-Faktoren Stickoxide, Kondensstreifen, Kondensstreifen-Zirren und Rußpartikel stehen im Fokus der Wissenschaftler: „In unserem Projekt wollen wir erreichen, dass alle klimarelevanten Faktoren – also die CO2 und Nicht-CO2-Faktoren – identifiziert und in einem Gesamtsystem betrachtet werden. Denn es sind verschiedene Elemente, die zusammen die Klimawirkung des Luftverkehrs ergeben“, erläutert Matthes. Nur wenn Partner wie Eurocontrol, die für das Flugverkehrsmanagement (Air Traffic Management , ATM) in Europa zuständig sind, über alle Informationen verfügen, können sie klimaoptimale Flugrouten planen.

Variierende Flugrouten sind schon jetzt Alltag: Eurocontrol weist den Airlines täglich unterschiedliche Strecken über dem Atlantik zu – hierbei zählt, wo mit dem meisten Rückenwind zu rechnen ist, denn das spart Kerosin. „Wenn unsere Schnittstelle fertiggestellt ist, würden neben dem Wind auch die klimarelevanten Faktoren berücksichtigt werden, um die ideale Route zu berechnen“, sagt Matthes. „In der Atmosphärenforschung machen wir beständig Fortschritte, auch die technischen Voraussetzungen haben sich in den vergangenen Jahren kontinuierlich verbessert – mit den heutigen Rechnerkapazitäten sind solche Schnittstellen auch technisch möglich. Wir hoffen, dass es in rund 15 Jahren soweit ist“.

Partnerschaft mit Forschungseinrichtungen

Im EU-geförderten Projektkonsortiums REACT4C haben sich das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) mit den Instituten Physik der Atmosphäre und Flugführung, Eurocontrol (European Organisation for the Safety of , Air Navigation), SAS, Manchester Metropolitan University, Center for International Climate and Energy Research-Oslo (CICERO), UK Met Office, Reading University und die italienische Università degli Studi dell'Aquila zusammengeschlossen.