Die Möglichkeiten, Experimente ohne den störenden Einfluss der Schwerkraft durchzuführen, sind limitiert. Eine davon ist die Höhenforschungsrakete Mapheus-3 des Deutschen Zentrums für Luft– und Raumfahrt und startete am 25. November 2012 vom schwedischen Raketenstartplatz Esrange in Kiruna. Sie hatte vier Experimente an Bord, die während des Flugs dreieinhalb Minuten lang in der Schwerelosigkeit abliefen.
Dabei wurden unter anderem auf der Rakete Metall-Proben in Öfen geschmolzen. Die erstarrten Proben wurden am 26. November 2012 mit dem Schneemobil geborgen. "Wenn wir diese Versuche auf der Erde durchführen, wirken Auftriebskräfte auf die geschmolzenen Metalle ein", erläutert Prof. Andreas Meyer vom DLR-Institut für Materialphysik im Weltraum.
"Mit Versuchen in der Schwerelosigkeit umgehen wir dies und können die physikalischen Prozesse ohne Störungen beobachten." Bereits vor dem Start von Mapheus-3 heizten deshalb kleine Öfen die aluminiumreichen Legierungen für das Diffusionsexperiment ATLAS auf. 80 Sekunden nach dem Start der Rakete vermischten sich die verschiedenen, verflüssigten Komponenten dann in der Schwerelosigkeit.
"Über diesen Vorgang wissen wir bisher nur sehr wenig." Auch die Entmischung von Metallschmelzen war Thema der Mapheus-3-Kampagne. Mit dem Experiment DEMIX untersuchten die Wissenschaftler, wie sich Kupfer-Kobalt-Legierungen beim Aufschmelzen verhalten. "Mit den Ergebnissen des Mapheus-3-Flugs können wir die bisherigen Modelle zu diesem Prozess überprüfen und gegebenenfalls anpassen", sagt Meyer. "Die Entmischung wird auch in der Industrie angewandt – dort besteht ebenfalls Interesse, die bestehenden Modelle zu testen."
Kugeln als Modell für Gasteilchen – Vorbereitung auf Mapheus-4
Für das Experiment MEGraMa filmten die Forscher des Instituts für Materialphysik im Weltraum das Stoßverhalten von Teilchen mit einem Durchmesser von weniger als einem Millimeter. Vier Magneten beschleunigten die kleinen Kugeln während des Flugs, eine Videokamera zeichnete währenddessen auf, wie die Kugeln diese Beschleunigungsenergie durch das Aufprallen gegeneinander wieder abgeben. "Damit untersuchen wir das Verhalten von granularen Gasen", betont Institutsleiter Meyer. "Dieser Vorgang ist bisher von der Wissenschaft nicht komplett verstanden."
Als Vorbereitung für die nächste Flugkampagne Mapheus-4 ließen die Forscher auch einen neu entwickelten Ofen mit in die Schwerelosigkeit fliegen. Gerade einmal 40 mal 40 mal 20 Millimeter klein soll er im nächsten Jahr sechs Proben während des Flugs aufschmelzen. "Je kleiner der Ofen, desto weniger Energie benötigen wir für das Aufheizen." Ein weiterer Vorteil des neuen Ofens: Er ist für Röntgenstrahlung durchlässig und ermöglicht so die unmittelbare Untersuchung der Veränderung der Zusammensetzung im Inneren der flüssigen Metallproben.
80 Sekunden Schwerelosigkeit, 140 km Höhe
Durchgeführt wurde der Start von Mitarbeitern der "Mobilen Raketenbasis" MORABA des DLR. "Wir sind gewissermaßen für das ‚Flugticket‘ von MAPHEUS verantwortlich. Dazu zählen neben dem eigentlichen Start die Bereitstellung der selbstentwickelten Raketensysteme, der Raketenmotoren und die Gesamtintegration der Rakete", erklärt DLR-Raketeningenieur Markus Pinzer. Die Schwerelosigkeit setzte 80 Sekunden nach dem Lift-Off in einer Höhe von 100 Kilometern ein, die Rakete erreichte insgesamt eine Flughöhe von 140 Kilometern. Nach der Rückkehr zur Erde an einem Fallschirm ortete das Team den Flugkörper mit den Experimenten an Bord und barg ihn einen Tag nach dem Start mit dem Schneemobil.
"Der Flug war sowohl von der wissenschaftlichen als auch von der technischen Seite her sehr anspruchsvoll", sagt Projektleiter Martin Siegl vom DLR-Institut für Raumfahrtsysteme. "Eine aufwendige Entwicklungsarbeit an den Experimenten, eine Vielzahl von Tests und eine intensive Vorbereitungsphase haben in wenigen Minuten Flugzeit ihren Höhepunkt gefunden." Nun erfolgt die Auswertung der gewonnenen Daten und die Analyse der wiedererstarrten Metallproben.